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.BÄCKEREI: Weizen und Dinkel aber auch Gerste, Hafer, Hirse etc
Nicht nur die brotback-fähigen Getreide wie Weizen, Dinkel und Roggen sind wichtig für die Bäckerei sondern auch Gerste, Hafer, Mais und HIrse.



Von allen Getreidearten hat hierzulande – aber auch in vielen anderen Ländern – der Weizen die grösste Bedeutung:


Kaum ein anderes Nahrungsmittel wird von uns jeden Tag so ausgiebig und vielseitig genutzt wie Getreide. Es ist seit Jahrtausenden eines unserer Hauptnahrungsmittel. Der Begriff „Getreide“ ist die Sammelbezeichnung für landwirtschaftlich kultivierte Pflanzenarten aus der Familie der Süssgräser. Sie tragen einsamige Früchte, die wir als Körner bezeichnen. Heute sind weltweit sieben Getreidearten wirtschaftlich bedeutend: Weizen, Gerste, Hafer, Roggen, Hirse, Mais und Reis.

Als nächstes unterscheiden wir Hart- und Weichweizen. Hartweizen wird auch Durumweizen genannt. Seine Körner sind sehr hart und bei der Vermahlung entsteht hauptsächlich Griess sowie circa 10 Prozent Hartweizenmehl. Durch den hohen Proteingehalt mit hoher Qualität eignet sich Hartweizengriess hervorragend für die Herstellung von Teigwaren. Hartweizen lässt sich ebenfalls gut zu Couscous und Bulgur verarbeiten sowie der Griess zu Knödeln, Klössen und Gnocchi. In der Bäckerei finden Hartweizenmehle eher nur in Anteilen als Mischung mit Weichweizenmehl Verwendung. Weichweizen ist das Brotgetreide schlechthin. Seine Mahlerzeugnisse eignen sich optimal zum Brotbacken und um Pfannkuchen, Kekse, feines Gebäck oder Kuchen herzustellen.

Weizenmehl gibt es in folgenden Mehltypen: 405, 550, 1050, 1600, Backschrot 1700 und Vollkorn. Die Zahl gibt den Aschegehalt – also den Mineralstoffgehalt – des Mehls an, nicht die Feinheit des Mehles. Grob gesagt gilt für alle Getreide, je grösser die Typenzahl, desto mehr wurde vom gesamten Korn vermahlen, desto höher ist der Mineralstoffgehalt. Ein klassisches helles Weizenbrötchen oder Weissbrot wird beispielsweise mit Weizenmehl der Type 550 gebacken. Das immer noch recht helle Mehl der Type 1050 hat bereits doppelt so viel Ballaststoffe und zwei Prozent mehr Eiweiss als Brötchenmehl der Type 550, und wird oft als Brotmehl verwendet.

Vollkornmehl und -schrot müssen die gesamten Bestandteile der gereinigten Körner, einschliesslich des Keimlings, enthalten. Die Körner dürfen jedoch vor der Verarbeitung von der äusseren Fruchtschale befreit sein. Wird ein Brot beziehungsweise Kleingebäck als Vollkornbrot oder -brötchen bezeichnet, so müssen gemäss den Leitsätzen für Brot und Kleingebäck mindestens 90 Prozent des Getreides als Vollkorn enthalten sein.

Bezüglich des Nährwerts hat das ganze Weizenkorn durchschnittlich pro 100 Gramm folgendes: 306 Kilokalorien, 11,4 Gramm Protein, 1,8 Gramm Fett, 61 Gramm Kohlenhydrate und 13 Gramm Ballaststoffe. Bei den Mineralstoffen sind etwa die Gehalte an Kalium, Magnesium, Zink und Eisen nennenswert. Bei den Vitaminen sind es insbesondere die Vitamine der B-Gruppe. Weizenkeime – und damit auch Weizenkeimöl – sind zudem reich an Vitamin E. Die positiv bewerteten Inhaltsstoffe befinden sich vor allem nahe der Schale, beziehungsweise im Keimling. Folglich sind Vollkornprodukte und Mehle mit hoher Typenzahl ernährungsphysiologisch besonders wertvoll.

Trendgetreide Dinkel

Dinkel (Triticum aestivum ssp. spelta) gehört zur grossen Weizenfamilie. Es ist die dem klassischen Brotweizen am engsten verwandte Getreideart. Da man keine Wildformen kennt, geht die Wissenschaft davon aus, dass Dinkel aus einer Kreuzung von Weizen und Emmer auf natürliche Weise im Feld entstanden ist. Zwar ist Dinkel noch nicht so stark züchterisch verändert und beeinflusst worden, eine Einordnung unter „Urgetreide“ wäre aber kaum gerechtfertigt: Die ältesten Sorten die es gibt sind vielleicht 100 bis 200 Jahre alt, werden aber heute nicht mehr angebaut.



UrDinkel ist nicht mit Weizen gekreuzt und stammt immer aus Schweizer Anbau. Die Marke ist geschützt. In den letzten 20 bis 30 Jahren wurde Dinkel als hochwertiges, schmackhaftes und vielseitiges Getreide wiederentdeckt und erlebt seitdem eine Renaissance, Tendenz stark steigend. Die Werbung verspricht ein nussiges Aroma.


