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Druckansicht17.04.2010
Charolais und sein Viehmarkt sind eine Reise wert
Charolais, das ist für Gourmets und Fleischspezialisten ein Begriff – doch was steckt dahinter? Wer dem Ursprung dieser Fleischrasse nachgeht, landet im Burgund. Der dortige Charolais-Markt ist neu organisiert.


Der nagelneue Candran in St.Christophe-en-Brionnaise.


Unser Reiseziel ist St. Christophe-en-Briannais, ca. 70 km von Macon entfernt.Dort findet jeden Mittwoch einer der berühmtesten Charolais-Märkte statt. Das ganze Süd-Burgund ist äusserst schwach besiedelt und unserem Jura vergleichbar. Der Ort selbst ist klein und die Restaurants abends oft geschlossen.

Früh am Morgen findet der Candran statt. Vorwiegend Jungtiere werden in einer Halle auf eine Plattform getrieben. Mit elektronischen Mitteln werden die Tiere gewogen und zusammen mit den übrigen Daten auf einen riesigen Bildschirm projiziert und die Versteigerung beginnt. Die Transparenz des Handels fasziniert. Vorne sitzen um die 50 Händler an den elektronischen Kästchen und bieten ihren Bedürfnissen entsprechend mit, im hinteren Teil der Arena sind Stehrampen für die Bauern und sonst Interessierte.

Der Handel erfolgt in der Lot-Grösse, wie sie der Bauer anliefert. «Der Candran wird von den Nutzern finanziert», erläutert Marktdirektor Jacky Buisson: «Der Bauer bezahlt bei Handelsabschluss 0,75% der Verkaufssumme, der Händler weitere 1,25%».

Pro Woche werden jeweils am Vormittag 700 bis 2000 Tiere angeboten, je nach Marktlage finden knapp 10% der Tiere keine Käufer und werden zurückgenommen. Die verkaufte Ware wird von den Händlern u.a. in zweistöckige Camions verladen, welche 65 Tiere aufnehmen können. «Jetzt habe ich geladen», erklärt uns Michel Lagrande stolz. «In zwei Stunden bin ich in Bourg-en-Bresse. Dort werden die Tiere entladen, den Wünschen der Abnehmer entsprechend sortiert und wieder verladen. Abends bin ich mit meinem Camion bereits in Venedig».


Bestseller auf dem Restaurant-Teller: zartes Charolais-Entrecôte mit den obligaten Pommes frites


Einer der Höhepunkte der Reise ist das Mittagessen. Das Restaurant La Tour d’Auvergne in St. Christophe-en-Brionnaise hat 200 Plätze. Bauern, Händler, Funktionäre und Touristen sitzen an langen Tischen friedlich nebeneinander und schwelgen in urchigen Fleischgerichten. Der Kalbskopf, das Bouilli und das Entrecôte sind die Renner. Wer die Atmosphäre, die Schnelligkeit der Bedienung – pro Mittag werden über 300 Personen verpflegt – und den Genuss erlebt, fühlt sich in eine andere Welt versetzt.

Eile ist angesagt, denn um 14 Uhr beginnt der traditionelle Markt mit den Schlachttieren. Heute stehen über 400 Tiere dicht gedrängt in den grossen Hallen. Die ausgeprägte Muskulatur der Tiere sticht ins Auge. Die Bauern stehen dahinter, erkenntlich an den langen Stöcken und der Einheitskleidung, einem meist schwarzen Kittel. Die Hektik ist gross, denn jeder will den für sich besten Preis erzielen. Besonders geschätzt sind Tiere mit einem Schlachtgewicht von 380 kg, welche heute einen Preis von Euro 6.- erzielen. Die Kühe haben ein etwas höheres Gewicht und erzielen mit Euro 5.- stolze Preise.


Charolaisrasse mit ihrer markanten Fleischfülle.


Die Marke Charolais wird gut gepflegt. Selbst im Supermarkt Carrefour wird das Fleisch mit einem schönen Zertifikat angeboten. Der Durchmesser der Entrecotes ist riesig, was dazu führt, dass sogar 1 cm dünne Scheiben locker über 300 g auf die Waage bringen. Gebraten wird das Fleisch auf französische Art: saignant-rosé. Das Fleisch wird nur ganz kurz in der Pfanne gedreht und serviert. Dies dürfte auch der Grund sein, wieso Entrecôte trotz der ziemlich groben Faserung saftig ist und gut schmeckt.



Die Bieler Metzgerei Häberli ist auf Charolaisfleisch spezailisiert.

Bild: Metzgermeister Peter Häberli mit Charolaissteak und selbst produzierten Bärlauch-Mousse-Saucen.

Übrigens: Die Charolais-Gegend im Burgund ist sehr reizvoll und auch einen längeren Besuch wert: www.bourgogne-du-sud.com.

(Text und Bilder: Werner Wirth, Metzgermeister und Autor von Fleisch-Kochbüchern, www.wewi.ch )
(gb)

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