Was bringt ein vegan-vegetarischer Monat in der Mensa? Dieses Experiment hat das Studierendenwerk Bonn wissenschaftlich von Forscherinnen der Universitäten Bonn und Kassel begleiten lassen. Der Effekt war auch in den acht Wochen nach dem Aktionsmonat noch messbar: Der Fleischkonsum in der Mensa ist durch den vegan-vegetarischen Monat um sieben bis zwölf Prozent gesunken, relativ zu der Zeit vor dem Vegi-Monat.
Darüber hinaus zeigte sich rund die Hälfte der Befragten mit einem fleischlosen Monat pro Jahr einverstanden. Mehr als 80 Prozent sprachen sich für die Stärkung des Vegi-Angebots in Mensen aus.
“Es schmeckt offenbar besser als erwartet”, lautet das Fazit der Ökonominnen Anna Schulze Tilling vom Exzellenzcluster ECONtribute der Universität Bonn und Charlotte Klatt von der Universität Kassel. Das Studierendenwerk Bonn hatte den Mai 2023 in der Mensa am Hofgarten als fleischlosen Monat ausgerufen und entsprechend in den Social Media beworben. Das Angebot in der Campo-Mensa in Poppelsdorf und im Venusberg-Bistro lief ganz normal weiter und diente als Vergleichsgrundlage.
Die Wissenschaftlerinnen schauten sich die Verkäufe der drei Mensen vor, während und nach dem vegan-vegetarischen Monat an. “Dabei interessierte uns besonders der Fleischanteil unter den verkauften Hauptkomponenten nach dem fleischlosen Monat”, berichtet Anna Schulze Tilling. Hierfür dienten die anonymisierten Daten der Kassen. Sie umfassten mehr als 117.000 Portionen, die von mehr als 4.500 Besuchenden verzehrt wurden.
“Die zentrale Frage lautete: Kann solch eine Initiative auch längerfristig zu einer Verhaltensänderung führen?”, ergänzt Doktorandin Charlotte Klatt. Die Forscherinnen führten zusätzlich eine Befragung vor und rund acht Wochen nach dem Veggie-Monat durch. Rund 900 Mensa-Gäste nahmen daran teil. Die erste Befragung drehte sich etwa um Einschätzungen zum Fleischkonsum. Die zweite Umfrage fokussierte sich darauf, ob die Befragten auch in Zukunft beabsichtigen, mehr vegan-vegetarische Gerichte zu wählen, und was sie von einem zeitlich befristeten fleischlosen Angebot halten.
Rückgang der Fleischverkäufe um sieben bis zwölf Prozent
Anhand der Kassendaten erwies sich, dass der Anteil der Fleischverkäufe in der Mensa am Hofgarten auch in den zwei Monaten nach dem vegan-vegetarischen Monat deutlich niedriger war, als dies ohne diese Initiative der Fall gewesen wäre. “Wir schätzen, dass sich der Anteil der verkauften fleischhaltigen Hauptkomponenten durch die Intervention um sieben bis zwölf Prozent reduziert hat, verglichen mit der Zeit davor”, berichtet Anna Schulze Tilling.
Die Wissenschaftlerinnen stellten fest, dass sich auch die Stammgäste nach dem Veggie-Monat beim Mensabesuch durchschnittlich seltener für das Fleischgericht entscheiden als vorher. Gleichzeitig gehen sie genauso häufig mittags in die Mensa wie zuvor. “Die Intervention scheint also tatsächlich das Konsumverhalten der Gäste beeinflusst zu haben”, stellt Charlotte Klatt fest.
Hauptmotivation: Neue Gerichte entdecken
Die Umfragen deuten darauf hin, dass die Reduzierung des Fleischkonsums grösstenteils dadurch begründet ist, dass Mensa-Gäste während des vegan-vegetarischen Monats für sie neue Gerichte entdeckt haben, die ihnen gut schmecken und die sie gerne wieder wählen. Rund die Hälfte der Befragten wäre mit einem fleischlosen Monat pro Jahr einverstanden. 75 Prozent befürworten einen Veggie-Day jede Woche und 80 Prozent ein grösseres vegan-vegetarisches Angebot.
“Wir können auf Basis unserer Studie keine Empfehlung aussprechen, wie Mensen, Schul- und Betriebskantinen ihr Menü gestalten sollten”, sagt Charlotte Klatt. Die Studienergebnisse könnten aber hilfreich für Entscheidungsträger sein, die erwägen, ihr Menü anzupassen. “Unsere Studie zeigt, dass auch kurzfristige Initiativen längerfristig zu einer Reduktion des Fleischkonsums führen können, wenn sie beispielsweise Menschen dazu bringen, neue Gerichte zu probieren”, ist Anna Schulze Tilling überzeugt.
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"Der vegan-vegetarische Aktionsmonat war ein Angebot an alle, eine pflanzliche Ernährungsweise einfach mal auszuprobieren. Das ist offensichtlich gelungen. Die Ergebnisse freuen uns und ermutigen uns weiterzumachen“, sagt Jürgen Huber, Geschäftsführer des Studierendenwerks Bonn: „Wir befinden uns mit der Hochschulgastronomie in einem Transformationsprozess hin zu mehr Nachhaltigkeit. Wir wollen mit einem vielfältigen und ausgewogenen Angebot überzeugen - in guter Qualität und zu fairen Preisen. Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Mensa der Zukunft müssen wir unsere Gäste - die Studierenden und Beschäftigten der Universität - Schritt für Schritt mitnehmen. Ganz einfach: Weniger CO2 bedeutet weniger Fleisch." (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn)
(gb)