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Erste Schweizer Slowfood-Messe im Rückblick
Nun hat Zürich ein Mini-Salone del Gusto: Publikum und Aussteller waren begeistert, auch wenn weniger als die erwarteten 12’000 Besucher kamen. Aber die gekommenen waren sehr kauffreudig.


Von links: Rafael Perez, Präsident von Slow Food Schweiz und Carlo Petrini aus Italien, Präsident von Slow Food International.

Das Slowfood-Motto lautet: gute, saubere und faire Produkte. So auch die von Slowfood definierten Kriterien, welche Produktearten willkommen sind: nachhaltige, ökologische, regionale, handwerkliche, naturbelassene (ohne Zusatzstoffe), sozialverträgliche, mit kurzen Transportwegen. Gemäss Messeleiterin Patricia Schnyder müssen sie nicht zertifiziert sein. Kettenbetriebe seien willkommen aber die Produzenten müssen als Aussteller auftreten und anwesend sein. Händler dürfen organisieren aber nicht selber ausstellen.

Massgebend seien Selbstdeklarationen der Hersteller aber Slowfood begutachte jedes Produkt. Eine Regel betreffend Degustation besteht nicht aber alle Stände boten Produkte zum degustieren an. Die Besucher liessen sich nicht zweimal bitten, da an der Messe kein Restaurant vorhanden war. Da es eine Foodmesse sein soll, war der Anteil der Winzer auf 20 beschränkt.

Messepartner war Coop, der seit einigen Jahren Slowfood-Produkte verkauft und fördert, «obwohl es nicht rentiert», verriet Retailleiter Philipp Wyss. Slowfood lehnt zwar industrielle Produkte ab, kooperiert aber mit grossen Händlern, «wenn sie gut, sauber und fair sind», so Carlo Petrini, Präsident von Slow Food International. Die erreichte Besucherzahl von 7400 für die erste Ausgabe der dreitägigen Slowfood-Messe ist beachtlich. Zum Vergleich: Die Gourmesse 2011 hatte 10750 Besucher, dauerte aber vier Tage. Die fünftägige Goûts et Terroirs in Bulle 2011 erreichte 44’000 und der zweitätige Regionalproduktemarkt 2011 in Delémont rund 20'000. (Rechne: pro Tag liegt der Regionalproduktemarkt an der Spitze)


Metzgerei Scalino, Li Curt GR: Slow Food-Presidioprodukt Furmacin da Cion (Saumaaga), eine traditionelle Puschlaver Herbst-Spezialität: Fleischkäse aus reinem Schweinefleisch im Schweinsnetz, mit Leber, gepökelt, dezent im Salz.

Furmacin da Cion wird aus Fleischresten bei jeder Metzgete am Schluss noch hergestellt. Die Fleischmasse wird geknetet, kräftig gewürzt und dann in einer runden Backform im Ofen gebacken. Das Endprodukt gleicht einem Käselaib (Furmagin). Heute werden für die kleineren Haushalte und andere Essgewohnheiten v.a. kleine „Pasteten“ produziert.


Bio-Rauchforellen vom Blausee aus eigener Forellenzucht. Geräuchert mit der Haut – hier wird sie wegdressiert, da sie zäh ist. Produkte: Warmrauchforelle (drei Stunden bei 62 Grad), Kaltrauch-Lachsforelle (mit Hefe gefüttert, nicht mit Karotin aber dennoch orangerot), roh marinierte Forelle (gravad) und Rauchforellenmousse.

Der Blausee ist ein idyllischer See im Berner Kandertal und fast komplett von Wald umgeben. Auf einer Seite ist ein Gourmetrestaurant, auf einer andern ein Grillplatz. Man kann Bootsfahrten machen und die Fischzucht besichtigen. Ein Spaziergang rund um den oft grünen Blausee dauert kaum eine halbe Stunde.


Am Stand der Fleischtrocknerei Bischofberger aus Churwalden: Bündner Salsiz in vielen Varianten. Die Messeleitung des Regionalprodukte-Wettbewerbs «Concours des produits terroirs» in Delémont prämierte die Metzgerei am Slowfoodmarket als «bester Produzenten in der Kategorie Fleischwaren.

