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Druckansicht24.03.2012
Convenience-Produkte: was sind die Trends?



Muss der Gourmetkoch selber Kartoffeln waschen und schälen, Fische filetieren oder Eier kochen?

Darf er Tomatenkonzentrat, Teigwaren oder Glacé einkaufen?

Bild: Robert Speth, Spitzenkoch im Restaurant Chesery in Gstaad, rüstet kein Gemüse sondern brät ein Moorhuhn.


Convenience ist bei den Gästen und in der Publikumspresse umstritten, wobei oft eher Halbwissen und Vorurteile grassieren. Der Begriff Convenience bildet den Gegensatz zur Frischküche und deutet Bequemlichkeit an bzw weniger Arbeitsaufwand. Aber welche Art von Zutaten darf ein reines Frischküche-Restaurant verwenden und wo beginnt die Bequemlichkeit?

Eine sinnvolle Convenience-Definition richtet sich nach dem Handkwerk, das der Koch in seiner Ausbildung lernt: Was er zubereiten könnte jedoch einkauft, gilt als Convenience. Aber auch die Gästeerwartung je nach Betriebstyp und Gourmetniveau spielt eine Rolle: In einer Pizzeria erwarten die Gäste eine Frischpizza, nicht aber in der Schulmensa.

Auch ein Gourmettempel darf Tomatenkonzentrat einkaufen, denn kein normaler Koch kann solches selbst herstellen, es sei denn, er besitze einen Vakuumverdampfer (für die molekulare Küche werden solche tatsächlich angeboten). Auch wenn es Gourmetköche gibt, die selber Würste, Brot oder Rauchlachs herstellen: solche Produkte gelten nicht als Convenience, da dies nicht der Gästeerwartung an Eigenfertigung entspricht.



Stefan Wiesner, Spitzenkoch im Rössli, Escholzmatt LU, stellt selbst Wurstwaren her. Auch das Hotel Alexander in Zürich besitzt eine eigene Wursterei, dennoch ist dies auch für Gourmettempel kein Muss.


Convenience wird heute in allen Graden und Produktarten angeboten sowie in Economy- wie auch Edel-Varianten. Immer mehr, verbesserte und gesündere Produkte kommen auf den Markt. «Wir sehen einen deutlichen Trend zu Hochwertigkeit», sagt Christine Weiser, Communications Manager von Unilever Food Solutions und betont: «Hohe Ansprüche an den Geschmack schliessen Convenience nicht mehr aus. D.h. beste Rohstoffe ohne Zusatzstoffe, ein natürlicher und reiner Geschmack, in der Konsistenz wie selbst gemacht, gleichzeitig mit niedrigem Fett- und Kaloriengehalt sowie einfach im Handling».

Tiefkühlprodukte sind Nummer 1

«TK-Convenience ist nach wie vor die stärkste Convenienceart in der Gastronomie», stellt Markus Weiskopf, Marketingleiter von Cash+Carry Angehrn CCA fest. In der Tat: Frosten ist die erfolgreichste moderne Methode der Haltbarmachung. TK-Produkte haben spezifische Vorteile wie die lange Haltbarkeit und wenig Verluste an Aromen sowie Mikronährstoffen. «TK-Gemüse ist oft gleich vitaminreich wie frisches», titelte sogar das Konsummagazin «Saldo» nach einem Test im 2007. Heute herrscht aber ein Wettbewerb zwischen TK- und Kühlfrisch-Convenience, auch wenn letztere noch auf tieferem Niveau zulegen.


Moderne Convenience kann durchaus auf Zusatzstoffe verzichten.
Bild: Lasagne-Produktion bei Frisco-Findus in Rorschach.


Gastrotrends stimmen nicht unbedingt mit Trends im Detailhandel überein. Dort ist der Cleanlabel-Trend wichtiger als in der Gastronomie, da der Kunde im Laden bei verpackten Fertiggerichten die Zutatenliste einsehen kann, während er im Offenverkauf im Restaurant nur auf Anfrage Infos erhält.

