Foodfachzeitung im Internet
Sonntag, 8. September 2024
Report
Druckansicht26.06.2024
Bio und Fleischersatz stossen an Grenzen
Die letztjährige Teuerung war zu gering, um Konsumenten preissensibler zu machen. Gemäss «Nielsen» ist Bio ausgereizt und die Nachfrage nach Fleischersatzprodukten stagniert.


Der Trend zu kleineren Läden mit geringerer Sortimentsbreite geht weiter


Markus Brand vom Marktforscher NielsenIQ zeichnet ein entspanntes Bild von der Konsumentenstimmung. Obwohl diese im letzten Dezember sehr schlecht gewesen sei, habe sich dies nicht auf das Kaufverhalten bei Gütern des täglichen Bedarfs ausgewirkt. Nach wie vor sei die Bevölkerungsentwicklung in der Schweiz der Motor für Wirtschaftswachstum und Konsum. Er verwies darauf, dass die Teuerung von 2023 im Detailhandel über 3,9 Prozent vor allem bei den billigeren Produkten durchgeschlagen hat. Diese müssen die Teuerung direkt weitergeben, weil die gestiegenen Energiekosten gegenüber den teureren Produkten einen grösseren Anteil ausmachen.

Im Vergleich zum Ausland mit oft mehr als doppelt so starken Teuerungszunahmen – in Westeuropa lag sie durchschnittlich bei 8,9 Prozent – sei die letztjährige Teuerung in der Schweiz zu relativieren. Aus den Marktforschungsdaten von Nielsen geht laut Brand hervor, dass eine Teuerung von knapp vier Prozent noch nicht ausreicht, um die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten wirklich preissensibel zu machen. Das ändert auch 2024 nicht. Der Marktforscher prognostiziert für dieses Jahr eine Teuerung von 0 bis 0,5 Prozent im Detailhandel.

Kein systematisches «Weniger Inhalt, höherer Preis»

Der kolportierten systematischen «Shrinkflation» der Anbieter nimmt er den Stachel. Dass Schweizer Detailhändler nach dem Prinzip «Weniger Inhalt zum selben Preis» systematisch Verpackungen und Flaschen verkleinern, lasse sich nicht erhärten. Zwar passiere das, so etwa beispielswiese bei Coca-Cola-Flaschen von einigen Jahren. Gleichzeitig führe der Anstieg von Einpersonenhaushalten zu kleineren Verpackungen. Dass der Kilopreis bei kleineren abgepackten Mengen höher ausfallen muss, leuchte den Konsumenten ein.

Die weiteren Erkenntnisse des Nielsen-Marktforschers: Die Schweiz bleibt ein Verdrängungsmarkt. Die Schweizerinnen und Schweizer kaufen häufiger und in kleineren Mengen ein – das zeigt sich auch bei Onlineeinkäufen, was die Onlinehändler etwas ausbremse. Der Detailhandel müsse mehr Einkaufsorte anbieten. Der Trend zu kleineren Läden mit geringerer Sortimentsbreite gehe weiter. Die Herausforderung des Detailhandels bestehe darin, noch genügend Sortimentsbreite anbieten zu können, andernfalls wandere die Kundschaft in andere Kanäle ab.


Entwicklung Fleischersatzprodukte. Detailhandel Schweiz exkl. Aldi/Lidl.
Quelle: Nielsen LIQ


Kritisch sieht Markus Brand die Entwicklung bei Bioprodukten. Dass mit 16 Prozent der Sorten 12 Prozent des Umsatzes erzielt werden, sieht er als schlechtes Zeichen. Das zeigt: Viele Bioprodukte laufen nicht gut. Weshalb also zusätzliche Bioprodukte einführen? Bio mache kaufmännisch einzig bei den Frischeprodukten wirklich Sinn, hier werde mit 13 Prozent der Sorten 14 Prozent des Umsatzes erzielt. Und je teurer das Produkt, desto weniger spiele Bio eine Rolle.

Positive Nachrichten hat Markus Brand für die Fleischbranche: Der Absatz von Fleischersatzprodukten stagniert. «Der Ansatz, dass man Fleisch kopieren will, gelingt nicht wirklich. Der Steakesser will immer noch sein Steak. Fleischersatz muss – wenn schon - als Produkt grundsätzlich gut sein.» Es sei zweifelhaft, ob Fleischersatz gesünder und ökologischer sei. «Fleischersatzprodukte werden über die Dauer keine Lösung sein.» (LID)
(gb)

Report – die neuesten Beiträge
01.09.2024
d Warme Schärfe dank Wasabi und Ingwer
21.08.2024
dBrombeeren – wilde schmecken intensiver
14.08.2024
dGlacesorten, -macharten und -trends
07.08.2024
dFeige: Eine der ältesten Früchte der Welt
31.07.2024
dEin Hoch auf Schweizer Bier
24.07.2024dJetzt hochwertige Beeren richtig verarbeiten
17.07.2024dFleisch kontra Ersatzprodukte - gesundheitlich betrachtet
10.07.2024dJetzt Aprikosen verarbeiten: Frische Vielfalt
03.07.2024dWie wird selbst gemachte Glace cremig?
26.06.2024dBio und Fleischersatz stossen an Grenzen
19.06.2024dMultitalente Blumenkohl und Romanesco
12.06.2024dNeuartige Kaffeealternative mit regionalen Rohstoffen
05.06.2024dHochverarbeitetes oft ungesund aber nicht immer
29.05.2024dGelungene Beefsteak-Imitation von Planted
22.05.2024d Food-Handwerker mit wissenschaftlichen Ambitionen
15.05.2024d(Un)sinn von Süssstoffen zum Abspecken
08.05.2024dZartes Fleisch – wissenschaftlich erklärt
01.05.2024dBackhefe: mehr als ein Triebmittel
24.04.2024dSchweizer Bierkultur im Wandel
17.04.2024dExotische Würzsaucen zu Grilladen
11.04.2024dBio bei Aldi und Lidl bis 25% billiger als bei Migros und Coop
03.04.2024dWie schädlich ist rotes Fleisch für Gesundheit und Umwelt?
27.03.2024dWie gesund ist Fruchtzucker?
20.03.2024dSterben die Unverpackt-Läden?
13.03.2024dWiesenmilch ist gesünder und umweltschonender
07.03.2024dInnovatives Biertreber-Upgrading
28.02.2024dMerguezwurst, aus Nordafrika aber helvetisiert
21.02.2024dWissenswertes und Verarbeitungstipps für Kräuter
14.02.2024dGesunde Hülsenfrüchte auf den Teller
07.02.2024dBerliner do it yourself
©opyrights ...by ask, ralph kradolfer, switzerland