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Handwerks- oder Industrie-Pasta?
Qualitätsklassen entstehen bei Frischteigwaren vor allem durch unterschiedliche Conveniencestufen und Haltbarkeiten. Wie unterscheiden sich industriell und handwerklich hergestellte Frischpasta?

Es gibt Teigwaren in vielen Varianten: getrocknet, frisch (roh), ganz oder teilweise vorgegart (blanchiert oder gedämpft) sowie gefüllt, gefärbt und in Designformen. Und hergestellt werden sie sowohl von industriellen wie von gewerblichen Betrieben. Kaum eine andere Foodgattung besitzt eine so grosse Vielfalt wie die Teigwaren. Bild: Manuelle Pastaherstellung bei Novena.

Wie unterscheiden sich industriell und handwerklich hergestellte Frischpasta? Bei Pastinella (Industriebetrieb der Orior-Gruppe, welche sowohl Economy- wie auch Premium-Frischpasta für den Detailhandel und die Gastronomie produziert), hält man den Unterschied für gering. Aber bei Novena Frischprodukte, einem handwerklichen Premiumpasta-Hersteller in Ulrichen VS, ortet Inhaber Roman Bernegger mehrere wesentliche Unterschiede: Industrieprodukte seien haltbare Massenprodukte, was nicht abschätzig gemeint ist sondern die Marktpenetration charakterisiert.

Pasta-Manufakturen dagegen bieten tagesfrische Spezialitäten an, welche kleinere Zielgruppen ansprechen, dies auch weil sie meistens teurer sind. Hinzu kommen qualitative Unterschiede: Bernegger, der seit kurzem Coop mit Pro Montagna-Pasta beliefert, nennt als Beispiele die Zutaten Ei und Füllungsfleisch: Frischei besitzt einen attraktiveren Geschmack als hochpasteurisiertes oder Trocken-Ei. Dasselbe gilt für manuell angebratenes Fleisch im Vergleich zu geschmortem, der üblichen industriellen Garmethode.

Auch bei «Le Patron», wie Pastinella eine Orior-Tochter, stellt man Ultrafrisch-Pasta handwerklich her (Bild). Man betont ebenfalls die Unterschiede: «Le Patron-Pasta sind roh, werden nur auf Bestellung produziert und den Kunden am Folgetag der Produktion ausgeliefert. Sie schmecken daher deutlich frischer. Gegen das Kleben werden sie bemehlt. Der Füllungsanteil liegt bei sechzig Prozent, und die Füllungen sind feuchter als bei haltbaren Pasta».


Fazit: Der konzeptionelle Unterschied zu industriellen Produkten besteht im Rezept bzw dessen Kosten, der Qualitätsstufe und der Haltbarkeit: Massenprodukte müssen ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen und im mittleren oder unteren Preissegment positioniert sein. Nicht nur die Produktion von grossen Mengen auf rationellen kontinuierlichen Anlagen senkt die Kosten sondern auch die zurückhaltende Verwendung teurer Zutaten und ein geringer Füllungsanteil. Je grösser der Anteil günstiger Zutaten, die meistens langweiliger schmecken, desto geringer die Herstellkosten.

Industrielle Pasta kosten daher im Endverkauf dank günstigeren Rezept- und Fertigungskosten die Hälfte weniger als handwerklich hergestellte. Ferner sind sie oft qualitativ und hygienisch konstanter, da die Industrie eine professionellere Qualitätssicherung betreibt als viele Kleinsthersteller. Die Qualitätskonstanz ermöglicht ausserdem standardisierte Kochzeiten.

Handicaps der Industrie

Handwerkliche Hersteller dagegen verwenden oft Rezepte mit hohen Anteilen an edlen Zutaten, was ihre Produkte zur Superpremiumklasse erhebt. Aber ihre oft gehörte Einschätzung, dass komplizierte Produkte industriell nicht machbar seien, stimmt bei Teigwaren nur teilweise: Die Industrie kann technisch betrachtet fast alle Produktarten herstellen, konzentriert sich aber auf solche, die qualitativ und preislich von breiten Konsumentenschichten akzeptiert werden.