Allerdings stellen einige Hersteller wie Frisco-Findus sowie Traitafina auch Gastroconvenience auf Clean Label um und haben damit Erfolg. Gastronomen können dadurch Convenience verwenden ohne sich Imageprobleme wegen verpönten Zusatzstoffen einzuhandeln. Selber verwenden Gastroköche keine Zusatzstoffe in reiner Form, solche sind meistens nur in Convenience enthalten. Eine Ausnahme bilden chinesische Köche, die reines Glutamat zugegeben sowie Molekularköche, die mit Geliermitteln experimentieren.

Umstrittene Convenience-Deklaration im Restaurant

Soll und kann ein Restaurant «Hausgemachtes» bzw «Fertigprodukte» deklarieren? Seit 2007 fordert dies die Stiftung für Konsumentenschutz SKS zwecks Transparenz für die Gäste. Eine Convenience-Deklarationspflicht, wenn sie überhaupt umsetzbar wäre, würde aber ihren Zweck nur zu einem kleinen Teil erfüllen. Natürlich gibt es banale Billig-Convenience, aber man muss generelle Vorurteile gegenüber Convenience hinterfragen, denn diese wird heute teilweise in hochstehender und kreativer Form angeboten. Sie muss nicht, wie die SKS pauschalisiert, langweiliger oder zweitklassiger sein als frisch Zubereitetes.



Convenience muss nicht unbedingt ein Industrieprodukt sein. Auch gewerbliche Firmen stellen Convenience her und zwar oft auf dieselbe Art wie eine Grossküche.

Beispiel: Kartoffelpralinen, Edelconvenience von La Culina.


Sogar Hanspeter Maurer, früher Testesser-Ausbildner beim Gastroführer «guide-bleu» räumt ein, dass er «Edelconvenience kaum herausschmecken kann, vor allem nicht, wenn sie verfeinert wurde». Und kaum ein Koch ist ein Universalgenie, das jede Komponente professioneller zubereitet als der beste Conveniencehersteller. «Aus der Tüte auf den Teller» ist zwar abgesehen von der Systemgastronomie kein sinnvolles Betriebskonzept.

Aber das Fazit der SKS, nur in Kenntnis des Eigenleistungsgrades der Küche könnten die Gäste eine informierte Wahl treffen, ist wohl meistens eine Illusion und kann sogar zu einem informierten Irrtum führen. Ein Gastroführer bietet die präzisere Entscheidungsgrundlage. Ausserdem muss der Gast die Eigenleistung der Küche auch in Relation zum Preis, zur Angebotsvielfalt und zur Schnelligkeit des Services setzen.



Tartelette-Bödeli, ein Beispiel einer Halbfabrikat-Convenience in der Spitzenküche. Sogar der glühende Convenience-Gegner Oskar Marti (Chrüter Oski) machte Werbung für Tartelettes von HUG «weil die Industrie sie besser herstellen kann»



Convenience-Grade im Überblick

0: Rohprodukte - Rohware und nicht behandelte Ware, die noch bearbeitet werden muss, bevor sie in den Küchenprozess einfliessen kann. Die ganze Zubereitung erfolgt in Eigenleistung.

1: Teilbearbeitete Produkte – stellen ein Grund mise en place dar, das weiterverarbeitet werden muss - gewaschene, geschälte, entkernte oder entbeinte Produkte wie zerlegtes Fleisch, gewaschenes Gemüse, geschnittener Salat

2: Kochfertige Produkte – erweitertes mise en place mit einer festen Grundform. Basisprodukte, die eine individuelle Bearbeitung, Rezeptleistung verlangen und dem Garprozess ohne weitere Bearbeitung zugeführt werden, wie geschälte Kartoffeln, paniertes Fleisch, TK-Gemüse

3: Aufbereitete Produkte – die Rezeptleistung ist erbracht, die Form ist weitgehend gegeben. Die finale Kochleistung zur Aufbereitung muss jedoch erfolgen - Produkte, die durch Hinzufügen weiterer Komponenten verzehr- oder regenerierfertig gemacht werden, wie Kartoffelpüree, Salatsaucen

4: Tischfertige Produkte – können entweder kalt serviert oder regeneriert werden. Die Form ist gegeben, die Gerichte können höchstens individuell gewürzt oder angerichtet werden. (Quelle: Unilever Food Solutions)

Weiterlesen: Sind Zusatzstoffe ein Auslaufmodell?
(gb)

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