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Druckansicht06.07.2008
Den Tomaten-Horizont erweitern
Tomaten wurden lange Zeit einseitig auf äussere Schönheit und Lagerfähigkeit gezüchtet. Aber heute gibt es mehrere Gourmet-Sorten. Ein Überblick und Tipps für die Lagerung.

Bei Tomaten sind alte Sorten, Zweigtomaten (Rispentomaten) und gelbe Sorten im Trend. Nach vielen Jahren der einseitigen Züchtung der weltweit wichtigsten Gemüseart auf äussere Schönheit und Lagerfähigkeit gibt es heute mehrere schmackhafte Gourmet-Sorten. Viele stammen von der Pro Specie Rara, der Schweizerischen Stiftung für die kulturhistorische Vielfalt von Pflanzen und Tieren. So etwa Coeur de Boeuf d.h. die Ochsenherztomate, eine typische Fleischtomate mit sattem Fruchtfleisch. Die bis 500g schweren und druckempfindlichen Früchte sind relativ saftarm, stark gerippt und haben wenige Samen.

Gezahnte Tomaten sind vielkammerig, lila-rot, fleischig mit wenig Saft. Ebenfalls leicht gezahnt, fleischig und sehr schmackhaft sind «Coeur de Boeuf» (Bild). Zitronentomaten sind gelb, stabförmig und süss. Black Plum sind dunkel grün-rot-braun, eierförmig und süss.

Es gibt auch dunkler rote, rosa und gelbe Fruchtformen, allen gemeinsam ist die vielfach gefaltete unförmige Gestalt, die nicht nur im Aussehen, sondern auch in Volumen und Gewicht tatsächlich dem Herz eines Ochsen gleicht und damit die üblichste Benennung der Sorte in mehreren Sprachen inspirierte.

Hauptanbauländer sind heute die USA, Ungarn, Polen, Russland, Frankreich und Italien. In Italien wurde und wird die Coeur de Boeuf besonders in der Gegend von Albenga in Ligurien in grossen Kulturen angebaut. Die zwei bekanntesten und meistproduzierten Varianten sind die cuor di Levante und die cuor di Ponente, beide wurden durch eine jahrhundertelange Zuchtauswahl geprägt.

Coeur de Boeuf werden für den Handel in der Regel noch grün geerntet und nehmen dann rasch die jeweilige Farbe an. Am Vollreifepunkt etwa eine Woche nach Ernte ist das Fleisch selbst bei roter Färbung noch fest und voll, die Schale aber weich und sehr druckempfindlich. Der Geschmack ist bei der Ernte noch säuerlich, wird mit der Nachreife jedoch süsser und wandelt sich zu einem einzigartig vollen und charakteristischen Aroma.

Vollreife Früchte sollten bald verzehrt werden, da sie danach nicht mehr lange haltbar sind. Die, verglichen mit anderen Sorten, kurze Haltbarkeit und die Empfindlichkeit der Früchte für Transportschäden sind die Hauptgründe dafür, dass die Coeur de Boeuf im Handel eher selten zu finden ist, dabei ist sie geschmacklich eine der besten Tomatensorten.

In Italien wird sie bevorzugt roh und noch leicht grün gegessen, da in diesem Reifestadium das Verhältnis Säure zu Zucker optimal für den Geschmack ist. Für einen originalgetreuen insalata caprese mit Büffelmozzarella und Basilikum beispielsweise eignet sich kaum eine Tomatensorte besser als die Ochsenherzen-Tomate, sie kann jedoch ebenso gut in Saucen Verwendung finden.

Weitere Pro Specie Rara-Sorten:

Tomate Baselbieter Röteli: Diese kleine Tomatensorte wurde im Baselbiet angebaut. Es handelt sich um eine lokale Sorte, die wahrscheinlichum 1900 aus Spanien in die Schweiz importiert wurde. Von der Grösse her ist die Baselbieter Röteli eine Cocktailtomate mit guter Konsistenz und saftigem, aromatischem Fleisch. Die Früchte sind zwetschgen- bis birnenförmig und mit 20 g Fruchtgewicht ähnlich wie heutige Cocktailtomaten. Spät geerntete Früchte können gut gelagert und bis Weihnachten nachgereift werden. Die Baselbieter Röteli kann wie Cherry-Tomaten konsumiert werden. Sie ist geeignet für Cocktails, in Salaten oder als Snack.


Die gezahnte Tomate (Bild): Bei dieser Sorte handelt es sich mit grosser Wahrscheinlichkeit um die sehr alte, mexikanische Sorte Zapotec. Es ist eine vierkammerige, sehr fleischige rote Frucht mit wenig Saft. Sie kann extrem grosse Früchte bilden und bildet nur wenige Samen.