Mitteilung des Slowfood-Messe-Veranstalters Expo-Time GmbH: Rund 7’400 Besucherinnen und Besucher verzeichnet der erste Slow Food Market Schweiz in Zürich. Ein grosser Erfolg für die Erstausgabe dieser etwas anderen Messe. Es wurde degustiert, diskutiert, genossen und gefachsimpelt. Ein interessiertes und genussfreudiges Publikum schwelgte in der Produktevielfalt und kaufte auch ein: 90 Prozent der Messebesucher gingen mit vollen Einkaufstaschen nach Hause.

Diese Publikumsresonanz freut die 160 Aussteller und die Messeleitung nicht nur, sie dokumentiert auch das Bewusstsein für gut, sauber und fair produzierte Lebensmittel. Slow Food – nicht nur ein Wachstumsmarkt mit Zukunft, sondern wie der Gründer der Slow Food-Bewegung, Carlo Petrini, sagte: «Das ist die Zukunft!»


Am Alpkäsestand: Käsefondue aus reinem Freiburger Vacherin in einem Gruyère-Caquelon – die Terroir-Gurus mögen ein Auge zudrücken, immerhin stammen beide aus dem Kanton Freiburg.

Stadträtin Ruth Genner, Vorsteherin des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements der Stadt Zürich, gab sich zur feierlichen Eröffnung des ersten Slow Food Markets die Ehre und outete sich zudem als Slow Food Fan. Extra angereist für diesen Anlass waren der Slow Food Gründer Carlo Petrini, Rafael Pérez, Präsident von Slow Food Schweiz, dem ideellen Träger der Messe, Roland Bleinroth, Geschäftsführer des Kooperationspartners Messe Stuttgart und Philipp Wyss, Leiter Marketing/Beschaffung bei Coop, dem Hauptsponsor des Slow Food Market.


Bäckerei Arnold, Simplon: Traditionelles Walliser Roggenbrot AOC aus 100% Roggenschrot und 100% Sauerteig ohne Zugabe von Bäckereihefe. Dezent in der Säure. 2-3 Wochen haltbar, dank der Essigsäurebildung schimmelt das Brot auch nach 3 Wochen noch nicht. Die Walliser bevorzugen es mit einem Alter von 1 Woche. Die Bäckerei Arnold erhielt von der AOC-Vereinigung eine Sonderbewilligung für sein traditionelles Stempel-Dekor, das aber nicht dem AOC-Pflichtenheft entspricht.

Carlo Petrini war begeistert über dieses jüngste Kind seiner Philosophie und liess in seiner engagierten Eröffnungsrede klar durchblicken, dass «Genuss mit Verstand» weiteren Durchsetzungswillen braucht: «Cambiare, cambiare, cambiare!» – «Ändern, ändern, ändern» – hin zum Credo «gut, sauber, fair»!

Dass dies Spass macht und ausgezeichnet schmeckt, fanden die Messebesucher nicht nur beim Degustieren heraus, sondern auch im Gespräch mit den Produzenten der vielfältigen regionalen Spezialitäten, die mit viel Herzblut kommunizierten. So erhielten auch die Produkte der Slow Food Presidi, die Coop seit einigen Jahren fördert, besondere Aufmerksamkeit. «Manche Aussteller hatten mit der grossen Kauflust des Messepublikums offenbar nicht gerechnet. Sie waren teilweise schon am Freitagabend ausverkauft und mussten über Nacht für Nachschub sorgen», so die glückliche Messeleiterin Patricia Schnyder.


Schlipferkäse von der Käserei Gmünder in Haslen AI, im Sommer auf der Alp Spitzigstein am Seealpsee. Ein Slowfood-Archeprodukt. Mager-Frischkäse mit Kräutern. Schlüpfrig wird er durch einlegen in Milchwasser.

Aber es war nicht nur eine Messe des guten Geschmacks – es war auch ein Erlebnis! In den Laboratori del Gusto überraschten Expertinnen und Experten mit aussergewöhnlichen Geschmackserlebnissen sowie erstaunlichen und erhellenden Hintergrundinformationen – ob über die Vielfalt an Apfelsorten, die Geschichten der Urkäse, die Farben der Bergkartoffeln, Austern, Bier, Honigvielfalt, Herstellung von Rohschinken oder Cocktails vom Bartender der Zürcher Kronenhallen Bar!


