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FORSCHUNG: Mit Hanf statt Hopfen nachhaltiges Bier brauen

Der Klimawandel macht dem Hopfen immer mehr zu schaffen. Das seit Jahrhunderten übliche traditionelle Bierrezept wird deshalb an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW gerade neu gemischt. Statt Hopfen kommt Hanf in den Braukessel. Erste Versuche mit Hanfblüten zeigen vielversprechende Ergebnisse.

Bier wird in Europa seit Jahrhunderten aus Hopfen, Malz, Hefe und Wasser gebraut. An diesem Erfolgsrezept rüttelt nun die ZHAW-Forscherin Amandine André vom Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation. Sie hat das Potenzial von Hanfblüten erkannt, die heute bei Industriehanf als Abfallprodukt anfallen. Auf die Idee, die Hanfblüten für die Bierproduktion zu verwenden, kam sie einerseits, weil Hanf und Hopfen zur gleichen botanischen Familie gehören. Und anderseits, weil Hanf wie Hopfen ziemlich bitter schmeckt, was für das Geschmackserlebnis beim Bier entscheidend ist.

Im Rahmen des nationalen Förderprogramms Spark konnte sie nun zeigen, dass vorwiegend aus Hanf gebrautes Bier bezüglich Vorliebe und Bitterkeit mit klassischem Lagerbier mithalten kann – und dies ganz ohne Hanfaroma. Mit dem neuen Instrument Spark unterstützt der Schweizerische Nationalfonds SNF explizit vielversprechende Projekte, die unkonventionelle Ansätze verfolgen.

Im Handel finden sich zwar heute schon Getränke mit dem Label «Hanfbier». Dabei wird der Hanf aber nicht als Ersatz, sondern zusätzlich zum Hopfen beigesetzt. Meist haben diese Biere einen typischen Hanfgeschmack. «Genau dies wollten wir nicht», sagt Amandine André. «Unser Ziel war vielmehr ein genau gleich schmeckendes Produkt wie ein herkömmliches Hopfenbier.»

Der Schweizer Brauerei-Verband ist sehr interessiert an den Hanf-Versuchen der ZHAW. Das Projekt kann den Schweizer Brauereien helfen, ihre grosse Abhängigkeit von Hopfenimporten zu verringern. Denn Hopfen wächst nicht besonders gut in der Schweiz. So werden 90 Prozent des Bedarfs durch ausländische Importe gedeckt. Hanf gedeihe hingegen sehr gut in der Schweiz, erklärt die ZHAW-Forscherin. «Die Pflanze braucht kaum Dünger, Pestizide oder Bewässerung.» Zudem ist sie auch wärmeresistent und erträgt die Klimaerwärmung im Gegensatz zum Hopfen problemlos.

Nach fast drei Jahren der Suche nach geeigneten Hanfsorten und dem richtigen Rezept ist Amandine André nun einen grossen Schritt weiter. Die Pflanzenversuche auf dem Wädenswiler ZHAW-Campus hatten zwei Hanf-Favoriten hervorgebracht, die besonders viele Bitterstoffe und hopfenähnliche Aromen enthalten. Damit experimentierte die ZHAW-Forscherin, um die richtige Mischung für das neuartige Hanfbier zu finden. Dabei analysierte sie auch die chemische Struktur und versuchte jene Moleküle ausfindig zu machen, die den bitteren Geschmack erzeugen. Zur Identifikation und Analyse bisher unbekannter Hanf-Bitterstoffe nutzte die ZHAW-Forscherin etwa die Massenspektrometrie und die sogenannte Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie. Dabei entdeckte sie, dass sich die Bitterstoffe des Hanfs von denjenigen des Hopfens chemisch unterscheiden.

Gleiche Bitterkeit erfordert mehr Hanf

Der Analyse folgten verschiedene Brauversuche und Sensoriktests mit den beiden ausgewählten Hanfsorten. Das Ergebnis: Für ein gutes Bier braucht es drei bis vier mal mehr Hanf als Hopfen, um eine vergleichbare Bitterkeit zu erreichen. Weiter soll der Hopfen erst kurz vor Ende des Kochprozesses beigeben werden und nicht schon 90 Minuten vorher wie beim Hopfen, da sonst die Bitterintensität abnimmt. Bis zu Dreiviertel des Hopfens können mit Hanf ersetzt werden, ohne die Bitterkeit zu beeinträchtigen. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurden an der ZHAW zwei unterschiedliche Bierrezepte erstellt, und zwar auf der Grundlage eines Pilsner-Biers. Die erste Variante war ein reines Hanfbier, ohne Hopfen. Für die zweite Variante wurde die Hopfenmenge im Pilsner-Rezept auf einen Viertel reduziert.

Vielverspechendes Testresultat

Nach Wochen des Lagerns erfolgte schliesslich eine Blinddegustation. Dabei wurden die beiden ZHAW-Hanfbiere einem handelsüblichen Hanfbier mit ausgeprägtem Hanfaroma gegenübergestellt. Bewertet wurden Hanf- und Hopfenaromen, Zitrus- und Fruchtaromen, Süsse, Bitterkeit und die allgemeine Vorliebe. Das reine Hanfbier der ZHAW stellte sich dabei als weniger bitter und süsser als das Referenz-Bier heraus, jedoch mit schwächerem Hanfaroma. Da das Ziel ein geschmacklich möglichst unverändertes Bier war, wurde danach nur das mit Hopfen angereicherte Hanfbier mit einem handelsüblichen Lagerbier mit identischem Bitterkeitswert verglichen.

Das Resultat ist vielversprechend: Die sieben Testpersonen konnten keinen Unterschied zwischen dem Versuchsbier und dem klassischen Lagerbier feststellen – beide schmeckten gleich gut, gleich bitter und nicht nach Hanf. Die an der ZHAW gebrauten Biere sollen nach mehreren Monaten weiterer Lagerung erneut bewertet werden. Amandine André möchte das Braurezept verfeinern und möglichst eine Brauerei finden, mit der sie das Hanfbier bis zur Marktreife entwickeln kann. (ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften)
(gb)

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