Mehrere Hersteller von gezuckerten Produkten beteiligen sich an der Erklärung von Mailand, d.h. sie versprechen, bis Ende 2024 Zucker in ihren Produkten um 10% zu reduzieren. Dies ist viel zu wenig gemäss Ernährungsexperten. Die Empfehlung der WHO liegt bei 50g Zucker pro Tag statt den heutigen 100g. Dasselbe beim Salz: die heutige Aufnahme ist 9g pro Tag statt gemäss WHO maximal 5g.
Aber die Hersteller sind im Dilemma. Bei einigen Produktarten wie Brot, Pökelwaren und Käse gibt es für Salz technologische Grenzen oder Einbussen der Haltbarkeit und Sicherheit. Diese sind zum Teil schon ausgeschöpft. Andererseits befürchten die Hersteller Umsatzeinbussen, wenn sie den Geschmack bestehender Produkte ändern. Süssstoffe als Zuckeralternativen gäbe es zwar viele, Salzalternativen jedoch nur wenige.
Und die Ernährungsexperten lehnen Alternativen ab zum Aufrechterhalten des Süsse- bzw Salzigkeitsgrades. Sie mahnen, man solle sich an weniger Süsse und Salzigkeit gewöhnen. In der Tat ist das gewohnte Level zu hoch und man kann sich umgewöhnen – sofern Einsicht und Disziplin vorhanden sind.
Bei Senioren, die bereits Symptome wie Bluthochdruck oder Übergewicht haben, mag dies funktionieren, bei Jugendlichen jedoch kaum, und gerade diese sollten sich schon als Kinder nicht an ungesunde Dosierungen gewöhnen. Hier wären Eltern und Werbestrategen in der Pflicht. Jugendliche reagieren jedoch stark auf Preisunterschiede. Würden reduzierte Produkte günstiger verkauft, könnte man sie motivieren. Und eine einfache Methode, die Zuckeraufnahme durch käufliche Süssgetränke zu halbieren, ist sie 1:1 mit Wasser zu verdünnen. Damit nicht gleichzeitig das Aroma verdünnt wird, kann man Zitronensaft beigeben.
Die Umgewöhnung muss langsam geschehen. Es ist daher sinnvoll, dass die Hersteller in einer ersten Phase nur 10% reduzieren und dies über mehrere Jahre. Denn der sensorisch merkbare Unterschied liegt bei 10-15%. Aber sie sind nicht verpflichtet, ihre umsatzstarken Klassiker zu reduzieren. Die 10% gelten als Durchschnitt für ihr ganzes Sortiment. Mehrere werden daher lieber reduzierte Neuprodukte lancieren.
Dadurch entsteht zwar Wahlfreiheit, aber Liebhaber der (unveränderten) Klassiker profitieren nicht, und diese sind in der Mehrheit. Wenn die Hersteller ihre Klassiker mehrheitlich unreduziert belassen, ist der Effekt auf die Volksgesundheit minimal. Nur eine Minderheit von einsichtigen und disziplinierten Personen werden auf salzfreie Bouillons, ungezuckerte Joghurts und zuckerreduzierte Softdrinks wechseln. (GB)
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