Für viele gelten Nahrungsergänzungsmittel als ideale Lösung, um ihre Gesundheit und Fitness zu verbessern. Eine Studie des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen hat gezeigt, dass stolze 30 Prozent der Schweizer regelmässig künstlich hergestellte Vitamine und Mineralien konsumieren. Um die Notwendigkeit von Vitaminergänzungsmitteln herauszufinden, hat die Fitnesskette PureGym mit der ETH-Ernährungswissenschaftlerin Marianne Botta gesprochen und die wichtigsten Informationen zum Thema zusammengetragen.
“Viele Menschen denken, sie tun sich etwas Gutes, wenn sie am Morgen Vitamintabletten zu sich nehmen. Das ist falsch. Eine Supplementierung ist nur dann sinnvoll, wenn ein entsprechender Nährstoffmangel vorliegt. Das ist sehr individuell”, erklärt Marianne Botta, dipl. Lebensmittelwissenschaftlerin ETH und dipl. Fachlehrerin ETH.
Ein weiterer Aspekt, der nicht genug thematisiert würde, sei das Zusammenspiel der verschiedenen Nährstoffe: “Es gibt Nährstoffe, die fördern oder hemmen sich gegenseitig bei der Nahrungsaufnahme. So können sich beispielsweise Kalzium, Eisen und Magnesium gegenseitig stören bei gleichzeitiger Einnahme. Ohne zu wissen, ob ein tatsächlicher Mangel vorliegt, greifen manche Menschen beispielsweise bei Muskelkater zu Magnesium. Dadurch wird dann das Kalzium schlechter aufgenommen – was ebenfalls wichtig ist für die Muskeln. Die Mineralien stören sich dann”, so Botta.
Auch der Wissensstand zur Wirksamkeit des jeweiligen Präparats sollte beim Einkauf überprüft werden, denn: Studien belegen, dass künstlich hergestellte Vitamine teilweise nicht gleich wirken wie natürliche. So fand die Select-Studie (Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial) des National Cancer Institute in den USA heraus, dass die Supplementation von Vitamin E nicht vor Krebs schützt, sondern das Krebsrisiko sogar erhöht. An der Studie nahmen über 35.000 Männer über 35 Jahren teil, wobei geklärt werden sollte, ob sich mit einer täglichen Substitution von 400 mg Vitamin E und 200 µg Selen das Prostatakarzinomrisiko senken lässt. Aus Sicherheitsgründen wurde die Studie drei Jahre vor dem geplanten Ende abgebrochen.
Erhöhte Vitamindosen können zu Vergiftungserscheinungen führen
Vor der Problematik hochdosierter Nahrungsergänzungsmittel warnt auch Marianne Botta: “Besonders bei den fettlöslichen Vitaminen (wie Vitamin A, D, E und K) sollte beachtet werden, dass sie sich bei einer Überdosis im Fettgewebe des Körpers oder in der Leber ansammeln können, was zu Vergiftungserscheinungen führen kann. Diese sind zwingend nur bei entsprechendem Blutbild zu supplementieren, da sie nicht wie wasserlösliche Vitamine vom Körper ausgeschieden werden.”
Ein ähnlicher Sachverhalt könne sich auch beim klassischen Multivitamin-Präparat zeigen: “Wenn eine junge Frau beispielsweise durch ein All-in-One eine Überdosis an Vitamin A zu sich nimmt und schwanger wird, kann diese erhöhte Konzentration Schäden auslösen am Ungeborenen.”
Grundsätzlich seien Multivitamin-Präparate für die meisten Menschen überflüssig, meint Botta. “Ein Multivitamin eignet sich meiner Meinung nach nur dann, wenn der grundsätzliche Vitaminbedarf nicht gedeckt werden kann. Allerdings würde so der Bedarf an Kalorien und Proteinen auch nicht gedeckt werden können. Das halte ich für sehr unwahrscheinlich.”
Ausserdem gilt zu beachten, dass in (Multi-)Vitaminpräparaten keine bioaktiven Substanzen, wie Anthocyane, Carotinoid oder Flavanoid, gesundheitsfördernde Wirkstoffe ohne Nährstoffcharakter, enthalten sind. “Diese Zusatzstoffe kommen besonders zahlreich in Gemüse und Obst vor und können unser Immunsystem schützen sowie krebshemmend wirken.”
Vitaminpräparat nie nonstop einnehmen
Wer aufgrund eines Mangels ein Vitaminpräparat ausprobieren möchte, sollte dies allerdings nur vorübergehend einsetzen. “Eine Supplementierung kann sinnvoll sein in gewissen Lebensabschnitten oder Momenten, aber nur für gewisse Zeiträume – und nie als Ersatz für eine gesunde Ernährung.” Für diejenigen, die sich mit dem Essen oft überfordert fühlen, hat Marianne Botta einen guten Tipp: “Manchmal lohnt es sich zu überlegen, ob unsere Grossmütter oder Urgrossmütter diese Lebensmittel ebenfalls verzehrt hätten, die wir zu uns nehmen. Unseren Vorfahren hat eine natürliche Ernährung ausgereicht, um den täglichen Vitaminbedarf zu decken – ganz ohne Supplements.”
(Quelle: PureGym, Marianne Botta)
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