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Gourmesse 2015 im Rückblick
An der Zürcher Gourmesse 2015 Mitte Oktober haben Delikatessenhändler, gewerbliche und Hofprodukt-Hersteller ihre Spezialitäten gezeigt. Viele neue Aussteller und eine Fachtagung boten Spannendes und Überraschungen.


Zum 21. Mal fand in Zürich Mitte Oktober die Gourmesse statt.


Die Gourmesse lockte dieses Jahr 11250 Besucher ins Kongresshaus, 4% mehr als im Vorjahr. In den etwas engen aber heimeligen Hallen boten 190 Aussteller ihre Delikatessen feil, zwei Fünftel davon neue. An zahlreichen Marktständen waren die Hersteller persönlich anwesend und beantworteten Fragen. Massenartikel gab es keine, hier trafen sich ausschliesslich die Hüter des guten Geschmacks.

Entsprechend nobel war der Produktemix von A wie Austern bis Z wie Zuger Kirschtorte, der sowohl Beliebtes wie auch Überraschendes umfasste: argentinische Empanadas, französische Gänseleberpastete, griechische Feigensalami aber auch Schweizer Edel-Confiserie und viele Weine sowie Olivenöle. Ebenso stark vertreten was das Metzgerhandwerk: 15 Stände boten Würste an vom Wollschwein bis zur Ziege.



Kabierfleisch wird nach dem Vorbild des japanischen Kobe Beef produziert, ist stark marmoriert, sehr saftig und zart. Der Kabier-Produzent Sepp Dähler (Bild) füttert Limousin-, Angus- und Charolais-Rinder mit Nebenprodukten der Brauerei Locher und massiert sie täglich. Man munkelt, dass die glücklichen Tiere sogar dem Metzger die Hand lecken.




Auftritt des Wollschweinzüchters «Sonder Wollschwein» mit Hofprodukten: Lardo, Warmrauch-Koteletts, Frischfleisch, Rohpökel- und Wurstwaren. Hergestellt von den Metzgereien Ueli Zeller sowie Curschellas.


Die Gourmesse war ein Erfolg und der Besucherandrang gross. Die Veranstalterin Edition Salz&Pfeffer zieht eine gute Bilanz: «Die Abverkäufe waren beim Grossteil der Aussteller überdurchschnittlich gut, speziell bei solchen mit Fleisch, Wurst, Fisch und Spezialitäten», so Messedirektor Stefan Schramm. «Sie konnten gute Kontakte knüpfen. Die Qualität der Besucher war konstant hoch mit auffallend vielen jungen Geniessern. Ganz besonders Anklang fanden die Verpflegungs-/Delikatessen-Stände im Gartensaal, darunter frisch zubereitetete Paella und Angushamburger».



Kaviar vom Tropenhaus Frutigen, das Störe züchtet. Mild gesalzen mit 3.5% Salz. Sorten: frisch ungereift (Haltbarkeit 10 Tage), frisch gereift (3 Monate) und pasteurisiert. Der Kaviar ist eingebettet in einer schwarzen Kugel im Inneren des Ice Cubes von der Glasi Hergiswil, welche mit einem ausgeklügelten Kühlsystem versehen ist.




Spezialität der alpinen Biopilzzucht: Stockerli - frischer Halbhartkäse, ummantelt mit Herbsttrompetenpulver, innen 10% Burgunder Trüffelstücke, 1% Trüffelöl. Nach 14 Tagen Lagerung kann er geraffelt werden. «Frisch ist der Käse dezenter und die Trüffelnote kommt besser heraus», so Hersteller Gill Allenbach.


In Zürich, wo das Publikum bei Globus, Jelmoli, Marinello, in der Viadukt-Markthalle und weiteren spezialisierten Gourmettempeln ganzjährig einkaufen können, ist der Erfolg einer Gourmetmesse, die Eintritt kostet, nicht selbstverständlich. Das Konzept «kompakt, marktgerecht, stimmungsvoll» bewährte sich.

Seit Jahren ein konstanter Wert waren Schweizer Regionalprodukte, Hofprodukte von Bauern, italienische Spezialitäten und die Olivenöl-Bar der Zürcher Hochschule ZHAW mit Extra vergine-Produkten aus vielen Ländern, begleitet von Fragebögen für den Olio-Wettbewerb.



Olivenöl-Bar der Zürcher Hochschule ZHAW mit Extra vergine-Produkten aus vielen Ländern, begleitet von Fragebögen für den Olio-Wettbewerb.



An diesem «Altar» wurde Olivenöl «angebetet». Zeremoniemeister war der italienische Olivenöl-Guru Nicola di Capua (auf dem Plakat), Spezialist für aromatisiertes Olivenöl. Das Besondere: die aromatisierenden Zutaten werden zusammen mit den Oliven gepresst und nicht als Aromen dem fertigen Öl zugesetzt.


Nebst Degustationen, Herstell-Demonstrationen und Einkaufsmöglichkeiten bot die Messe wiederum Sondershows und eine Fachtagung. «Fast jeder Showblock der Showküche war ausverkauft. Mix und Qualität der Spitzenköche stiessen auf ein enorm grosses Echo», so Schramm.

Dieses Jahr stand in der Showküche eine illustre Schar Schweizer Spitzenköche auf der Bühne wie Bernadette Lisibach («Köchin des Jahres 2015» von Gault&Millau), Romana Zumbühl (Siegerin von «SRF bi de Lüt – Landfrauenküche 2013»). Und der mit 18 Gault-Millau-Punkten dotierte Spitzenkoch Rico Zandonella zeigte, worauf es bei der Zubereitung von Krustentieren ankommt.



