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Nischenmarkt Pferdefleisch
Pferdefleisch(waren) werden vor allem in der Westschweiz und von Feinschmeckern geschätzt. Und sie sind günstiger als Rindfleisch. Beliebt ist Pferdefleisch als Trockenprodukt. Zum grössten Teil wird importiertes Rohfleisch verwendet.



Metzgerei Hornecker, Zürich:
ABZ-Goldmedaille 2006 für Pferdemostbröckli


Pferdefleisch gilt als Spezialität. Im Supermarktregal liegen Pferdefilet und Pferdemostbröckli heute gleichberechtigt neben edlen Produkten aus Rinds- und Schweinefleisch. Doch früher durften Pferdeprodukte per Gesetz nicht zusammen mit Rindfleisch verkauft werden. Dies aus Gründen der Verwechslungsgefahr und der Kundentäuschung. Erst Mitte der Achtzigerjahre liess der Gesetzgeber die Klausel fallen. Diese Diskriminierung des Pferdefleischs geht auf den mittelalterlichen Hexenwahn und den Kampf der Kirche gegen das Heidentum zurück.

Dazu der Schaffhauser Stadtarchivar Peter Scheck: „Am Hexensabbat wurde angeblich gesottenes und gebratenes Pferdefleisch aufgetragen, jedoch ohne Brot und Salz, denn dies sind heilige Dinge, welche die Hexerei unwirksam machen”. Doch nicht nur Aberglaube rankte sich um den Genuss von Pferdefleisch, es gab auch handfeste religiöse Verbote. So brandmarkte Papst Gregor III. im Jahr 732 das Pferdfleisch als unrein und untersagte der Christenheit den Verzehr mit der Begründung, es verursache Aussatz (Lepra).

In Wirklichkeit wollte die Kirche vor allem den heidnischen Pferdekulten der Germanen einen Riegel schieben. Trotzdem konnten sich gerade auch bei uns zahlreiche Pferdefeste halten, und mancherorts ist der Herbstmarkt bis heute jener Tag im Jahr, an dem traditionell Pferdefleisch gegessen wird.

Gesundheitspolitisch war das kirchliche Pferdefleischverbot purer Nonsens, denn Pferdeprodukte sind besonders nahrhaft. Sie sind reich an ungesättigten Fettsäuren und enthalten dreimal mehr Kalzium, aber nur halb so viel Natrium wie Rind. Zudem ist der Eisengehalt besonders hoch – daher die kräftige rote Muskelfarbe. Pferdefleisch schmeckt kaum anders als Rind – zumindest bei jüngeren Tieren. Erst beim Fleisch von älteren Pferden stellt sich der unverkennbare, leicht süssliche Geschmack ein.



Pferdefleisch ist im Durchschnitt magerer als Rind-, Schwein- oder Lamm-Fleisch. Es enthält viel Eisen und Calcium. (Bild: zvg)


Attraktiver Ladenpreis

Früher wurden spezielle Pferdemetzgereien eingerichtet; dennoch konnte sich Pferdefleisch nur in den frankophonen Gebieten durchsetzen. „Eine Folge davon ist, dass in der Westschweiz viel häufiger Pferdefleisch gegessen wird als in der Deutschschweiz”, sagt die Archäozoologin Sabine Deschler- Erb von der Universität Basel. In der Tat blieb Pferdfleisch im alemannischen Raum noch lange als Arme-Leute-Kost verschrien.

„Dieses Image hat Pferdefleisch erst nach dem 2. Weltkrieg abgelegt”, erklärt Davide Elia von Bell. Der wirtschaftliche Aufschwung nach dem Krieg habe für einen kontinuierlichen Anstieg der Kaufkraft gesorgt und das Image verschiedener Lebensmittel wie auch das Ernährungsverhalten der Schweizer verändert.

Entsprechend den heutigen höheren Ansprüchen werden heute von der Kundschaft vor allem Pferdefleisch-Edelstücke geschätzt: Entrecôte, Filet, Steak, aber auch Fondue Chinoise und Roast Beef. Eher selten ist dagegen Charcuterie – „am ehesten kommen hier Trockenfleischprodukte zum Zug”, so Elia. Dabei können die Pferdefleischliebhaber davon profitieren, dass die Ladenpreise für ihre Leibspeise im Schnitt etwa zehn Prozent tiefer liegen als bei Rind.



Macelleria Scalino, Li Curt GR: Spezialität ist Trockenfleisch vom Jura-Pferd.


Neunzig Prozent importiert

Dennoch ist der Pferdefleischkonsum in der Schweiz bescheiden. Er beläuft sich auf weniger als ein Kilo pro Jahr und Person, ähnlich wie Wildbret. Dieser Nischenmarkt wird zudem grösstenteils durch Importe aus Nordamerika versorgt. Während die inländische Produktion von Pferdefleisch zurückging, legte die Einfuhr zu. Da erstaunt es, dass die Schweizer Bauern die Pferdemast nicht längst als Produktionsnische entdeckt haben. Denn nach wie vor kommen bei uns fast nur ausgediente Reitpferde unters Metzgermesser sowie Fohlen, die sich nicht als Zucht- oder Reittiere eignen.


Auf den ersten Blick scheint die Pferdemast tatsächlich ein gewisses Potenzial für die hiesige Landwirtschaft zu Bergen. Doch bei einem Preis von gerade noch sieben Franken pro Kilogramm ist die Schlachtpferdproduktion nicht rentabel. Und gross für Pferdefleisch die Werbetrommel rühren könne man auch nicht. Das passt nicht zum Image des Pferdes als Freizeit- Somit bleibt das Pferdefilet wohl auch in Zukunft ein Geheimtipp für Gourmets und Connaisseurs.

Vierzig Pferdemetzgereien in der Schweiz

Rund 20 Schweizer Pferdemetzgereien sind im Verband der Schweizerischen Pferdefleischimporteure (VPI) zusammengeschlossen. Neben den VPI-Mitgliedern gibt es etwa noch einmal so viele Pferdemetzgereien, die sich nicht mit dem Import befassen. Den hohen Importanteil an Pferdefleisch erklärt man bei Proviande damit, dass das Pferd hierzulande eine spezielle Stellung einnehme: „Wurde das Pferd früher als Arbeitstier gebraucht, wird es heute vor allem im Sport und bei verschiedensten Aktivitäten und Hobbys eingesetzt.” Auch die BSE-Krise brachte dem Pferdefleisch keinen Impuls. Die dunkelrote Farbe beim Pferdefleisch gleicht jener von Rindfleisch. Trotz BSE setzte es sich aber nicht als Alternative durch. (LID)

Stichwort: .Metzgerei:
(gb)

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