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.Bäckerei: Plädoyer für modernen Brotweizen
Einige US-amerikanische Bestseller-Autoren bezeichnen „modernen“ Weizen als Krankmacher, Stichworte: FODMAPs, gluten. Die Universität Hohenheim kontert mit wissenschaftlichen Argumenten und Studienergebnissen.


„Macht Weizen wirklich krank?“ lautete das Thema eines Online-Seminars der Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung e.V. (AGF) Mitte Mai 2021. Friedrich Longin von der Universität Hohenheim beleuchtete aktuelle Fragen rund ums Brotgetreide Nummer Eins. Unbestritten gibt es anerkannte medizinische Zusammenhänge zu Krankheitsbildern wie Zöliakie, Allergie oder Sensitivität, die jedoch jeweils nur eine sehr begrenzte Anzahl von Menschen betreffen: „Deutlich über 90 % der Weltbevölkerung haben keinerlei Weizenprobleme“, sagte Longin.

Der Fokussierung einiger US-amerikanische Bestseller-Autoren auf „modernen“ Weizen als Krankmacher trat der Hohenheimer Professor mit wissenschaftlichen Argumenten und Studienergebnissen entgegen. Die vielfach postulierte Hypothese vom „guten alten Weizen“ sei aus agrar-biologischer Sicht falsch, wie Longin anhand aktueller Untersuchungsergebnisse beispielhaft zeigte.

Der durchschnittliche Glutengehalt von „modernem“ Brotweizen sei niedriger als bei den alten „Urgetreide“-Arten Dinkel, Emmer und Einkorn. Neuere Weizensorten enthielten im Mittel mehr Ballaststoffe als früher, was jüngst z. B. für die vom Mikrobiom verwertbaren Fraktionen der Arabinoxylane und beta-Glucane nachgewiesen werden konnte.

Mit dem Statement „Wir essen nicht Weizen, sondern Brot“ leitete der Referent zu einem Sachverhalt über, mit dem sich die Forschung in Hohenheim aktuell intensiv beschäftigt: die FODMAPs. Dabei geht es um den möglichen Einfluss von fermentierbaren Oligo-, Di- und Monosacchariden (und Polyolen) auf die Darmgesundheit (= positiv) bzw. als Auslöser für die Beschwerdesymptomatik von Reizdarmpatienten (= negativ).

Das macht wissenschaftlich eine differenzierte Betrachtung notwendig. Fructane als Oligo-(und Poly-) Saccharide der Fructose gehören zu den Hauptvertretern dieser Stoffgruppe bei Getreide. Die Analytik zeigt, dass Weichweizen und Emmer mit etwa 1 g/100 g Trockenmasse vergleichsweise niedrige Fructangehalte aufweisen, bei Dinkel und Einkorn liegen sie um die Hälfte bzw. das Doppelte höher.

Aber für Betroffene hat Longin eine gute Nachricht aus der angewandten Getreidewissenschaft: Schon Gärzeiten von zwei Stunden bei der Teigbereitung mit Hefe reduzierten die FODMAP-Gehalte im Brot um mehr als die Hälfte.

Sein Plädoyer für den Weizen: „Weizen macht nur wenige krank, vielmehr ist Weizen nicht umsonst als Nahrungsmittel so bedeutend und für die Ernährung einer Weltbevölkerung von demnächst über neun oder zehn Milliarden Menschen nicht ersetzbar.“

Züchtungsbedingt – und ohne Gentechnik – wiesen unsere heutigen Weizensorten eine bessere Resistenz gegenüber getreidetypischen Pflanzenkrankheiten auf. Der prozentuale Anteil von „gesunden“ Sorten am heimischen Weizensortiment sei in den letzten beiden Dekaden um 40 Prozent gestiegen: „Das ermöglicht einen reduzierten Pestizideinsatz und senkt das Risiko, dass Körner mit Pilzen bzw. Pestiziden belastet sind.“

Praxisnaher Wissenstransfer ist dem Hohenheimer Wissenschaftler wichtig und er stellt daher seine Ergebnisse auf einer eigenen Website online: https://beckawissen.de/. Weitere Informationen: https://weizen.uni-hohenheim.de (BZfE)
(gb)

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