Mehl ist einer der faszinierendsten Rohstoffe überhaupt. Es braucht nämlich nur Wasser, Hefe und Salz, etwas Zeit und Hitze, um aus dem «unscheinbaren, roh unbekömmlichen Pulver» ein duftendes Brot zu machen. Und doch: Mehl ist nicht gleich Mehl. Und zwar nicht nur wegen unterschiedlicher Getreidesorten oder Ausmahlungsgrade. Als Produkt der Landwirtschaft unterliegen die Inhaltsstoffe natürlichen Schwankungen, die u.a. von der Sorte, den Umweltbedingungen, dem Klima und der Bodenbeschaffenheit abhängen.
Weizenmehl gilt als das Brotmehl schlechthin dank seinem Glutengehalt. Es hat sehr gute Backeigenschaften, zudem bleiben die Brote beim Backen schön in Form. Erhältlich ist Weizenmehl in verschiedenen Ausmahlgraden. Vollkornmehl wird aus ganzen, ungeschälten Getreidekörnern gemahlen, es enthält also nebst der Kleie auch den Keimling. Der Keimling enthält Fett, daher ist Vollkornmehl nicht lange haltbar. Teige aus Vollkornmehl benötigen mehr Flüssigkeit.
Ruchmehl enthält noch einen Teil der äusseren Schalenschichten, es ist dunkler in der Farbe und enthält mehr Nahrungsfasern als Halbweiss- oder Weissmehl.
Halbweissmehl enthält noch ganz wenig Kornschale und Weissmehl (in den Rezepten einfach Mehl genannt) enthält nur noch den inneren Teil des Getreidekorns, den sogenannten Mehlkörper. Keimling und Schale (Kleie) werden vor dem Mahlen entfernt.
Dinkel war einst in unseren Breitengraden das wichtigste Brotgetreide, wurde dann aber vom ertragreicheren Weizen verdrängt. In den letzten Jahren erlebte Dinkel ein grosses Comeback. Die Backeigenschaften von Dinkel sind ebenfalls sehr gut, wenn auch die Brote mit Dinkelmehl beim Backen etwas mehr in die Breite gehen. Daher werden Dinkelbrote oft in einer Form gebacken.
Roggenmehl ist ebenfalls in verschiedenen Ausmahlgraden erhältlich. Brote aus reinem Roggenmehl werden sehr schwer und haben eine kompakte Krume. Deshalb wird Roggenmehl oft mit anderen Mehlen wie Dinkel- oder Weizenmehl gemischt. Roggenteige brauchen eine lange Teigführung. Klassisch ist auch die Sauerteigzubereitung.
Für Maismehl typisch sind die hellgelbe Farbe und der leicht süssliche, aber bittere Nachgeschmack. Mais enthält keinen Kleber. Erst durch das Beimischen von Weizenmehl wird Maismehl backfähig (1/3 Maismehl und 2/3 Weizenmehl).
Der Ausmahlungsgrad gibt an, wie viel Mineralstoffe ein Mehl enthält. Die Mehlbezeichnung mit Typennummern wird vorwiegend in Deutschland verwendet.
Typ 1900 bedeutet, dass 1 kg Mehl 1900 mg Mineralstoffe enthält, also ein Vollmehl ist.
Je mehr Schalenschichten ausgesiebt werden, desto heller wird ein Mehl.
Weissmehl: ca. 60% des Getreides oder Typ 400–600
Halbweissmehl: ca. 75% des Getreides oder Typ 650–900
Ruchmehl: ca. 85% des Getreides oder Typ 910–1100
Vollmehl: mindestens 98% des Getreides oder Typ 1900
Stark ausgemahlenes Brotmehl hat einen hohen Ausmahlungsgrad, was bedeutet, dass es mehr Schalenteile und nährstoffreiche Randschichten des Weizenkorns enthält.
Der Eiweissgehalt der Getreidekörner ist wichtig für die Backeigenschaften des Mehls. Um den Bäckern also Mehl mit guten Backeigenschaften liefern zu können, ist der Proteingehalt von entscheidender Bedeutung und somit ein zentrales Qualitätsmerkmal. Der angestrebte Proteingehalt ist je nach Getreideart unterschiedlich. Beim Brotweizen werden die Sorten anhand dieses Wertes zusätzlich in Qualitätsklassen (TOP, Klasse I, Klasse II, Biscuit- und Futterweizen) eingeteilt.
Die Enzymaktivität wird mittels Fallzahl und Amylogramm ermittelt. Ist die Enzymaktivität zu hoch oder auch zu niedrig, werden die Backeigenschaften des Mehls negativ beeinflusst. Wenn das Wetter vor der Getreideernte zu nass ist, kann das Getreide auswachsen. Das bedeutet, dass das Getreidekorn auf der Ähre zu keimen beginnt. Dadurch verringert sich die Enzymaktivität und das Getreide eignet sich nicht mehr für die Brotherstellung.
(Betty Bossi, Schweizerbrot.ch)
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