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Caramel: trendig und weltweit vielseitig
Von Bonbon über Creme bis Biscuit und Torte: Caramel ist beliebt und kann als einziges Aroma selber hergestellt werden.


Caramelisierung ist in der Konditorei allgegenwärtig, wo Temperaturen über 150 Grad herrschen in Anwesenheit von zuckerhaltigen Zutaten d.h. beim Backen und Rösten. Erwünscht ist die Caramelisierung z.B. bei der Herstellung der Honig-Nuss-Füllung der Nusstorte, beim Freiburger Nidelkuchen und beim Tarte Tatin, wo man Apfelschnitze caramelisiert.

Auch in der Confiserie ist caramelisierter Zucker eine Hauptzutat der traditionellen Pralinémasse aus püriertem Krokant, eine Zutat von Gianduja (eine andere ist Schokolade). Krokant wird hergestellt durch Rösten von Nüssen oder Mandeln mit Zucker, der dabei caramelisiert.


Dessertteller zum Motto: Caramel in vielseitiger Anwendung. Unten links: die trendige Crème Catalane


Das Caramelaroma ist aber auch als eigenständiges Aroma attraktiv wie viele beliebte Süsswaren und Desserts bezeugen vom Caramelbonbon über Caramelfüllungen und Caramelcreme bis zu Caramelglace und –biscuits. Kürzlich lancierte Lindt eine Lindorkugel mit Caramelfüllung. International bekannt ist das «Karamellgebäck» der belgischen Firma Lotus. Und Milchcaramel-Varianten kennt man von Russland bis Lateinamerika, dort Dulce de Leche genannt oder Manjar. In Ecuador beispielsweise gibt es mehr Cremeschnitten mit Caramel- als Vanillecreme.



klassisch und edel: im Caramelsirup gekochte Birne. Die dezente Säure harmoniert gut mit Caramel, das sonst nicht mit sauren Zutaten kombiniert wird.


Caramel gehört zu den «warmen» Aromen, die man normalerweise nicht mit Säuren kombiniert. Aber aus Tradition und weil der Rohstoff Zucker ist, harmoniert Caramel mit süssen Applikationen. Obwohl moderne Köche heute mit extravaganten Mariages experimentieren und z.B. auch Lachsfilet in Caramel garen. Und Ausnahmen bestätigen die Regel: In Norwegen aromatisiert man Käse mit Caramel.

Zur traditionellen Herstellung von Caramel wird Kristallzucker (Saccharose) unter ständigem Rühren trocken in einer Pfanne auf starkem Feuer erhitzt. Sobald der Zucker schmilzt dauert es nur wenige Sekunden, bis Caramel entsteht, der eine dunkle Farbe annimmt – dies verlangt ständige Aufmerksamkeit. Damit die Masse anschliessend nicht erstarrt, kann sie mit heissem Wasser abgelöscht und so zu einem Sirup aufgelöst werden.


Kristallzucker beginnt bei etwa 135 °C zu schmelzen, noch ohne sich zu verfärben. Der entstehende «schwache Bruch» wird in der Konditorei für glasierte Früchte, Spinnzucker und Dekors verwendet. Caramelisieren setzt bei Temperaturen ab 150 °C ein, für goldbraunen Caramel, den «starken Bruch», sind Temperaturen von 180 bis 200 °C notwendig. Erkalteter Caramel ist durchscheinend und von glasartiger, hart-brüchiger Konsistenz.

Vielseitige Verwendung

Caramel wird für Saucen und Desserts (z.B. Crème brûlée) verwendet oder als Hauptzutat für Süsswaren wie Hartcaramel (z.B. Bonbons, Lutscher) und Weichcaramel (z.B. Caramel mou, Fudge, Toffee). Ferner dient Caramelsirup als Topping für Glacé oder Kaffeegetränke. In der Küche boomt das Abflämmen mit dem Bunsenbrenner, so etwa um rationell den Zucker auf der Crème Catalane zu bräunen.


