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News, Tipps, …  11.07.2024
KOMMENTAR: Viel Zucker schädigt die Hirngesundheit
Zum internationalen „World Brain Day“ am 22. Juli 2024 nehmen die Deutsche Gesellschaft für Neurologie und die Deutsche Hirnstiftung Zucker als „neurotoxische“ Substanz in den Blick. „Natürlich ist es so, dass hier die Dosis das Gift macht, denn das Gehirn als Höchstleistungsorgan des Körpers benötigt Glukose, um zu funktionieren. Das ist der Grund, warum unterzuckerte Menschen ohnmächtig werden“, erklärt Prof. Dr. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung. „Doch bei einer dauerhaften Erhöhung des Blutzuckerspiegels durch zu viele und zu üppige Mahlzeiten und durch das ständige Naschen und „Snacken“ nebenbei bringen wir das Fass zum Überlaufen und befeuern die Entstehung von neurologischen Krankheiten, allem voran auch von Demenz und Schlaganfällen.“

Der Zucker-Pro-Kopf-Verbrauch lag im Wirtschaftsjahr 2021/22 bei 33,2 kg – und war damit fast doppelt so hoch wie empfohlen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) spricht sich dafür aus, dass maximal zehn Prozent der Energie aus Zucker stammen sollte. Bei 2.000 Kilokalorien (durchschnittlicher Kalorienbedarf pro Tag) sind das 50 Gramm pro Tag, also 18 kg im Jahr. Dazu zählt nicht nur der zugesetzte Zucker, sondern auch der natürlich enthaltene, z. B. in Früchten, Honig oder Säften.

Doch was macht Zucker im Gehirn? Zum einen schädigen hohe Blutzuckerspiegel die Hirngefässe und führen zu Ablagerungen an den Gefässwänden, die die Gefässe verengen und die Blutzufuhr und damit die Versorgung der Gehirnzellen mit Nährstoffen drosseln. Das kann zu verschiedenen Einschränkungen führen – je nachdem welcher Teil des Gehirns „unterversorgt“ ist – und am Ende sogar eine vaskuläre Demenz nach sich ziehen. Diese ist nach der Alzheimer-Form die häufigste Ursache einer Demenz ist.

Hinzu kommt, dass komplexe Zuckermoleküle im Gehirn, sogenannte Glykosaminoglykane, auch direkt die Kognition einschränken können. Sie beeinträchtigen die Funktion der Synapsen, den Schaltstellen zwischen den Nervenzellen und somit die neuronale Plastizität. Es handelt sich dabei um die Fähigkeit von Nervenzellen und Gehirnarealen, sich anzupassen und bei Bedarf zu erweitern, eine wichtige Eigenschaft für die kognitive Entwicklung und das Lernen. In den 2 bis 12 Stunden nach Zuckerkonsum erhöht sich zwar kurzfristig die geistige Leistungsfähigkeit, aber durch einen dauerhaften Zuckerkonsum wird die kognitive Funktion nachhaltig geschädigt.

Ausserdem gibt es noch eine indirekte hirnschädigende Wirkung von zu hohem Zuckerkonsum auf das Gehirn, via Diabetes mellitus. Seit den 90iger Jahren ist bekannt, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes ein deutlich erhöhtes Demenzrisiko aufweisen und man nimmt an, dass der Glukose-Stoffwechsel auch in den Neuronen gestört ist und so zur Entstehung der Alzheimer-Erkrankung beiträgt, zumal auch Insulin bei der Entstehung der Alzheimerplaques eine Rolle spielt [8].

Warum es schwer fällt, auf Zucker zu verzichten

Die DGN und die Deutsche Hirnstiftung raten zu einem bewussten, möglichst geringen Zuckerkonsum. Leider fällt das vielen Menschen schwer – und die Gründe dafür sind ebenfalls im Gehirn zu verorten. So konnte man nachweisen, dass schon nach einer kleinen „Dosis“ Zucker der Darm über den Vagusnerv Signale an das Gehirn sendet, um dort ein starkes Verlangen nach weiterem Zuckerkonsum auszulösen. „Das könnte der Grund dafür sein, dass manche nach einem Stück Schokolade schnell mal die ganze Tafel aufgegessen haben“, kommentiert Prof. Dr. Erbguth diese Forschungsergebnisse.

„Ausserdem wird bei Zuckerkonsum im Gehirn Dopamin ausgeschüttet, ein ‚Wohlfühlhormon‘, was dazu führt, dass man immer mehr davon haben möchte. „Es ist sinnvoll, durch weitgehenden Verzicht auf Zucker diesem Teufelskreis zu entgehen“, erklärt Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär und Pressesprecher der DGN. „Die Anstrengung lohnt sich, allein 40 % aller Demenzfälle und 90 % aller Schlaganfälle sind vermeidbar und viele von ihnen gehen auf das Konto von Industriezucker.“ Gemeinsam mit der Deutsche Hirnstiftung unterstützt die DGN die politische Forderung, Steuer auf besonders zuckerhaltige Getränke zu erheben. Doch auch viele andere Lebensmittel enthalten versteckten Zucker, wie z. B. Joghurts oder Tomatenketchup. Auch Alkohol lässt den Blutzuckerspiegel stark ansteigen. (Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.)

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(gb)
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