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Druckansicht02.07.2025
So wirken Hefe und Sauerteig

Backhefe (Bild) besteht aus einem Pilz mit dem wissenschaftlichen Namen Saccharomyces cerevisiae. Diese hoch spezialisierte Hefe eignet sich besonders gut für die Fermentation von Brotteigen; denn damit lassen sich verlässlich Brot und Backwaren in gleichbleibender Qualität herstellen. Als lebender Mikroorganismus muss der Pilz in einem natürlichen Fermentationsprozess vermehrt werden.

Die industrielle Herstellung erfolgt hauptsächlich auf der Basis von Melasse, ein süsser, brauner Sirup, der als Nebenprodukt bei der Zuckerherstellung anfällt. Für Bio-Hefe wird als Kohlenstoffquelle zum Beispiel Getreide aus biologischem Anbau oder auch Bio-Melasse beziehungsweise Bio-Zucker verwendet. Die Vermehrung erfolgt durch Knospung, auch Sprossung genannt. Das Endprodukt ist eine Frischhefe, die eine hellgraue Farbe hat, einen leicht säuerlichen, typischen Geruch und einen festen Bruch. Ein Gramm Hefe besteht übrigens aus etwa zehn Milliarden einzelner, lebender Hefezellen.

Die haushaltsübliche Würfelhefe wiegt 42 Gramm. Wie kommt es zu dieser krummen Zahl? Früher bekamen die Bäcker 500-Gramm-Blöcke Hefe, die sie dann in 12 Würfel schnitten – das ergibt näherungsweise 42 Gramm pro Würfel. Diese Menge ist ausreichend, um einen Teig mit 500 bis 1.000 Gramm Mehl zu lockern. Kühl gelagert ist sie etwa zwei Wochen lang haltbar. Man kann sie auch einfrieren, beim Auftauen wird sie zwar flüssig, kann aber wie gewohnt verarbeitet werden.

Trockenhefe ist ein sehr feines Granulat, bei dem die Triebkraft weitgehend erhalten bleibt. Um frische Backhefe in einem Rezept zu ersetzen, muss ein Drittel der angegebenen Frischhefemenge in Form von Trockenhefe zugegeben werden. 42 Gramm Frischhefe entsprechen somit 14 Gramm Trockenhefe.

Bei der Teigbereitung spalten die Hefezellen den Zucker in Kohlendioxid und Alkohol. Das Gas verteilt sich als kleine Bläschen im gesamten Teig und dehnt ihn aus – der Teig geht auf, Aromen, Geschmack und der typische Hefeteigduft entwickeln sich. Der Alkohol verdunstet beim Backen. Damit dieser Fermentationsprozess wie gewünscht abläuft, brauchen die Mikroorganismen Wärme, Wasser, Nahrung (Zucker), Sauerstoff und Zeit.

Die Leitsätze für Brot und Kleingebäck definieren Sauerteig als einen Teig, „dessen Mikroorganismen (Milchsäurebakterien und Hefen) aus Sauerteig oder Sauerteig-Startern sich in aktivem Zustand befinden oder reaktivierbar sind. Sie sind nach Zugabe von Getreideerzeugnissen und Wasser zur fortlaufenden Säurebildung befähigt.“ Hefe dient als Starter für die Fermentation, die Milchsäurebakterien erzeugen den säuerlichen Geschmack. Weil die im Sauerteig ablaufende Fermentation komplexer ist, muss Sauerteig meist länger ruhen als Hefeteig.

Triebhaft sei der Sauerteig

Sauerteig wird zwar meist mit Roggenbroten in Verbindung gebracht, was grundsätzlich auch richtig ist. Sauerteige finden aber ebenfalls bei Mischbroten und Weizenbroten Verwendung; insbesondere dann, wenn sensorische Akzente gewünscht sind: Sauerteig verleiht Brot ein typisches, markantes Aroma und eine feine, saftige Textur.