Caramelisieren mit dem Bunsenbrenner ist «in» und rationeller als mit dem Salamander-Grill


Rahmcaramel wird im Gegensatz zum reinen Zucker-Caramel aus Butter, Kristallzucker und Rahm hergestellt. Durch den Zusatz von Rahm wird das sonst klare und sehr harte Caramel weich und trüb, wodurch das Mundgefühl angenehmer wird.

Da Milch oder Rahm Milcheiweiss und Lactose liefert, läuft parallel zur Caramelisierung die sogenannte Maillard-Reaktion ab, ebenfalls eine Bräunung aber chemisch eine völlig andere Reaktion: Proteine reagieren dabei in der Hitze mit reduzierenden Zuckern wie Lactose, Glucose oder Fructose. Dabei reichen schon weniger hohe Temperaturen, aber bei beiden Prozessen gilt: je stärker desto dunkler wird die Farbe und desto bitterer der Geschmack. Im Extremfall schlägt die Reaktion in Verkohlung um.

Caramel ist fast weltweit eine traditionelle Aromatisierung, da jeder Confiseur oder auch jede Hausfrau die nötigen Rohstoffe wie Zucker und Milch besitzt und für die Herstellung ein Kochgerät ausreicht. Caramel wird nicht wie sonst üblich aus Rohstoffen extrahiert oder destilliert sondern durch Hitze gebildet, allenfalls mit einem Reaktionsbeschleuniger wie Natron (Natrium-Hydrogencarbonat). In der Aromabranche spricht man daher von einem Reaktionsaroma.


Tuiles, eine Westschweizer Caramel-Mandel-Biscuit-Spezialität. Hier von der Freiburger Bäckerei Marchon et Favre Sàrl.


Von Land zu Land sind die Variationen jedoch stark verschieden: In Franchreich und in der Westschweiz kocht man Caramel für Crème brûlée, Bonbons, Biscuits (zB Tuiles), Pralinéfüllungen und sogar Torten (zB Tarte Tatin). Auch das Rezept der Engadiner Nusstorte mit caramelisiertem Honig stammt ursprünglich aus Frankreich.



Nidelkuchen der Murtener Bäckerei Aebersold. Der Doppelrahm wird in mehreren Schichten aufgetragen und soll beim Backen leicht caramelisieren.


Im angelsächsischen Raum stellt man Fudge und Toffes her, und vor allem in den lateinamerikanischen Ländern ist Caramel allgegenwärtig als Dulce de leche (Milchcaramel). Eine ähnliches Produkt ist auch in Russland beliebt. Auf der ganzen Welt findet man gebrannte Mandeln.

Dulce de leche

Dulce de leche («Milchdessert») ist ein in ganz Lateinamerika verbreitete Süssware in diversen Verwendungen wie Bonbon, Brotaufstrich oder Creme, hergestellt aus Milch, Zucker und Vanille. Ausserdem ist es eine Zutat in Pudding, Flan, Glacé oder als Füllung von Torten. Im Jahre 2003 versuchte Argentinien den Dulce de leche als Weltkulturerbe bei der UNESCO anzumelden. Da Uruguay dagegen protestierte, unternehm die UNESCO bis jetzt nichts. Auch in Frankreich kennt man diese Produktart als Confiture de lait.

Das Rezept: 1 Liter Milch, 250 Gramm Zucker, Vanilleessenz. Die Milch wird bei niedriger Hitze unter ständigem Rühren gekocht, bis die gewünschte Konsistenz und Farbe erreicht sind. Die Zusammensetzung von Dulce de leche: max. Zuckergehalt: 40%, max. Flüssigkeitsgehalt: 30%, mind. Gehalt an Milch: 24%, mind. Gehalt an Milchfett: 6%.

