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Faserino: ähnlich wie Ruchbrot aber gesünder


Der Konsument ist zwar bereit für einen Gesundheitsnutzen mehr zu bezahlen, aber er macht beim Genusswert selten Abstriche.


Nur wenige Produkte, die in ihrem Makro-Nährstoffgehalt verändert sind, bieten beweisbaren Gesundheitsnutzen an und dies ohne wesentliche Genusswert-Minderung. Ein positives Beispiel ist das «Faserino-Brot» mit mikrofein vermahlener Weizenkleie. Dies bestätigen mehrere unabhängige Experten.

Die nahrungsfasernreiche Kleie, ein Nebenprodukt der Müllerei, wurde bisher zu Tierfutter deklassiert. Aber dieser Nährstoff ist in der durchschnittlichen Kost von Familie Schweizer stark untervertreten. Mehrere Zivilisationskrankheiten wie Arteriosklerose, Dickdarmerkrankungen, Verstopfung und Diabetes stehen in engem Zusammenhang mit diesem Ernährungsdefizit. Die Untervertretung hat Gründe: Unerwünschte sensorische Eigenschaften wie trockenes Mundgefühl, derber Geschmack und unschön graubraune Farbe limitieren die Rezept-Möglichkeiten stark.

Mit wissenschaftlicher Beratung

Die Getreidemühle Haefliger AG hat daher mit der Fachberatung des Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften der ETH Zürich ein Verfahren erarbeitet, um die Weizenkleie in eine weniger störende Form umzuwandeln: die Mikrofein-Vermahlung auf eine Korngrösse von vierzig Mikrometer (zum Vergleich: Kleiepartikel von 150 Mikrometer gelten als grob).

Da bei jeder Veränderung eines Lebensmittels nicht nur erwünschte sondern auch unerwünschte Effekte auftreten können, untersuchte die ETH die veränderten physikalischen Eigenschaften der mikrofeinen Kleie. Diese können den Gesundheitswert und die Backfähigkeit beeinflussen. In der Tat sinkt durch die Feinvermahlung das Quellvermögen im Darm, aber dieser Nachteil wird durch die hohe Dosierung im Rezept mehr als kompensiert.

Technologische Vorteile

Backtests in der Fachschule Richemont zeigten, dass man fünfzehn bis zwanzig Prozent des Mehls durch mikrofeine Weizenkleie ersetzen kann. Dadurch enthält das Brot neun bis zehn Prozent Nahrungsfasern, was bei hundert Gramm Brot immerhin einem Drittel der empfohlenen Tagesaufnahme entspricht. Diese Menge ist ein Kompromiss, denn das angereicherte Brot wird einem Vollkornbrot umso ähnlicher, je mehr man es mit Nahrungsfasern anreichert – auch wenn diese mikrofein vermahlen sind.

Doch die Brotqualität mit mikrofeiner Kleie ist besser als mit normaler Kleie oder Vollkornmehl. Das Feinvermahlen macht die Kleie sensorisch eleganter und das Brot feuchter. Ausserdem ist der Volumenverlust geringer und die Frischhaltung besser. Aber der Geschmack wird kräftiger und die Farbe dunkler. Ein solches «Faserinobrot» aus hellem Mehl besitzt die Farbe eines Ruchbrotes.

Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE unterstützt diese Form der Brot-Anreichung, gibt aber zu bedenken, dass Weizenkleie vor allem aus unlöslichen Nahrungfasern besteht. Kleie bzw Vollkornprodukte sollten nicht die einzige Nahrungsfasern-Quelle bilden. Früchte und Gemüse, welche mehr lösliche Fasern enthalten, gehören weiterhin zum Speisezettel. Denn die wichtigen gesundheitlichen Vorteile wie Cholesterinsenkung und kleineres Dickdarmkrebs-Risiko beruhen auf einem ausgewogenen Verhältnis von löslichen und unlöslichen Fasern (als ideal gilt 1 : 3). Ausserdem sei zu berücksichtigen, dass für den gleichen Gesundheitswert unvermahlene Kleie nicht 1 : 1 durch mikrofeine ersetzt werden kann, da das Quellvermögen durch das Mahlen abnimmt.

Sinnvolle Alternative zu Vollkornbrot

Obwohl die Konsumenten ihren Bedarf an Nahrungsfasern auch mit Vollkornbrot decken können, ist es sinnvoll, angereichertes Brot anzubieten. Denn alle Appelle zugunsten des gesunden aber geschmacklich uneleganten Vollkornbrotes sind fruchtlos, da die Erfahrung zeigt: Kaufentscheide fallen nur dann zugunsten von gesunden Lebensmitteln aus, wenn diese mindestens ebenso gut schmecken wie normale Produkte (Beispiel LC1-Joghurt).

Wer das oft derbe Vollkornbrot nicht mag, hat daher mit dem «Faserino» eine sinnvolle Alternative. Sein Nahrungsfaserngehalt (9 – 10 %) liegt sogar höher als jener von Vollkornbrot (6 %). Und es liefert leicht weniger Kilocalorien als normales Brot, da Nahrungsfasern energiearm sind.

Herzschützende Wirkung

Nach Untersuchungen der University of Minnesota können bereits zehn Gramm Nahrungsfasern täglich das Herzinfarkt-Risiko um vierzehn Prozent und das Risiko einer Koronar-Herzerkrankung um 27 Prozent reduzieren. Ein durchschnittlicher Apfel enthält drei Gramm Nahrungsfasern, eine Scheibe Vollkornbrot 1,5 Gramm und ein Brokkoli-Strunk rund 2,7 Gramm. Nach Angaben der Wissenschaftler senken diese Nährstoffe den Blutdruck und die Cholesterinwerte. Dabei konnten sie feststellen, dass die Nahrungsfasern aus Obst und Getreide mehr Wirkung hatten als jene aus Gemüse. (GB)

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(gb)

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