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Druckansicht07.11.2008
Invasion minderwertiger Trüffel aus Asien bedroht Périgord-Trüffel
Nicht nur Pflanzen und Tiere haben mit eingeschleppter Konkurrenz zu kämpfen. Das belegt ein Zufallsfund italienischer Forscher. In einem Trüffelhain nahe Turin stiessen sie auf einen asiatischen Trüffelpilz, der sich zu einer ernsthaften Bedrohung für die kulinarisch viel wertvollere Schwarze Trüffel entwickeln könnte.



Asiatische Trüffelarten (Tuber indicum, Tuber himalyense, Tuber pseudohimalayense) werden vor allem aus China importiert. Sie sehen der Périgordtrüffel (Bild) sehr ähnlich, sind aber geschmacklich nicht gleichwertig.


Von Köchen und Feinschmeckern geschätzt, sind Trüffeln die Fruchtkörper unterirdisch wachsender Pilze, die in enger Gemeinschaft mit Bäumen und Sträuchern leben. Die kostbaren Pilze können gezielt angebaut werden, indem man entsprechend angeimpfte Setzlinge pflanzt. In einem solchen, mit Hainbuchen und Haseln angelegten Trüffelhain, in dem sich selbst zehn Jahre nach der “Aussaat” nichts ernten liess, stiessen die Forscher auf den eingeschleppten Pilz.

Diese Chinesische Trüffel habe sich in Laborversuchen als durchsetzungsstärker erwiesen als ihre europäische Verwandte, so Paola Bonfante von der Universität Turin und von der staatlichen Forschungsorganisation CNR. Daher sei es ratsam, sämtliche Anbauflächen in Frankreich, Italien und Spanien einer entsprechenden Kontrolle zu unterziehen, schreiben die Forscher im Fachblatt “New Phytologist”. Eine Bekämpfung durch Herausreissen der Bäume und Desinfektion des Erdreichs sei allerdings aufwändig und kostspielig.

Vom Eigentümer um Rat gebeten, untersuchten die Biologen Baumwurzeln und Bodenproben aus dem Hain. Neben DNA-Sequenzen der heimischen Schwarzen Trüffel (Tuber melanospora) fanden sie in der Hälfte der Proben auch Erbgut der Chinesischen Trüffel (Tuber indicum). Obgleich deren Verkauf in Italien seit Mitte der 80er-Jahren verboten ist, scheint sie doch zum Animpfen der Baumsetzlinge benutzt worden zu sein.

Bonfante und Kollegen befürchten nun, dass solche Setzlinge auch in anderen Anbaugebieten verwendet worden sind und die Chinesische Trüffel bereits weite Verbreitung gefunden hat. Sollte diese Vermutung zutreffen, würde sich daraus ein Problem für Trüffelbauern, Feinschmecker und vor allem für die Schwarze Trüffel ergeben. Deren genetische Vielfalt ist so gering, dass kein nennenswerter Widerstand gegen die eingeschleppte, kulinarisch minderwertige Verwandtschaft zu erwarten ist. (Quelle: Claude Murat, Elisa Zampieri, Alfredo Vizzini und Paola Bonfante, Dipartimento di Biologia Vegetale dell’Università di Torino und Istituto per la Protezione delle Piante del CNR, Turin. Im New Phytologist, Vol. 178(4), pp 699-702, DOI 10.1111/j.1469-8137.2008.02449.x. Bild: Foto: moi-même/wikimedia.org)

Über die Chinatrüffel Tuber Indicum

oder Chinesische Trüffel; ähnelt sehr dem Tuber Melanosporum. Die Haut dieser Trüffel ist dunkelrot bis dunkelbraun und glatter als beim Melanosporum. Das Fruchtfleisch ist schwarz mit feinen, kurzen Äderchen und gummiartig. Diese Trüffel wird seit Anfang des Jahrhunderts überwiegend nach Frankreich importiert mit ca. 20 Tonnen jährlich. Seit ein paar Jahren wird sie auch in Italien gehandelt. Der Tuber Indicum wird oft als Tuber Melanosporum verkauft, ist jedoch von geringerer Qualität als diese. Wächst von Oktober bis März; kommt in Nordindien, Nepal und Ostchina vor. Wird in Deutschland zur Herstellung der Trüffelleberwurst verwendet. (Quelle: trueffel-seminar.de)

Perigordtrüffel: teuer und oft gefälscht

Trüffeln sind wegen ihres wohlschmeckenden Aromas eine kostbare Delikatesse. Der Genuss dieser unterirdisch wachsenden schwarzen Knolle hat aber seinen Preis. So kostet ein Kilogramm der begehrten Perigordtrüffel (Tuber melanosporum) je nach Angebot und Nachfrage zwischen 1'500 und 2'500 Franken.

Es erstaunt deshalb nicht, dass der Handel verschiedene billigere Trüffelarten als Perigordtrüffel anbietet. Die im asiatischen Raum verbreitete Chinesische Trüffel, unter dem lateinischen Namen Tuber indicum bekannt, eignet sich für diesen Zweck besonders; beträgt doch der Importpreis dieser Trüffelart nur knapp 100 Franken! Als optisch kaum von der Perigordtrüffel unterscheidbare aber geruchlich und geschmacklich minderwertigere Trüffel gelangt sie, zum Beispiel frisch mit Perigordtrüffeln gemischt, für ein Vielfaches des Importpreises auf den Markt.

In Europa existieren etwa 60 Trüffelarten, die meisten sind jedoch ungeniessbar. In der Schweiz sind gemäss Verordnung des EDI über Speisepilze vom 26.5.1995 folgende Arten der Gattung Tuber für den Handel zugelassen: Sommer- oder Herbstrüffel (T. aestivum, T. aestivum f. uncinatum); Weissliche Trüffel (T. albidum, Syn. T. borchii); Wintertrüffel (T. brumale); Albatrüffel (T. magnatum); Perigordtrüffel (T. melanosporum).

Die Chinesische Trüffel (Tuber indicum) ist in den Nachbarnländern Deutschland, Österreich und Belgien als Speisepilz verkehrsfähig. In anderen Ländern der EU besteht jedoch bezüglich der Chinesischen Trüffel keine Regelung. In der Schweiz bedarf der Handel mit Chinesischen Trüffeln einer Einzelbewilligung durch des BAG.

Untersucht wurden 22 frische oder eingelegte schwarze Trüffeln, die im Handel und in Restaurants der Kantone Zürich und Basel-Stadt erhoben wurden. Fünf Proben waren dabei zu beanstanden (23 %). In vier Fällen wurden anstelle der deklarierten Perigordtrüffeln Chinesische Trüffeln nachgewiesen. Eine als Sommertrüffel angebotene Probe erwies sich bei der Untersuchung ebenfalls als Chinesische Trüffel.

Da die Chinesische Trüffel zum Teil sowohl makroskopisch wie auch mikroskopisch nur schwer von anderen schwarzen Trüffelarten unterscheidbar ist, wurde für diese Untersuchung als Absicherung ein auf DNA-basierendes Nachweissystem (PCR) entwickelt, welches die Chinesische Trüffel detektiert. (Quelle KLZH 6.2.2004)
(gb)

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