Foodfachzeitung im Internet
Samstag, 23. November 2024
Report
Druckansicht23.01.2010
Bündner Zuckerbäcker und Cafetiers: Historische Ausstellung bis 14.2.2010
Noch bevor die Schweiz bekannt wurde für ihren Käse und ihre Tafelschokolade machte sie mit einem anderen „Exportschlager“ Furore in ganz Europa: den Zuckerbäckern aus Graubünden. Diese prägten mit ihren Konditoreien und Kaffeehäusern den Begriff des „Schweizer Zuckerbäckers“ als Garant für Qualität und Raffinesse. Das Johann Jacobs Museum widmet diesen „süssen“ Pionieren aus den Bergen eine neue Sonderausstellung.



Das Rezept der Bündner Nusstorte stammt aus Frankreich.


Die Zuckerbäcker aus Graubünden galten über lange Zeit in ganz Europa als herausragende Vertreter ihrer Zunft. Ihr frühestes Auswanderungsziel war die Republik und Stadt Venedig, wo sie sich im Lauf des 17. Jahrhunderts etablieren konnten. Zunächst boten sie ihre Süssigkeiten direkt auf den Strassen und Gassen der Lagunenstadt feil. Sie sollen auch unter den ersten gewesen sein, die in Venedig Kaffee ausschenkten. Aus politischen Gründen mussten sie die Republik aber 1766 verlassen. Und so suchten sie sich von Spanien bis nach Russland neue Wirkungsstätten in ganz Europa.

Den Höhepunkt erreichte ihre Auswanderung zwischen 1800 und 1850. Heute lassen sich – vor allem in Italien – noch vereinzelte Konditoreien finden, die über Generationen hinweg in Bündner Hand blieben. In Konditoreien an bester Lage verführten die Bündner Zuckerbäcker die Kundschaft über Jahrhunderte mit sorgsam angefertigtem Marzipan, feinster Schokolade, kunstvollem Konfekt und Tafelschmuck, meisterhaften Kuchen, erfrischenden Limonaden, sommerlichen Eisspezialitäten, aromatischem Kaffee und anderen Köstlichkeiten.



Pfirsichsteine aus Marzipan, ein Traditionsprodukt der Churer Konditorei Bühler.


Das anspruchsvolle Metier erlernten sie, oftmals kaum den Kinderschuhen entwachsen, bei Verwandten oder Bekannten in der Fremde. Somit erstaunt es nicht, dass sich in fast jeder Bündner Familie ein Zuckerbäcker in der Ahnentafel findet.

Das Erfolgsrezept der Bündner Zuckerbäcker beruhte auf harter Arbeit und Sparsamkeit, einer ausgesprochenen Anpassungsfähigkeit an die fremden Sitten und Gepflogenheiten, geschickten Investitionsstrategien und Teilhabersystemen – und nicht zuletzt auf ihrer bemerkenswerten Vernetzung mit den Landsleuten.

Doch auch mit all diesen Zutaten versehen schafften es bei Weitem nicht alle, sich eine eigene Existenz aufzubauen. Eine gehörige Portion Glück im richtigen Moment entschied oft darüber, wer als gemachter Mann nach Hause zurückkehrte, und wer arm und von Heimweh geplagt in fremder Erde begraben wurde.


Im altehrwürdigen Café Hanselmann in St.Moritz, wo Kaffee noch im Silberkännchen serviert wird.

Mit Fotos, Tonstationen und zahlreichen Originalobjekten thematisiert die Ausstellung das traditionsreiche Handwerk der Zuckerbäcker und die Innovationslust der Bündner, die zweifelsohne auch zur unabdingbaren Allianz von Kaffee und Kuchen beigetragen hat. Beispielhaft werden zudem einzelne Schicksale von Bündner Auswanderern beleuchtet.

Das Museum über sich selbst

In wechselnden Ausstellungen vermittelt das Johann Jacobs Museum Einblicke in die faszinierende Welt des Kaffees und dessen facettenreiche Kulturgeschichte. Das seit 1984 bestehende Museum ist Teil der Jacobs Foundation. Es besitzt eine exklusive Sammlung, bestehend aus Porzellan, Silber, Grafiken und Gemälden sowie eine der weltweit bedeutendsten Bibliotheken zur Geschichte des Kaffees. Vom 27. bis 29. November 2009 feiert das Museum sein 25-jähriges Jubiläum.



Kontaktpersonen
Monika Imboden, Kuratorin
Yvonne Höfliger, wissenschaftliche Mitarbeiterin

Bündner Zuckerbäcker und Cafetiers: Historische Ausstellung noch bis 14.2.2010
Öffnungszeiten des Johann Jacobs Museums:
Freitag 14–19 Uhr
Samstag 14–17 Uhr
Sonntag 10–17 Uhr
Öffentliche Führung jeweils Sonntag, 14 Uhr

Johann Jacobs Museum
Seefeldquai 17, 8034 Zürich
Tel 044 388 61 51
team@johann-jacobs-museum.ch
www.johann-jacobs-museum.ch

(gb)

Report – die neuesten Beiträge
18.11.2024
dWelche Backwaren gesund sind und warum
10.11.2024
dSchokoladen und Branchli im Kassensturz-Test
01.11.2024
d Edle Kulturpilze: Teil 1
25.10.2024
dMarkt und Wettbewerb der Alpenprodukte in Stans
18.10.2024
dMehr Nüsse essen
11.10.2024dSwiss Cheese Awards: Schweizer Käsemeister gekürt
06.10.2024dWeihnachtsgebäck schon im Oktober?
25.09.2024dDie offiziell besten Metzgereien 2024
19.09.2024dPflanzlicher Milchersatz: umweltschonend aber nährwertärmer
08.09.2024dSchokoladeimitationen ohne Kakao im Trend
01.09.2024d Warme Schärfe dank Wasabi und Ingwer
21.08.2024dBrombeeren – wilde schmecken intensiver
14.08.2024dGlacesorten, -macharten und -trends
07.08.2024dFeige: Eine der ältesten Früchte der Welt
31.07.2024dEin Hoch auf Schweizer Bier
24.07.2024dJetzt hochwertige Beeren richtig verarbeiten
17.07.2024dFleisch kontra Ersatzprodukte - gesundheitlich betrachtet
10.07.2024dJetzt Aprikosen verarbeiten: Frische Vielfalt
03.07.2024dWie wird selbst gemachte Glace cremig?
26.06.2024dBio und Fleischersatz stossen an Grenzen
19.06.2024dMultitalente Blumenkohl und Romanesco
12.06.2024dNeuartige Kaffeealternative mit regionalen Rohstoffen
05.06.2024dHochverarbeitetes oft ungesund aber nicht immer
29.05.2024dGelungene Beefsteak-Imitation von Planted
22.05.2024d Food-Handwerker mit wissenschaftlichen Ambitionen
15.05.2024d(Un)sinn von Süssstoffen zum Abspecken
08.05.2024dZartes Fleisch – wissenschaftlich erklärt
01.05.2024dBackhefe: mehr als ein Triebmittel
24.04.2024dSchweizer Bierkultur im Wandel
17.04.2024dExotische Würzsaucen zu Grilladen
©opyrights ...by ask, ralph kradolfer, switzerland