In einigen Fällen besteht zwar bei komplizierten Produkte eine schlechte Maschinengängigkeit: Grobstückige Füllungen beispielsweise sind manuell einfacher zu verarbeiten. Bei maschineller Fertigung erfordern sie spezielle Füllmaschinen, die sich für kleine Chargen und geringe Jahresmengen nicht lohnen. Dasselbe gilt für grossformatige Pasta und Designformen. Bei Pastinella liegt die Grenze für kundenspezifische Kleinchargen bei 400 kg, in Gewerbebetrieben oft bei nur zehn Kilo, was sogar massgeschneiderte Rezepte für grosse Restaurants und sehr kurzfristige Neuprodukt-Lancierungen ermöglicht.

Ein genereller Unterschied zwischen industriellen und handwerklichen Produkten besteht bei Frische und Haltbarkeit: Kühlfrische Industrieprodukte sind meistens wesentlich länger haltbar als gewerbliche, gelangen aber nicht am Produktionstag in die Verkaufsregale. Sowohl der Handel wie auch die Konsumenten erwarten bei Offenware Tagesfrische, dagegen bei vorverpackten Produkten eine lange Haltbarkeit. Das Vorverpacken erleichtert die Haltbarmachung, etwa mit modifizierter Atmosphäre (MAP). Bild: tagesfrische rohe Ravioli von Pastafarm.


Bei gewerblichen Frischteigwaren im Offenverkauf beträgt die Haltbarkeit wenige Tage, bei vorverpackten jedoch zwei bis drei Wochen, da sie angetrocknet oder in der Verpackung pasteurisiert werden. Hersteller, die beide Verfahren kombinieren, erreichen sogar eine Haltbarkeit bis vierzig Tagen, allerdings auf Kosten des Frischgeschmacks am Ende der Laufzeit.

Den Nachteil der kürzeren Haltbarkeit kompensieren Manufakturen wie Novena mit dem Vorteil von mehr Frische, da sie Tagesprodukte anbieten können. Ausserdem sind ihre Pasta oft roh, so dass sie nur einmal erhitzt werden müssen, was den Geschmack schont. Diese Sorten seien in der Gourmetgastronomie stärker gefragt als die gedämpften oder vorgekochten, stellt Bernegger fest.

Convenience durch Vorgaren

Im industriellen Prozess geschieht schon vor der Pasteurisierung eine Hitzebehandlung, um die Teigwaren vorzugaren. Dadurch reduziert sich beim Zubereiten die Kochzeit. Während rohe Frischteigwaren sechs bis zehn Minuten Kochzeit benötigen und dabei zwanzig bis dreissig Prozent Wasser aufnehmen, reicht bei vollständig vorgegarten ein blosses Aufwärmen. Bild: links: vollständig vorgegarte – rechts: teilvorgegarte.


Pastinella wie auch Hilcona stellen solche regenerierfertigen Pasta in einer Kochanlage durch «Blanchieren» her (Kochen im Wasserüberschuss). Anschliessend folgt bei Pastinella eine Wasserkühlung und Aufsprühen von Öl, um das Kleben zu reduzieren. Das Pasteurisieren im Beutel geschieht entweder durch Mikrowellen oder Heisswasser. Das Mikrowellenverfahren besitzt zwar eine kürzere Aufheizzeit dafür aber eine geringere Temperatur-Regelmässigkeit.

Der Vorteil von vollständig vorgegarten Produkten: Man kann sie auf dem Teller im Mikrowellenofen oder Dampfgarer regenerieren, da sie kein Wasser aufnehmen müssen. Man kann sie auch in einer Pfanne mit Sauce wärmen. In der Mikrowelle neigen sie allerdings zum Antrocknen, wenn sie nicht mit nasser Sauce bedeckt sind. Ihr Nachteil liegt im Biss, der weicher wird als «al dente» und im Geschmack: bis zum Verzehr werden diese Pasta dreimal erhitzt: beim Blanchieren, Pasteurisieren sowie Regenerieren. Die Füllung wird sogar viermal erhitzt, da man sie vorgegart verarbeitet. (GB)
(gb)

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