Im Mittelalter war Dinkel, auch „Schwabenkorn“ genannt, ein wichtiges Nahrungsmittel. Er verlor erst im frühen 20. Jahrhundert an Bedeutung, vor allem wegen des geringeren Kornertrags pro Fläche im Vergleich zu Weizen. Ausserdem ist im Gegensatz zu Weizen noch ein weiterer Arbeitsschritt nötig, um das Korn aus den festsitzenden Hüllspelzen zu befreien. Die Verwendung beschränkte sich früher fast ausschliesslich auf Grünkern; das ist unreifes, gedarrtes Dinkelkorn.

Grundsätzlich kann man bei nahezu allen Rezepten Weizenmehl durch Dinkelmehl ersetzen. Allerdings ist auch bei der Verarbeitung von Dinkelmehl das Know-how des Bäckers gefragt. Dinkel verfügt über einen höheren Klebergehalt als Weizen, allerdings mit anderen Eigenschaften: elastischer, mit weniger Dehnwiderstand und geringerer Teigstabilität. Dinkelteige sollten beispielsweise im Vergleich zu Weizenteigen weniger intensiv geknetet werden und die geringe Wasseraufnahmefähigkeit von Dinkelmehl muss mit Hilfe von Vorteigen oder Brühstücken gesteigert werden.

Beim Backen mit Vollkornmehlen muss ohnehin mehr Flüssigkeit zugesetzt werden, ganz klassisch zum Beispiel über ein Brühstück. Dazu werden 10 bis 20 Prozent des Vollkornmehls mit der gewichtsgleichen Menge kochendem Wasser übergossen, so dass die Stärke teilweise verkleistert. Das aufgenommene Wasser erhöht dann die Teigausbeute. Dinkelmehl gibt es in den Mehltypen 630, 812 sowie 1050 und als Vollkornmehl.

Obwohl viele denken, dass sie keinen Weizen wohl aber Dinkel vertragen, konnten intensive wissenschaftliche Studien dieses Phänomen bisher nicht erklären. Möglicherweise hängt die Verträglichkeit eher mit dem Herstellungsprozess (Stichwort: lange Teigführung) als mit dem Getreide selbst zusammen.

Aromatische Roggenbrote dank Sauerteig

Es gibt fünf Roggenmehltypen: 815, 997, 1150, 1370 und 1740. Dazu kommen noch Roggenvollkornmehl und -vollkornschrot sowie das Backschrot Type 1800, das keinen Getreidekeimling mehr enthält. Je höher die Typenzahl, umso dunkler und gehaltvoller (respektive Mineralstoffe) ist das Mehl. Anders als bei den Typenmehlen sind für Vollkornmahlerzeugnisse bewusst keine Mineralstoff-Korridore festgelegt; denn die natürlichen Gehalte des ganzen Korns „vom Feld“ können stark schwanken.

Roggen und Sauerteig werden stets im gleichen Atemzug genannt. Aber warum benötigen Roggenbrote überhaupt Sauerteig? Roggen enthält deutlich weniger Klebereiweiss Gluten als Weizen, aber dafür mehr Pentosane. Diese Ballaststoffe können grosse Mengen Wasser binden und sorgen zusammen mit Stärke durch Verkleisterungen für ein lockeres, stabiles Teiggerüst. Allerdings enthalten Roggenmehle in der Regel mehr stärkeabbauende Enzyme (Amylasen) als Weizenmehle, welche die verkleisternde Stärke schnell abbauen können. Ungünstigerweise fallen beim Roggen die Verkleisterungstemperatur der Stärke mit der maximalen Enzymaktivität der Amylasen zusammen.

Werden die Amylasen nicht gehemmt, kommt es zu einem Abbau des Stärkegerüsts, was wiederum dazu führt, dass nicht mehr genug Teigwasser gebunden werden kann – das Backergebnis wäre ausgesprochen unbefriedigend. Die klassische Lösung: der Sauerteig! Durch eine Säuerung wird die Aktivität der mehleigenen Enzyme durch Verschiebung unterhalb des pH-Optimums gehemmt. Durch die Zugabe von Salz wird zusätzlich die Verkleisterungstemperatur der Roggenstärke um 5 bis 10 Grad Celsius erhöht, was sich ebenfalls stabilisierend auswirkt.

Die Leitsätze für Brot und Kleingebäck definieren Sauerteig als einen Teig, dessen Mikroorganismen (zum Beispiel Milchsäurebakterien und Hefen) sich in aktivem Zustand befinden oder reaktivierbar sind. Ein Sauerteigstarter – auch Anstellgut – genannt, dient zur „Impfung“ des Hauptteigs. Die Mikroorganismen verstoffwechseln die Stärke aus dem Mehl und bilden dabei Säuren und Kohlenstoffdioxid, wodurch das Brot in der Backphase gelockert wird.

