Foodfachzeitung im Internet
Samstag, 21. Dezember 2024
News, Tipps, …
Druckansicht08.12.2021
FORSCHUNG: Fleischarme Kost hat viele Vorteile

Was ist besser: den Fleischkonsum moderat zu reduzieren und mehr Obst, Gemüse und Vollkornprodukte zu essen, wie es die Deutsche Gesellschaft für Ernährung anrät? Es unseren südlichen Nachbarn nachzutun und öfter mal zu Fisch und Meeresfrüchten zu greifen? Oder gar komplett auf vegane Ernährung umzustellen? Eine neue Studie der Universität Bonn zeigt, dass die Antwort auf diese Fragen nicht so eindeutig ausfällt – je nachdem, welche Auswirkungen man sich genau anschaut.

Weltweit ist die Ernährung für ein Viertel der menschlichen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Ein grosser Teil davon geht auf das Konto der Nutztierhaltung: Tiere wandeln nur einen kleinen Teil der verfütterten Kalorien in Fleisch um. Wiederkäuer erzeugen zudem Methan, das die Erderwärmung weiter beschleunigt.

Was wir essen, hat darüber hinaus auch Folgen für unsere Gesundheit und das Tierwohl. Will man Ernährungsformen miteinander vergleichen, sollte man auch diese Aspekte in den Blick nehmen. Die Fachwelt bezeichnet die optimale Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt auch als "One Health"-Perspektive. „Studien, die diesen Blickwinkel auf Ernährungsfragen anwenden, sind aber noch rar“, erklärt Juliana Paris vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn.

Paris hat zusammen mit Kolleginnen und Kollegen eine Analyse durchgeführt, die diese Forschungslücke ein Stück weit schliessen möchte. „Dazu haben wir uns exemplarisch angesehen, welche Produkte bei Menschen in Nordrhein-Westfalen auf dem Speiseplan stehen“, erklärt sie. „Diese Referenzkost haben wir dann mit drei verschiedenen Szenarien verglichen: einer Umstellung nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), dem Wechsel zu einer Mittelmeer-Diät mit mehr Fisch und Meeresfrüchten sowie der Änderung hin zu einer veganen Ernährung.“

In jedem dieser drei Szenarien wurden die Lebensmittel so gewählt, dass sie sich so wenig wie möglich von der Referenzernährung unterschieden. „Das heisst beispielsweise, dass wir in der Mittelmeer-Variante den Anteil von Fisch und Meeresfrüchten, Gemüse und Getreideprodukten erhöht haben“, sagt Paris. Zudem sollte die Produkt-Auswahl insgesamt dieselben Nährstoffe in ähnlichen Mengen enthalten wie bislang. Die Forschenden erhielten so für jedes Szenario einen „Lebensmittel-Korb“, den sie dann weiter analysierten.

„Dazu haben wir uns auf verschiedene Datenbanken gestützt“, sagt Dr. Neus Escobar vom Institut für Angewandte Systemanalyse in Österreich, die die Arbeit betreut hat. „Mit ihrer Hilfe konnten wir zum Beispiel den Effekt jeder Ernährung auf bestimmte Umweltaspekte abschätzen - etwa die bei ihrer Produktion entstehende Menge an Klimagasen oder den Wasserverbrauch. Ähnlich gingen wir vor, um die Auswirkung der jeweiligen Ernährung auf die Gesundheit zu bewerten.“ So ist beispielsweise von rotem Fleisch bekannt, dass es das Risiko bestimmter Krebsarten und von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht.

Die Konsequenzen für das Tierwohl schätzten die Forschenden anhand mehrerer Indikatoren. Darin floss unter anderem ein, wie viele Tiere durch den Konsum der Lebensmittel ihr Leben verlieren und unter welchen Bedingungen sie gehalten werden. „Wir haben aber auch anhand der Zahl von Neuronen oder der Grösse des Gehirns im Verhältnis zum Körper abgeschätzt, inwiefern die jeweiligen Tiere unter ihrer Nutzung tatsächlich leiden“, erklärt Juliana Paris.

Fisch statt Steak hilft der Umwelt, doch schadet dem Tierwohl

Jede der drei Ernährungsformen wäre aus One-Health-Perspektive nachhaltig von Vorteil. Aber nicht unter jedem Aspekt: So schnitt die vegane Ernährung in vielen Bereichen am besten ab. Allerdings ist die Erzeugung veganer Lebensmittel mit einem erhöhten Wasserverbrauch verbunden. „Ausserdem müssen Veganerinnen und Veganer bestimmte Nährstoffe separat zuführen, etwa Vitamin B12, Vitamin D oder auch Kalzium“, sagt Paris.

