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.BÄCKEREI: Brot-Herkunftsdeklaration: Mehr Transparenz, mehr Aufwand?
Seit 1.1.2024 muss das Herkunftsland von Backwaren deklariert werden. Die neue Regelung soll Transparenz schaffen, bringt aber administrativen Aufwand mit sich.



Beeinflusst die Kennzeichnung das Kaufverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten tatsächlich?


Seit dem 1. Februar 2024 gilt in der Schweiz eine neue Deklarationspflicht für Brot und Feinbackwaren im Offenverkauf. Bäckereien, Gastronomiebetriebe, Grossverteiler, Discounter und auch Tankstellenshops müssen das Herkunftsland der angebotenen Brot- und Feinbackwaren schriftlich angeben. Ein Jahr hatten die Betriebe Zeit, sich auf die Neuerung vorzubereiten – seit Ende Januar 2025 ist nun auch diese Übergangsfrist abgelaufen. Doch wie wird die Vorschrift in der Praxis umgesetzt? Welche Herausforderungen entstehen für Bäckereien? Und nehmen die Konsumenten die neue Kennzeichnung überhaupt wahr?

Die Umsetzung der neuen Vorschrift lief in den meisten Betrieben reibungslos. «Wir haben unsere Mitglieder im Vorfeld umfassend informiert – bisher haben wir wenig Rückmeldungen erhalten, gehen also davon aus, dass die Umstellung gut umsetzbar ist», erklärt Urs Wellauer-Boschung, Direktor des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbands (SBC). Allerdings bleibt der administrative Aufwand eine Belastung für die Branche. «Die Deklaration ist aber gut umsetzbar, sofern man nicht jedes einzelne Produkt ausloben muss», ergänzt der SBC-Direktor.

Ein kritischer Punkt ist die Umsetzung bei Feinbackwaren, weil sie über die gesetzliche Deklarationspflicht hinausgeht: «Es ist vor allem bei diesen Produkten eine sehr grosse administrative Herausforderung, wenn auch die Swissness korrekt ausgelobt sein soll», so Urs Wellauer-Boschung weiter. Dennoch sieht er klare Vorteile in der neuen Regelung – obwohl die Wirtschaftlichkeit schwer abzuschätzen sei. «Die Transparenz bei den Backwarenimporten und die nun klaren Vorschriften sind positiv», betont er aber.



(Comic: LID)


Aber nehmen die Kundinnen und Kunden die neue Kennzeichnung überhaupt wahr? Thomas Brunner, Professor für Konsumentenverhalten an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, sieht in der Herkunftsdeklaration eine Chance. «Regionalität ist ein starker Trend – man spricht sogar davon, dass Regionalität das neue Bio sei», erklärt er. Konsumentinnen und Konsumenten, denen Schweizer Qualität wichtig ist, könnten ihr Kaufverhalten entsprechend anpassen. «Ich denke, dass vor allem Personen, denen heute schon Schweizer Qualität wichtig ist, auch beim Brot und anderen Backwaren auf die Schweiz als Herkunftsland achten werden», erläutert Thomas Brunner.

Allerdings gebe es auch eine andere Konsumentengruppe, die sich von der Flut an Labels und Informationen überfordert fühlt. «Diese Gruppe blendet solche Informationen einfach aus», so Thomas Brunner. «Allerdings würde ich weniger von einer Überforderung sprechen, sondern eher von einer Interessenslage, die dazu führt, dass man die Informationen nutzt oder eben nicht», ergänzt er.

Er schätzt die Zahlungsbereitschaft für Schweizer Backwaren als moderat ein: «Die Zahlungsbereitschaft variiert je nach Produktkategorie und beträgt für Früchte und Gemüse rund 20 Prozent, für Fleisch und Käse kann sie noch deutlich höher sein – ich denke, für Backwaren wird sie sich in der Grössenordnung von Früchten und Gemüse bewegen, vielleicht auch etwas darunter», erklärt er. Ganz so einfach einzuschätzen ist dies aber nicht, da auf diese Produktgruppe bisher wenig geachtet wurde und da es sich um verarbeitete Produkte handelt: «Somit könnte die Zahlungsbereitschaft für Brot auch etwas höher ausfallen als für stärker verarbeitete Backwaren», sagt Thomas Brunner.

Regionalität statt Swissness?

Obwohl die neue Deklarationspflicht auf die Herkunft des Brotes abzielt, setzen viele Bäckereien daneben vor allem auf Regionalität. «Mit der Regionalität und dem Lokalen erreichen sie in der Werbung mehr und können sich besser gegenüber der Konkurrenz abheben», erklärt Urs Wellauer-Boschung.


Die Anforderungen für die Marke «Schweizer Brot» sind hoch: Mindestens 80 Prozent der Rohstoffe müssen aus der Schweiz stammen, wobei mindestens Suisse-Garantie-Qualität gefordert wird. Gerade bei schlechter Ernte oder Engpässen könnten diese Kriterien zur Herausforderung werden.


Urs Wellauer-Boschung sieht in der neuen Vorschrift trotzdem einen Vorteil für die Schweizer Backbranche: «Die gesetzliche Vorschrift fordert explizit die Auslobung des Produktionslandes Schweiz – für unsere Mitglieder ist es sehr gut, dass nun die Importe deklariert werden.» Doch die Politik muss sich laut ihm stärker mit der Branche abstimmen, um praxisnähere Lösungen zu finden: «Indem die Politikerinnen und Politiker die Branchen abholen, bevor ein neuer Vorstoss eingereicht oder Änderungen beschlossen werden», fordert er.

Die neue Deklarationspflicht sorgt für mehr Transparenz auf dem Brotmarkt und sensibilisiert die Konsumentinnen und Konsumenten für die Herkunft ihrer Backwaren. Für viele Bäckereien bedeutet sie jedoch auch einen administrativen Mehraufwand. Die Wahrnehmung durch die Konsumenten ist unterschiedlich – während einige gezielt auf Schweizer Produkte setzen, bleibt die Herkunft für andere eine Nebensache. Ob die Vorschrift langfristig das Kaufverhalten verändert, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. (LID)
(gb)

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