Sauerteig entsteht aus Mehl und Wasser, worin sich spontan Mikroorganismen aus dem Mehl und der Umgebungsluft entwickeln: Sowohl wilde Hefen wie auch Milchsäurebakterien. Beide sind an der Aromabildung beteiligt, Hefen sorgen für den Trieb, und Milchsäurebakterien stiften die Säuren sowie ein wenig Gärgase. Doch ihre Triebkraft ist schwächer und langsamer. Säuren verbessern die Frischhaltung des Brotes, weil sie die Quellung der Proteine und Hydrokolloide verbessern und beim Backen Stärke abbauen. Sie verlängern ferner die Haltbarkeit, indem sie das Wachstum von Schimmelpilzen und fadenziehenden Bakterien hemmen.

Bei den Milchsäurebakterien unterscheidet man homofermentative und heterofermentative. Beide bilden Milchsäure, die heterofermentativen jedoch auch Essigsäure, Alkohol und Kohlendioxidgas. Das von heterofermentativen Milchsäurebakterien gebildete Gas trägt ebenso wie das von den Hefen gebildete zum Trieb bei. Sauerteige sind eine der wenigen Lebensmittel-Fermentationen mit heterofermentativen Milchsäurebakterien.

Wettbewerb der Mikroorganismen

Die Starterkulturen müssen wettbewerbsstark sein, um sich gegen die natürliche Mehlflora durchzusetzen. Denn das Mehl wird nicht wie ein Milchprodukt vorher pasteurisiert. Zur Herstellung von solchen Startern werden die Milchsäurebakterien in künstlichen Nährmedien unter sterilen Bedingungen (Reinkulturen oder Reinzuchten) oder in echten Sauerteigen gezüchtet. Die Vorteile der letzteren Methode: stabile Mikroflora, gute Säuerungsaktivität, und relativ unempfindlich gegenüber Temperaturschwankungen.

Bei Reinzuchten hingegen stammen die Bakterien zwar urspünglich aus Sauerteigen, sind aber nicht mehr optimal an die darin herrschenden Bedingungen angepasst. Sie sind weniger durchsetzungsfähig und lassen sich leicht überwuchern. Daraus folgen lange Anpassungsphasen und ein begrenzter Temperaturspielraum.

Bei der klassischen Sauerteig-Herstellung, der Drei-Stufen-Führung über 24 Stunden, lässt man wilde Hefen und Bakterien des Getreides und der Luft spontan gären. In der ersten Stufe schafft man günstige Bedingungen für die Hefen, in der zweiten für die Bakterien. Bäckerhefe sowie die meisten andern Hefestämme sind empfindlich auf die Säuren des Sauerteigs, vor allem auf die bakteriostatische Essigsäure. Milchsäure dagegen hemmt die Hefeentwicklung kaum, solange der pH-Wert nicht unter 5 fällt. Sie schützt die Hefe sogar vor Fremdkeimen. Aber bei einem einstufigen Prozess würden die Bakterien die Hefen verdrängen.

Die dritte Stufe dient der Einstellung des Verhältnisses von Essig- zu Milchsäure. Je höher die Temperatur und der Wassergehalt, desto mehr Milchsäure entsteht. Niedrige Temperaturen dagegen begünstigen die Vermehrung der Essigsäure-Bildner. Diese heterofermentativen Lactobazillen erzeugen rund 80% Milch- und 20% Essigsäure. Milchsäure ist zwar stärker, Essigsäure jedoch bei tieferer Konzentration wahrnehmbar und ergibt bei zu hohen Mengen einen stechenden Geruch.

Die Sauerteigführung ist aufwändig, aber man erzielt einen besonders charaktervollen Brotgeschmack. Die Milchsäure selbst liefert nur die säuerliche Note, aber aktive Bakterien bauen enzymatisch Protein ab und schaffen die Grundlage für Brotaromen: Die frei werdenden Aminosäuren können an der Bräunungsreaktion teilnehmen.

Normalerweise führt man einen dreistufigen Sauerteig kontinuierlich weiter: Man verwendet nur einen Teil direkt als Komponente im Brotteig und züchtet den Rest weiter für die nächste Produktion. Dazu stoppt man die Gärung entweder durch Kühlung oder Trocknung. Allerdings gibt es auch ein Schnellverfahren sprich Kurzsauer. Bei dieser reduzierten Führung züchtet man nur die Säurebildner und setzt Hefe in Form von reiner Pressehefe zu. (BZfE / GB)

Stichwort: .Bäckerei:
(gb)

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