Foodfachzeitung im Internet
Mittwoch, 18. Dezember 2024
News, Tipps, …
Druckansicht28.06.2022
FORSCHUNG: Die wahren Kaufmotive für Fleischersatz

Menschen, die eine kritische Einstellung zur Massentierhaltung haben oder im Alltag auf ihre Gesundheit achten, greifen eher zu Fleischersatzprodukten. Die Sorge um die Umwelt spielt bei dieser Entscheidung dagegen keine Rolle. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universität Bonn, an der mehr als 400 Personen zwischen 17 und 86 Jahren teilnahmen.

Fleischersatzprodukte sind im Kommen: Fristeten sie früher ein Nischendasein in Reformhäusern oder Bio-Läden, sind Weizen-Salami, Tofu-Schnitzel oder Soja-Hack heute in jedem gut sortierten Supermarkt zu finden. „Wir wollten wissen, aus welchen Gründen Konsumentinnen und Konsumenten zu diesen Alternativen greifen“, erklärt Jeanette Klink-Lehmann, die am Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn in der Abteilung von Prof. Dr. Monika Hartmann promoviert.

Klink-Lehmann und Hartmann haben für die Analyse zusammen mit ihrem Kollegen Nick Marcus 441 Frauen und Männer aus ganz Deutschland befragt. Die Teilnehmenden sollten beispielsweise angeben, wie sehr sie auf ihre Gesundheit achten, ob die Menschheit aus ihrer Sicht auf eine ökologische Krise zusteuere und ob die Tierhaltung in der Landwirtschaft ethisch hinterfragt werden müsse. Zudem gaben sie ihre Einstellung zu Fleischersatz-Produkten an sowie ihre Absicht, diese in Zukunft verstärkt zu konsumieren.

Tierwohl- und Gesundheitsaspekte motivieren zum Konsum

„Wir haben nun basierend auf der Erweiterung eines anerkannten Verhaltensmodells die statistischen Beziehungen zwischen diesen Antworten untersucht“, sagt Marcus. Dabei stiessen die Forschenden auf ein überraschendes Ergebnis: Eine stärkere Sorge um die Umwelt ging weder mit einer besseren Bewertung von Fleischersatz-Produkten einher noch mit einer grösseren Absicht, diese zu kaufen. „Wir hatten erwartet, dass für den Umstieg auf Fleisch-Alternativen auch ökologische Aspekte eine Rolle spielen“, erklärt Marcus. „Das hat sich jedoch nicht bestätigt.“

Über die Gründe für die Diskrepanz zwischen dem Umweltbewusstsein der Teilnehmenden und ihrem Verhalten können die Forschenden nur spekulieren. So stammen die Umfrage-Daten bereits aus dem Jahr 2017 – einer Zeit also, als die „Fridays for Future“-Bewegung noch nicht existierte. „Seitdem steht das Thema Umwelt deutlich stärker auf der Tagesordnung“, betont Klink-Lehmann. „Damit sind heute vermutlich mehr Menschen als noch vor fünf Jahren über die potenziell negativen Umweltauswirkungen des Fleischkonsums informiert.“

Eine grosse Rolle bei der Konsumentscheidung der Befragten spielten Tierwohl-Bedenken: Wer Massentierhaltung kritisch sieht, hat (wenig überraschend) im Schnitt eine positivere Haltung zu Pflanzen-Wurst und Veggie-Burger. Diese Einstellung wiederum wirkt sich förderlich auf die Absicht aus, künftig eher zu diesen Alternativen zu greifen. Auch ein ausgeprägtes Gesundheitsbewusstsein geht im Schnitt mit einer stärkeren Bereitschaft einher, häufiger pflanzliche Produkte zu konsumieren. Einen erheblichen Einfluss auf diese Entscheidung hat darüber hinaus, wie Freunde und enge Bezugspersonen zu Fleischersatzprodukten stehen.

Marcus, Klink-Lehmann und Hartmann empfehlen, einerseits die ökologischen Vorteile pflanzlicher Alternativen besser zu kommunizieren. Ausserdem solle die Industrie bei der Herstellung ihrer Produkte verstärkt auf eine gesunde und ausgewogene Zusammensetzung achten. Dort, wo bei Fleischersatz tierische Lebensmittel wie etwa Eier genutzt werden, sollten diese zudem von Höfen stammen, die auf eine gute Tierhaltung achten. „Tierwohl und Gesundheit sind den Konsumenten offensichtlich sehr wichtig“, sagt Klink-Lehmann. „Die Hersteller tun also gut daran, diese Aspekte zu berücksichtigen und ihre Lebensmittel dann auch entsprechend zu vermarkten.“ (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn)
(gb)

News, Tipps, … – die neuesten Beiträge
18.12.2024
dTIPP: Nachhaltig essen mit dem Klimateller
16.12.2024
dWISSEN: welche Zuckerart für welche Anwendung?
13.12.2024
dFORSCHUNG: Proteinbasierte Süssstoffe als Zuckerersatz
11.12.2024
dTIPP: Top 5 Weihnachtsgewürze für Backwaren
09.12.2024
dKOMMENTAR: Zeitenwende durch künstliche Intelligenz
05.12.2024dNEWS: Café crème-Gastropreis wieder gestiegen
04.12.2024dFORSCHUNG: Veganer Eiweissschaum-Ersatz aus Erbsen
02.12.2024dTIPP: Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen aber noch geniessbar
01.12.2024dNEWS: Alkoholfreies Bier weiterhin im Trend
29.11.2024dWISSEN: Bei Marzipan und Krokant auf Nachhaltigkeit achten
27.11.2024dTIPP: Hype um Dubai-Schokolade - selber machen statt Schlange stehen
26.11.2024dFORSCHUNG: Futterprägung durch Zuckerkonsum beim Kleinkind
23.11.2024dSAISON: Zwiebel in einer Produktionskrise
22.11.2024dNEWS: Preisschwankungen nicht wegen Nahrungsmittel-Spekulation
21.11.2024dNEWS: Promarca prämiert innovativste Lebensmittel
15.11.2024dWISSEN: Vielseitige Reissorten
14.11.2024dNEWS: Beat Eggs als «Metzger des Jahres 2024» ausgezeichnet
12.11.2024dNEWS: Revision der NOVA-Verarbeitungsgrad-Klassifikation
11.11.2024d FORSCHUNG: Fermentierte Apfelblüten als Functional Food
07.11.2024dNEWS: Hohe Gesundheitsgefahr durch Coffeinpulver-Überdosierung
05.11.2024dNEWS: Veganes darf Wurst oder Schnitzel heissen gemäss EuGH
04.11.2024dSAISON: Herbstrübe nicht nur für Räbeliechtli
03.11.2024dNEWS: Offiziell beste Bäcker-Konditor-Confiseur-Produkte prämiert
31.10.2024dNEWS: Bundesrat verabschiedet Anti-Foodwaste-Massnahmen
30.10.2024dNEWS: Migros senkt Obst/Gemüse-Preise und fördert Eigenmarken
24.10.2024dTREND: Teigwaren aus Schweizer Dinkel legen zu
23.10.2024dWISSEN: Maniok und Yamswurzel richtig verarbeiten
20.10.2024dTIPP: Gastromesse Goûts & Terroirs 2024
17.10.2024dTIPP: Swiss Bakery Trophy 30.10.-3.11.2024
16.10.2024dKOMMENTAR: Gesundheitskosten senken mit Zuckersteuer
©opyrights ...by ask, ralph kradolfer, switzerland