Fudge und Toffee

Fudge ist ein Caramel-Konfekt aus Zucker, Butter, Milch und/oder Rahm. Die Kochtemperatur liegt bei 112 bis 116 °C. Die warme Masse wird mit Vanille, Honig oder anderen Stoffen aromatisiert, bevor sie in einer flachen Form abkühlt. Erkaltet kann Fudge in mundgerechte Stücke geschnitten werden. Die so hergestellten weichen Bonbons sind mürbe und weich. Sie werden häufig mit Schokolade gecoatet.


Englisches Fudge


Toffee ist ein aus Zucker und Stärkesirup unter Zusatz von Milchfett (mindestens 5 %) und weiteren, geschmackgebenden Zutaten (Nüssen, Früchten) bestehendes Bonbon, das sowohl in weicher als auch harter Konsistenz angeboten wird. Die Kochtemperatur liegt bei 149 bis 154 °C.

Caramel-basierte Praliné-Grundmasse

Pralinémasse ist eine Verbindung von Nüssen und Zuckercaramel. Der Zucker wird bis zum Faden (86°R/108°C) gekocht, dann werden die Nüsse dazugegeben und auf dem Feuer weitergerührt bis der Zucker caramelisiert. Danach wird die Masse mit der Walze ölig gerieben bzw püriert. Um eine feste Pralinémasse zu erhalten, wird der Grundmasse Couverture bzw Schokolade oder Kakaobutter beigefügt. Je grösser der Anteil Couverture oder Kakaobutter ist, desto fester wird die Masse.

Caramel oder Zuckercouleur?

Von der Bezeichnung Caramel abzugrenzen sind die als Zusatzstoff zugelassenen Zuckercouleure. Während Caramel als Lebensmittel(zutat) gilt, sind Zuckercouleure Farbstoffe, welche ausschliesslich zur Braunfärbung von Lebensmitteln eingesetzt werden und denen der angenehm süssliche Geschmack des Caramels fehlt.

Rezept: Gebrannte Creme

Für 4 Personen:
100 g Zucker
0,5 dl Wasser
0,5 dl Wasser, heiss
1 EL Maisstärke
5 dl Milch
1 EL Zucker
3 Eigelb
1 Ei
1 Vanillemark und Stängel


Caramelcreme alias gebrannte Creme


Zucker mit kaltem Wasser in einer weiten Pfanne aufkochen. Köcheln, bis ein braunes Caramel entsteht. Pfanne von der Platte nehmen. Caramel sofort mit heissem Wasser ablöschen und Pfanne zudecken. Pfanne auf die Platte zurückstellen und abdecken. Caramel leicht einkochen, bis es sich gelöst hat.

Maisstärke mit Milch in einem grossen Massbecher mit dem Schwingbesen anrühren. Restliche Zutaten dazugeben. Gut verrühren. Dann zum Caramel rühren. Unter ständigem Rühren mit dem Schwingbesen bei mittlerer Hitze kurz vors Kochen bringen. Vanillestängel entfernen. Crème unter Rühren auf Eiswasser oder ins kalte Wasserbad stellen. Unter mehrmaligem Rühren auskühlen lassen. Variante: Milch teilweise durch Rahm ersetzen. So wird die Crème noch feiner. Quelle: www.swissmilk.ch

Rezept: Caramel mou

Zutaten für 500 g:
350 g Zucker
5 EL Wasser
1 Zitrone, abgeriebene Schale und Saft
2,5 dl Vollrahm
60 g Honig, flüssig, oder Traubenzucker
30 g Butter, weich

Ein rechteckiges Blech mit Backpapier belegen, leicht mit Öl bestreichen. 125 g Zucker, Wasser, Zitronenschale und -saft 2-3 Minuten sprudelnd kochen. Von der Platte nehmen. Restlichen Zucker mit Rahm, Honig oder Traubenzucker in einer grossen Chromstahlpfanne unter Rühren 5 Minuten köcheln. Zuckersirup dazurühren, weitere 10-15 Minuten köcheln. Von der Platte nehmen. Butter darunter rühren. Masse ca. 17 x 17 cm gross, 7-8 mm hoch auf das Blech geben. Auskühlen lassen und kurz kühl stellen, bis sie fest ist. Ein scharfes Messer einölen, Caramel in Quadrate schneiden. Verpacken, kühllagern.