Sauerteig züchten und damit Brot backen ist anspruchsvoll und zeitaufwendig. Einfacher geht es mit einem professionell erstellten und gekauften frischen Sauerteig, mit dem man zudem auch noch eine eigene Sauerteigkultur anstellen kann. Eine weitere Möglichkeit ist getrocknetes Sauerteigpulver. Die darin enthaltenen Mikroorganismen sind allerdings nicht mehr sehr aktiv und liefern lediglich den kräftigen Geschmack; für die Triebwirkung muss Hefe zugesetzt werden. Es gibt heute auch moderne enzymschwache Roggenmehle, mit denen es grundsätzlich möglich ist, auch ohne Säuerung und nur mit Hefe zu backen. Der Einsatz von Sauerteig ist dann weniger eine Frage der Krumenstruktur und -elastizität, sondern vorwiegend der Aromabildung. Und das Aroma ist schliesslich das, was ein klassisches Roggenbrot ausmacht.

Schmackhafte Gerste

Gerste (Hordeum vulgare) ist wohl die erste vom Menschen kultivierte Getreideart. Ihre frühesten Nachweise im Vorderen Orient lassen sich auf rund 10.000 Jahre zurückdatieren. Hierzulande hatte das robuste Getreide bis ins 16. Jahrhundert hinein eine dominierende Rolle als ertragreiches Viehfutter und sättigendes Nahrungsmittel.

Es gibt aus Gerste auch Vollkornmehl und Flocken zu kaufen, aber daraus alleine kann man kein Brot backen. Gerste gehört – gemäss den Leitsätzen für Brot und Kleingebäck – deshalb auch nicht zu den Brotgetreidearten, sondern zu „Sonstiges Getreide“. Allen Nicht-Brotgetreidearten ist gemeinsam, dass ihre Proteine keinen Kleber bilden können. Im Backwarenbereich gibt es deshalb nur Mehrkornbrote mit geringen Mengen Gerstenmehl. 20 Prozent ist die Untergrenze, wenn das Produkt noch „Gerste“ im Namen führen soll. Als backtechnische Obergrenze werden 30 Prozent angesehen, wenn die Brote bezüglich Volumen und Krumenqualität die üblichen Anforderungen von Bäckern und Konsumenten erfüllen sollen.

Gesunder Hafer

Neben der Optik hat Hafer eine weitere Besonderheit: Die Körner sind fest von Spelzen umschlossen, die sich im Drusch nicht voneinander trennen lassen. Die Herstellung von Hafererzeugnissen für die menschliche Ernährung ist eine Sache für Spezialisten, denn es sind besondere schälmüllerische Verfahren und Geräte nötig. Es gibt zwar auch „Nackthafer“-Sorten ohne Spelzen, die jedoch nur selten angebaut werden.

In der Backstube spielt Hafer eine untergeordnete Rolle: Als Nicht-Brotgetreide sind seine Proteine nicht zur Kleberbildung fähig, so dass eine alleinige Verarbeitung zumindest schwierig ist. Haferflocken (auch angequetschte Haferkerne) liefern aber als Teigzutat recht gute Backergebnisse. Gerade die Flocken bringen aufgrund der Röststoffe ein interessantes Geschmacksprofil mit und dienen als Topping auf Backwaren.

Mais und Hirse

Mais kommt hierzulande überwiegend verarbeitet in Form von Cornflakes, Maisgriess, Popcorn und Stärke in den Handel. Er dient ausserdem als Rohstoff für das Vitamin E-haltige Maiskeimöl. Seltener ist er als ganzes, getrocknetes Korn erhältlich. Maismahlerzeugnisse sind Maismehl und Maisgriess, oft auch als Polenta-Griess bezeichnet, da er fast ausschliesslich zum Kochen von Polenta verwendet wird. Da Mais kein Gluten enthält, fehlt das für das Backen wichtige Klebereiweiss, welches Gebäcke aufgehen lässt.

Gleichwohl wird Mais in Südeuropa und Amerika als ,Brotmehl` genutzt, wobei es viele regionale Rezeptunterschiede gibt. Maisbrote haben eine eher krümelige Textur und ähneln einem Rührkuchen. Mehle und Griesse unterschiedlicher Granulation können sehr gut für alle möglichen Backwerke genutzt werden, die nicht aufgehen müssen: Klösse, Pfannkuchen, Kekse, Kroketten und Tortillas, die bekannten aus Maismehl gebackenen Fladen.

Hirse hat, verglichen mit anderen Getreidearten, den höchsten Eisengehalt. Das Hirsekorn ist von einer harten Schale, sogenannten Spelzen, ummantelt. Das Furchtkorn selbst wird von einer harten, kieselige Fruchtschale umhüllt. Beide Schalen werden vor der Verwendung als Lebensmittel entfernt. Im Handel ist Hirse überwiegend als ganzes Korn oder in Form von Hirseflocken erhältlich. Sie lässt sich ähnlich wie Reis als Beilage zu Gerichten, für Aufläufe oder süsse Speisen wie zum Beispiel Milchbrei, verwenden. (BZfE)
(gb)

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