Peter Speck, Inhaber der gleichnamigen Zuger Confiserie, demonstrierte seinen Kirschtortenautomat, der den Biscuitboden auf Knopfdruck gleichmässig mit rund 30% Kirschsirup tränkt.


Nach der Käsefachtagung im 2014 gab es dieses Jahr drei Themen an der Fachtagung im Kontext der Nachhaltigkeit mit anschliessenden Experten-Diskussionsrunden, moderiert vom Sensoriker Patrick Zbinden: Mit 86 Zuhörern war das Thema Food Waste am besten besucht, 63 Personen verzeichnete das Thema «Vegan, Rohkost, Steinzeitdiät» und 49 das «Comeback der Innereien».

Das Fazit von Zbinden: «Das Thema Nachhaltigkeit etabliert sich immer stärker als Takt- und Impulsgeber im Bereich der Kulinarik. Egal ob man den gesundheitlichen Zusatznutzen, ökologische oder ethische Aspekte beim Kochen berücksichtigt: für die Kreativität im Umgang mit Lebensmittel haben solche Aspekte einen immer grösseren Einfluss. Was zu begrüssen ist, da dabei auch der Genuss nicht auf der Strecke bleibt: u.a. sorgt nachhaltiges Kochen auch für neue sensorische Erlebnisse, bei denen alle Sinne angesprochen werden».

«Vegan» war auch Thema einer Sonderschau. 13 Aussteller demonstrierten, «wie trendig vegane Produkte sind», so das Versprechen der Messe-Werbung. Dazu allerdings eine Randbemerkung: Viele Vegan-Käufer ernähren sich wohl nicht strikt vegan, es gibt bei ihnen vermutlich auch Teilzeit-Veganer, die gelegentlich Eier- und Milchprodukte konsumieren so wie es Teilzeit-Vegetarier gibt, die den Fleischkonsum nicht ganz auf Null reduzieren. Ein Indiz dafür ist die gleichzeitig mit der Gourmesse von TeleZüri ausgestrahlte SwissDinner-Sendung, wo Kandidat Patrick mit der Aussage überraschte: «Ich kombiniere veganes Essen gern mit Fleisch».



Neu von Gourvegi: Veganer Weichkäse aus Cashewnusspüree mit Milchsäurefermentation. Eigenentwicklung von Raphael Moser, Laborant: «die Kunden sind überrascht von der Qualität». Der Geschmack ist käseähnlich-rezent, die Konsistenz und das Aussehen weichkäseartig. Ab 2016 im Gourvegi-Webshop erhältlich.


An der Gourmesse ging es aber nicht nur um Weltanschauung sondern auch um Nachhaltigkeit und Genuss sowie darum, die kulinarische Qualität von Alternativen zu tierischen Produkten aufzuzeigen. Ein Beispiel war veganer Käse aus der Cashewnuss, der mehrere Wochen gereift war, fast aussah wie echter Weichkäse und auch einen ähnlichen Fermentationsgeschmack hatte. Ebenfalls Edamama sorgte für eine Überraschung mit ihrer Pasta aus 100% Soja- und schwarzen Bohnen, die einen hohen Eiweissgehalt besitzt. Dies ist wichtig für Veganer, die nichts Tierisches essen, das sonst viel gutes Protein stiftet.

Das Patronat für die Sonderschau übernahm die Vegane Gesellschaft Schweiz und freut sich über den Auftritt im Kongresshaus. Es gibt zwar vegane Events, doch meistens bleiben dort die Veganer unter sich. Die Gourmesse hingegen ist etabliert und spricht allgemein Delikatessen-Freaks an.

Eine ketzerische Frage ist allerdings, ob man vegane Produkte als Delikatessen betrachten kann. Kein grundsätzliches Problem haben Fruchtsäfte, Tees und viele Getreide- und Nussprodukte, die ohnehin nichts Tierisches enthalten. Aber alle Produktarten mit geschmackgebenden Anteilen von Milch oder Eiern sind Knacknüsse für Gourmets, was man anhand der angebotenen veganen Vanilleglacé feststellen konnte. Fleischersatzprodukte auf Basis von Hülsenfruchtprotein gibt es jedoch in schon ziemlich echt-fleischiger Qualität, jedenfalls in der Form von kleinen Stücken.



Zu guter Letzt hier noch ein richtiger Käse: Neu von «natürli zürioberland» war ein schmackhafter Portwein-Raclettekäse aus thermisierter Milch mit Portwein gespritzt und affiniert. Hergestellt in den Käsereien Girenbad, Bäretswil und Sternenberg.


Ein weiteres Thema der Fachtagung war Rohkost bzw «Raw-Cooking». Die Zutaten sind nicht erhitzt sondern fermentiert (z.B. mit Hilfe von Milchsäurebaktieren) oder mit Säure „umgewandelt“ (= denaturiert). Dazu Zbinden: «Von Rohkost ist die Rede, wenn die Zutaten nicht über 42 Grad erhitzt wurden. In einer Küche, in welcher der Stecker am Herd gezogen und Steamer und Mikrowelle entsorgt, bzw. Töpfe und Pfannen eingemottet wurden, steht häufig der Dörrapparat im Mittelpunkt des kulinarischen Geschehens. Mit Hilfe solcher Dehydratoren lassen sich Chips, Flocken, Crackers, Tartes, Kuchen, Brot, Riegel, Baisers und vieles mehr zubereiten». Mehr dazu demnächst in einem separaten Bericht in www.foodaktuell.ch
(gb)

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