Die mediterrane Diät (obwohl gesund) hat aufgrund des hohen Anteils an Nüssen und Gemüse ebenfalls einen erhöhten Wasserbedarf zur Folge. Wird – wie in der Studie angenommen – das konsumierte Fleisch komplett durch Fisch ersetzt, sind zudem ihre Effekte auf das Tierwohl erstaunlich negativ: Da Fische und Meeresfrüchte deutlich kleiner sind als etwa Kühe oder Schweine, leiden unter dieser Ernährungsform erheblich mehr Tiere. Negativ wirkt sich zudem auch der vermehrte Konsum von Honig aus, der eine intensive Bewirtschaftung von Bienenvölkern verlangt. „Es wäre also von Vorteil, den Proteinbedarf insgesamt weniger aus tierischen Quellen zu decken“, betont Neus Escobar. „Zudem ernähren sich viele Menschen heute deutlich zu reichhaltig. Würden sie ihre Nahrungsmenge auf das reduzieren, was sie wirklich brauchen, hätte das möglicherweise zusätzliche positive Effekte.“

Die Empfehlungen der DGE gehen laut Studie zwar in die richtige Richtung. Mit Blick auf die menschliche Gesundheit sind die beiden anderen Optionen jedoch besser. Dennoch zeigen die Daten auch hier: Wer öfter Mal auf Fleisch verzichtet und sich stattdessen Vollkornprodukte, Gemüse und Obst auf den Teller lädt, der tut nicht nur sich etwas Gutes, sondern auch den Tieren und der Umwelt. (Uni Bonn)
(gb)

News, Tipps, … – die neuesten Beiträge
19.12.2024
dFORSCHUNG: Gesunde nachhaltige Omega-3-Fettsäuren aus Algen
18.12.2024
dTIPP: Nachhaltig essen mit dem Klimateller
16.12.2024
dWISSEN: welche Zuckerart für welche Anwendung?
13.12.2024
dFORSCHUNG: Proteinbasierte Süssstoffe als Zuckerersatz
11.12.2024
dTIPP: Top 5 Weihnachtsgewürze für Backwaren
09.12.2024dKOMMENTAR: Zeitenwende durch künstliche Intelligenz
05.12.2024dNEWS: Café crème-Gastropreis wieder gestiegen
04.12.2024dFORSCHUNG: Veganer Eiweissschaum-Ersatz aus Erbsen
02.12.2024dTIPP: Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen aber noch geniessbar
01.12.2024dNEWS: Alkoholfreies Bier weiterhin im Trend
29.11.2024dWISSEN: Bei Marzipan und Krokant auf Nachhaltigkeit achten
27.11.2024dTIPP: Hype um Dubai-Schokolade - selber machen statt Schlange stehen
26.11.2024dFORSCHUNG: Futterprägung durch Zuckerkonsum beim Kleinkind
23.11.2024dSAISON: Zwiebel in einer Produktionskrise
22.11.2024dNEWS: Preisschwankungen nicht wegen Nahrungsmittel-Spekulation
21.11.2024dNEWS: Promarca prämiert innovativste Lebensmittel
15.11.2024dWISSEN: Vielseitige Reissorten
14.11.2024dNEWS: Beat Eggs als «Metzger des Jahres 2024» ausgezeichnet
12.11.2024dNEWS: Revision der NOVA-Verarbeitungsgrad-Klassifikation
11.11.2024d FORSCHUNG: Fermentierte Apfelblüten als Functional Food
07.11.2024dNEWS: Hohe Gesundheitsgefahr durch Coffeinpulver-Überdosierung
05.11.2024dNEWS: Veganes darf Wurst oder Schnitzel heissen gemäss EuGH
04.11.2024dSAISON: Herbstrübe nicht nur für Räbeliechtli
03.11.2024dNEWS: Offiziell beste Bäcker-Konditor-Confiseur-Produkte prämiert
31.10.2024dNEWS: Bundesrat verabschiedet Anti-Foodwaste-Massnahmen
30.10.2024dNEWS: Migros senkt Obst/Gemüse-Preise und fördert Eigenmarken
24.10.2024dTREND: Teigwaren aus Schweizer Dinkel legen zu
23.10.2024dWISSEN: Maniok und Yamswurzel richtig verarbeiten
20.10.2024dTIPP: Gastromesse Goûts & Terroirs 2024
17.10.2024dTIPP: Swiss Bakery Trophy 30.10.-3.11.2024
©opyrights ...by ask, ralph kradolfer, switzerland