Hofprodukte vom Zürcher Bauernhof Yamagishi. Im Gegensatz zum Regionalproduktemarkt in Delémont, wo Hofprodukte überwiegen, stellten aber sonst am Slowfoodmarkt mehr Verarbeiter aus. Yamagishi ist eine Hofgenossenschaft, die den Mitarbeitern gehört und die ohne hierarchische Strukturen zusammenarbeiten.

Eine äusserst vielfältige Degustation boten die auf einer langen Tafel präsentierten Produkte aller Nominierten für den diesjährigen Prix d’Excellence des Schweizer Wettbewerbs der Regionalprodukte, die sich zur Verleihung dieses Preises im Rahmen des Slow Food Market eingefunden hatten. Auch die Caffé-Bar war nicht einfach eine Kaffeebar: 20 verschiedene Kaffeesorten von Schweizer Kaffeeröstereien wurden von Baristi kompetent gebrüht und manch einer merkte mal wieder, dass er seine Kaffeemaschine zuhause dringend ersetzen muss.



Mit Damaszener Bio-Rosenwasser aromatisierte Produkte bei Frei&Frei: Rosenblütensirup und –gelee. Der Sirup harmoniert gut mit Prosecco und ergibt einen dezentes Rosenduft.

Beim «Silent Cooking» auf der Kochbühne liess sich der Chef de Cuisine Martin Real gerne in die Töpfe schauen, Podiumsgespräche gaben interessante Einblicke hinter die Kulissen der Macher und fundierte Informationen rund um Slow Food. Und die Kinder durften mit dem Cocolino auf Entdeckungsreise durch den Markt, um dann auch auf der grossen Bühne zu kochen.



René Vogel von der St.Galler Bäckerei Vogel mit seinem Kartoffelbrot aus blauen Kartoffeln. Es enthält blaue Kartoffelstücke. «Würde man blauen Kartoffelbrei verwenden, wäre die Krume durchgehend blau, was die Kunden als Scherzartikel empfinden», so Vogel. Die Bäckerei ist Culinarium-zertifiziert und hat am Regionalprodukte-Wettbewerb in Delémont für das Apfelschnitzbrot die Bronzemedaille gewonnen.

Über 400 Personen haben am «Sinnesparcours» mit grosser Begeisterung teilgenommen. An diesem liessen sich die fünf Sinne (Sehen, Riechen, Schmecken, Tasten, Hören) für ei-nen bewussten kulinarischen Genuss schulen und schärfen. Das Team von Alpinavera war im Dauereinsatz. Last but not least: In der Vinothek konnte man unter fachkundigen Kommentaren der Profi-Sommeliers 300 Weine quer durch den Garten aus verschiedenster Provenienz degustieren.


Auch Aussteller aus Frankreich und Italien waren an der Messe. Hier die Boîte à Nougat mit Provence-Nougat, der im Gegensatz zum harten Montélimar-Nougat weich ist (weil der Zucker kristallisiert)

Die Slow Food Messe bringt das Thema Slow Food einem breiten Publikum näher. Die Be-geisterung der Aussteller und die Qualität der Produkte infizierte das Publikum regelrecht, woraus eine ausgesprochen heitere, eben lustvolle Atmosphäre resultierte. Das schlug sich auch in den Besucherbefragungen nieder: 89 Prozent fanden die Messe grossartig, 90 Prozent kauften ein, 81 Prozent des Messepublikums gaben an, den Slow Food Market auch nächstes Jahr wieder besuchen zu wollen. Und: 85 Prozent räumen der Slow Food Bewegung eine wachsende Bedeutung ein - sowohl generell, wie für sich selbst.



Bei Gourmandise de Fribourg: Demonstration der Bricelet-Herstellung. Der Waffelteig besteht aus Greyerzer Doppelrahm, Mehl, Zucker Weisswein und Kirsch.


Neuheit vom Münstertaler Meierbeck: Marronikuchen im Glas, ungeöffnet 200 Tage haltbar. Gebacken wird die mehlfreie Kastanienmasse im Glas zuerst offen und in den letzten 12 Minuten mit dem Deckel zur Sterilisierung. Zart und schmackhaft. Im Zürich im Anbot bei Berg+Tal in der Viadukt-Markthalle.

Das Datum für den Slow Food Market 2012 ist der 9. bis 11. November, wieder in den Hallen 9.1 und 9.2 der Messe Zürich. (Text: Expo-Time GmbH)
(gb)

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