Die Zeitangaben sind Durchschnittswerte. Je sprudelnder die Masse kocht, desto schneller gehts. Die Temperatur der Caramelmasse beträgt 125 °C. Ist der richtige Zeitpunkt überschritten, wird sie körnig. Dann helfen 1-2 EL kalte Milch wieder zu Homogenität. Variante Schoggicaramel: 30-50 g gerieben Kochschokolade mit der Butter darunter rühren. Quelle: www.swissmilk.ch

Rezept: Dulce de leche, argentinisches Milchcaramel

Eine ungeöffnete Dose gezuckerte Kondensmilch mit 2 fingerbreit Wasser in den Schnellkochtopf legen. Aufkochen und 45-60 Min. unter Druck kochen. Dose ganz erkalten lassen, erst dann öffnen. Das Milchcaramel ist cremig und streichfähig. Der Druck erlaubt Temperaturen über 100 Grad im Innern, wodurch der Prozess fünfmal schneller verläuft als bei 100 Grad. Der Gegendruck gibt die Sicherheit, dass die Dose bei der hohen Temperatur nicht leckt.



Dulce de leche der Molkerei Neff in Wald ZH. Deklarierte Zutaten: Vollmilch, Zucker, Glucosesirup, Natron. Kühlpflichtig, mehrere Monate haltbar.


Dulce de leche wird in Argentinien als Aufstrich gegessen zu Toast, Brot, Waffeln, Crackers, Keksen, Muffins, Crepes, als Füllung für Torten und Gebäcke, oder zu Flan, Puddings und Glacé. (chefkoch.de)

Rezept: Tarte Tatin

Für ein Backblech von 28–30cm Ø:
wenig Butter
150g Zucker
25g Butterflöckli
1kg Äpfel (z. B. Boskoop),
geschält, Kerngehäuse entfernt, in Schnitzchen
1 ausgewallter Blätterteig (ca. 32cm Ø)

Blechboden einfetten, exakt mit Backpapier belegen. Zucker auf dem vorbereiteten Blechboden verteilen. Zucker ca. 7 Min. in der Mitte des auf 220 Grad vorgeheizten Ofens caramelisieren, bis er hellbraun ist.


Tarte Tatin, eine französische Apfelwähe, wird mit dem Belag unten und dem Teig oben gebacken und nachher gestürzt. Dadurch caramelisieren die Äpfel und der Teig wird knusprig. Lauwarm Servieren mit Schlagrahm, Vanillecreme oder Vanilleglace.


Herausnehmen, Butter auf dem Caramel verteilen, Äpfel mit den Schnittflächen nach unten und sich leicht überlappend auf den Caramel legen. Backen: ca. 20 Min. in der Mitte des auf 220 Grad vorgeheizten Ofens, herausnehmen. Blätterteig ausrollen, mit einer Gabel dicht einstechen, locker auf die Äpfel legen. Teigrand zwischen Äpfel und Blechrand drücken. Fertig backen: ca. 15 Min. Herausnehmen, ca. 2 Min. stehen lassen, sofort auf eine Tortenplatte stürzen.

Tipps:
Je nach Ofen kann sich die Caramelisierzeit verlängern.
Tarte erst kurz vor dem Servieren stürzen, damit der Teig knusprig bleibt.
Nicht heiss wenden, denn heisser Caramel-Butter-Saft ist sehr flüssig.
Boskoop zerfällt leicht, andere Äpfel bleiben in Form.
Anstelle von Äpfeln reife Birnen verwenden.
(bettybossi.ch)

(gb)

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