In der Debatte um die Nachhaltigkeit von Nahrungsmittelproduktion und -konsum wird häufig vorgeschlagen, den Anteil regional erzeugter Produkte zu erhöhen. Es ist aber weitgehend unbekannt, wie hoch dieser Anteil sein kann, wenn der gegenwärtige Bedarf an Nahrungsmitteln gedeckt werden soll. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Aalto (Finnland) mit Beteiligung der Universität Göttingen hat Modellergebnisse und Daten zu Produktion und Konsum von Nahrungsmitteln analysiert. Durch Anwendung eines Optimierungsansatzes minimierten die Forscher die Entfernung oder die Transportdauer zwischen Produktion und Konsum weltweit. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Food erschienen.
Das Team zeigte, dass in Abhängigkeit von den untersuchten Feldfrüchten 11 bis 28 Prozent der Weltbevölkerung ihren Bedarf regional in einem Radius von 100 Kilometern befriedigen könnte, während für 26 bis 64 Prozent der Weltbevölkerung die Entfernung zum Ort der Nahrungsmittelproduktion mehr als 1000 Kilometer beträgt. Die Hälfte der Weltbevölkerung könnte ihren Bedarf für Getreidearten aus dem gemässigten Klima wie Weizen, Gerste oder Hafer in einer Entfernung von weniger als 900 Kilometern decken, während für ein Viertel der Weltbevölkerung die minimale Entfernung mehr als 5200 Kilometer beträgt.
Demgegenüber könnte die Versorgung mit Mais regionaler erfolgen: Der globale Mittelwert der Entfernung zwischen Produktion und Konsum beträgt 1300 Kilometer. „Höhere Erträge und verringerte Nahrungsmittelverluste würden die Entfernung zwischen Produktion und Konsum von Nahrungsmitteln verringern, insbesondere in Afrika und Asien“, erläutert Prof. Dr. Stefan Siebert vom Department für Nutzpflanzenwissenschaften der Universität Göttingen, der an der Studie beteiligt war. Dennoch bleiben internationale Handelsflüsse essentiell, um den Bedarf an Nahrungsmitteln weltweit zu decken.
„Die Ergebnisse zeigen, dass Nahrungsmittel fast überall über grosse Entfernungen transportiert werden müssen, um die Versorgung der Bevölkerung bei den heutigen Ernährungsgewohnheiten sicherzustellen“, so Siebert. „Handels- oder Transportbeschränkungen, zum Beispiel als Folge der Ausbreitung von Epidemien, könnten gefährlich sein, zu Hunger führen oder die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten zwingen, sich anders zu ernähren.“ (Georg-August-Universität Göttingen)
(gb) |