Green Zebra: Diese Sorte wurde in den 60er Jahren in Amerika als Green Zebra gezüchtet. Über den Botanischen Garten Basel gelangte sie in den Fundus von ProSpecieRara. Sie ist sehr vital, hat einen kräftigen Wuchs und dunkles Laub. Die Frucht ist hell- bis dunkelgrün gestreift und wird bei Vollreife etwas gelblich. Die grüne Zebra ist eine sehr geschmackvolle Tomate. Sie kann für Salate verwendet werden und ausserdem für eine grüne Tomatenkonfitüre.

Die Gelbe Cherrytomate gelangte 1993 aus dem Kanton Aargau zu ProSpecieRara. Eine vergleichbare Handelssorte war nicht bekannt, so dass diese ertragreiche, robuste und geschmackvolle Sorte ins ProSpecieRara-Sortiment aufgenommen wurde. Die Fruchtstände bilden sehr viel, feine Früchte, die über einen längeren Zeitraum geerntet werden können.

Richtig lagern

Tomaten zählen zu den Fruchtgemüsen, botanisch gesehen aber zu den Beeren: Dies bedingt eine Sonderbehandlung: Man muss sie bei Raumtemperatur aufbewahren. Der Geschmack einer Tomate ist in erster Linie von der Sorte und dem Reifegrad abhängig. Während Kirschtomaten so reif und rot wie möglich geerntet werden sollten, kann die klassische Tomate hellrot gepflückt werden und gelangt durch Nachreifung ebenfalls zu vollem Aroma. Reife Tomaten brauchen einen trockenen, schattigen Platz ausserhalb des Kühlschranks bis 16 Grad Celsius, um ihren guten Geschmack zu erhalten.

Man bewahrt sie am besten separat auf, da sie das Reifegas Ethylen absondern, das benachbarte Früchte schneller verderben lässt. Dieses beschleunigt den Stoffwechsel anderer Gemüse, die dann schneller verderben: Karotten werden zum Beispiel bitter, Blumenkohl vertrocknet, Kräuter welken und Gurken vergilben. Tomaten schmecken frisch und reif am besten. Gemüseexperte Ernst Höhn erklärt: «Tomaten müssen nicht unbedingt vollreif gepflückt werden: Sie entwickeln denselben Geschmack, wenn sie nachreifen können».

Bioaktives Lycopin

Abgesehen von den vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten sind Tomaten sehr gesund. Sie sind kalorienarm, enthalten B-Vitamine sowie die Vitamine A und C. Die Früchte sind ausserdem reich an Kalium, das entwässernd und harntreibend wirkt. Der entscheidende Grund aber, warum Tomaten auf keinem Speisezettel fehlen sollten, ist deren hoher Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen. Diese bioaktiven Substanzen stärken das Immunsystem sowie Herz und Kreislauf. Besonders reichlich vorhanden ist der Inhaltsstoff Lycopen, der einerseits für die rote Farbe sorgt, andererseits wissenschaftlich gesichert als krebsvorbeugend gilt.

«Giftig», «Potenz-steigernd» und andere Legenden

Tomaten sind ursprünglich eine Kulturpflanze der Indio-Stämme in Mexiko und Peru. In diesen Gegenden fanden sich Tomatensamen aus der Zeit um 200 v. Chr. Die Azteken glaubten vor allem an eine potenzsteigernde Wirkung und nannten das Gewächs Tomatl - Schwellung. Die Franzosen machten daraus dann den Liebesapfel und Österreicher den Paradiesapfel oder Paradeiser.

Die Spanier brachten die Tomate dann nach der Entdeckung Amerikas nach Europa, wo sie sofort in Portugal, Spanien und Italien angebaut wurde. In Mitteleuropa stand man der Tomate jedoch noch lange Zeit skeptisch gegenüber, da Ihr Giftigkeit nachgesagt wurde. Deshalb wurde sie bis 1760 ausschliesslich als Zierpflanze verwendet. Ärzte des Mittelalters vermuteten nämlich lange, dass die Tomate für eine Reihe von Krankheiten verantwortlich sei. Ihr Fehler: Sie hatten nur die unreifen, grünen Früchte untersucht, die Solanin enthalten - ein pflanzlicher Wirkstoff, der Kopfschmerzen und Übelkeit hervorruft aber beim Reifen vollständig verschwindet. (Quellen Text: Pro Specie Rara, aid, Wikipedia)

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