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Ecke für Profis  10.07.2022
.BÄCKEREI: Ohne Zucker, Transfett, Rahm und Eier
Transfette gelten als ungesund, viel Zucker ebenso. Viele vegane Neuprodukte benötigen Ersatzrohstoffe für Butter, Rahm und Eier. Ähnlich bei allergenen Zutaten. Palmöl steht unter ökologischer Kritik. Welche Alternativen gibt es?
Bei Rohstoffen, die aus gesundheitlichen Gründen in der Kritik stehen, sind vor allem die Zuckerarten Saccharose und Fructose zu nennen, die gehärteten Fette sowie die künstlichen Farbstoffe, wobei die letzteren eher an schlechtem Image leiden als an einem nennenswerten Risiko. Zucker besitzt mehrere Funktionen in Konditoreiwaren, die wichtigsten sind Strukturbildung, Süssung und Bräunung. Um alle Funktionen abzudecken sind daher oft mehrere Ersatzstoffe nötig, d.h. ein Strukturgeber und ein oder mehrere Süssungsmittel. Immer mehr gewerbliche Bäckereien und Confiserien wagen sich an die Eigenfertigung zuckerfreier Spezialitäten.

Als strukturgebender Zuckeraustauschstoff kommt heute oft Isomalt zum Einsatz, welcher technologisch ähnliche Eigenschaften besitzt wie Saccharose. Bei Bonbons und Kaugummi ist die Qualität ebenbürtig und oft besser als das Original. Besser sind vor allem die länger anhaltende Süsse und die Lagerstabilität. Isomalt kommt dem Zucker zwar am nächsten, hat aber eine andere Löslichkeit. Dies verlangsamt die Aromafreisetzung, und das Produkt besitzt eine leicht verringerte Vollmundigkeit.


Das Koboldbrötchen ist ein Hefesüssgebäck ohne Zucker mit dem backstabilen Steviolglycosid gesüsst, meistens einfach Stevia genannt.


Bei den Intensiv-Süssstoffen ist heute Steviosid (Stevia) bei Backwaren im Trend, weil es backstabil und quasi natürlich ist d.h. im Süsskraut Stevia vorkommt. Erhältlich ist es bei Pistor, Omya, Selectchemie und Sugro. Intensiv-Süssstoffe stehen allerdings bei Gesundheitsexperten ebenfalls in der Kritik. Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE rät den Herstellern, den Süssegrad zu reduzieren bzw den Konsumenten, sich übersüsste Produkte abzugewöhnen. Generell sollten gemäss SGE in einer ausgewogenen Kost maximal 10% der Energie aus Zucker stammen und 30% aus Fett. Dezent gesüsste Süsswaren floppen jedoch meistens in Konsumententests, so dass sich die Marketingstrategen gegen diese Lösung wehren.

Transfette waren gestern

Der Ersatz der verpönten Transfette in gehärteten Fetten ist heute weitgehend vollzogen. Bei der Margarineherstellung betrug früher der Anteil von Transfetten im Fettanteil bis zu 20% wegen unvollständiger Fetthärtung; inzwischen sind durch verbesserte Technologien vollständiger hydrierte Produkte mit weniger als 2% erhältlich. Starker Konsum von Transfetten gilt als eine Ursache für einen zu hohen LDL-Cholesterinspiegel. In der Schweiz dürfen sie seit 2008 bezogen auf das Gesamtfett 2% nicht überschreiten.

Spezialisiert auf transfettfreie Margarinen und Fettstoffe ist Margo, hydriert aber nicht vollständig sondern gar nicht. Die Ersatzfette haben leicht veränderte Verarbeitungseigenschaften. Dazu ist bei Margo zu hören: «Der Arbeitsprozess in der Bäckerei wird heikler, die Rezepte müssen angepasst werden und sind weniger flexibel. Die Umstellung ist jedoch heute kein Problem mehr».

Um die gestiegene und weiter steigende Nachfrage nach nicht-gehärteten Fetten zu decken, eignet sich am besten Palmöl bzw Palmfett (Bild: Palmfrucht). Aber dieses steht seinerseits in der Kritik, da es auf gerodeten Urwaldflächen produziert wird. Daher wird es ebenfalls sukzessive ersetzt. Ein Spezialist für Palmöl-Ersatz ist Patiswiss: «Die Suche nach einem geeigneten Ersatzfett gestaltet sich schwierig.

Die jetzt bei uns eingesetzten Fettstoffe wurden von einem internationalen Fetthersteller entwickelt und bestehen hauptsächlich aus Kokosfett, Kakaobutter, Sonnenblumenöl sowie weiteren Fetten, welche die Stabilität sicherstellen. Das Ersatzfett ist ungehörtet und rein pflanzlich. Es weist die gleichen positiven Eigenschaften auf wie Palmfett. Der Schmelzpunkt von 30 bis 34°C ist relativ hoch aber bei Körpertemperatur schmilzt es rasch ab und hinterlässt dabei einen angenehmen kühlenden Effekt im Gaumen». Der Palmölersatz wird von Patiswiss in Aromapasten, Füllmassen, Pralinécrémes und Giandujas eingesetzt.

Marzipan ohne Mandeln

Ein Beispiel ist ein Marzipan-Ersatz ohne Mandeln oder Nüssen. GoodMills Innovation GmbH offeriert mit Phönix Marzipan-Replikat diese getreidebasierte Backzutat im Pulverform. Je nach Anwendungsgebiet stellt der Konditor die Grundmasse mit Wasser oder zusätzlich mit Vollei her. «Durch die Flüssigkeitsmenge lässt sich die gewünschte Verarbeitungskonsistenz von streich- bis spritzfähig einstellen. Die Masse ist maschinengängig sowie back-, gefrier- und auftaustabil», verspricht die Firma. Und weiter: «Sensorisch punktet die Backzutat mit authentischem Mundgefühl und Geschmacksprofil. Sie enthält ausschliesslich natürliche Aromen und ist für Clean Label-Konzepte geeignet». Die Backzutat sei ausserdem kosteneffizienter als richtiges Marzipan.

Veganer Ersatz von Butter, Rahm und Eiern

Ganz anders ist die Situation bei veganen Rohstoffen für den Ersatz von Milch, Eiern, Butter, Rahm, Käse und natürlich auch Fleisch. Im Gegensatz zu Vegi-Produkten, in denen die für Bäckereien wichtigen Rohstoffe Milch, Eier und Butter erlaubt sind, ist der Markt für rein pflanzliche Produkte noch auf tiefem Niveau. Bemerkenswert ist ferner bei einigen veganen Rohstoffen ihr Gehalt an Zusatzstoffen, die nötig sind, um sensorische und technologische Defizite zu kompensieren.


Veganer lehnen alle tierischen Rohstoffe ab, zu denen aber beliebte und wichtige gehören wie Eier und Butter.


Aber generell ist festzustellen, dass vegane Produkte stetig besser werden. Die grösste Herausforderung ist derzeit noch ein veganer Schlagrahm. Ein Vegan-Sortiment mit Alternativen zu Milch- und Fleischprodukten, die auf Basis von Soja, Reis oder Mandeln hergestellt werden, führt beispielsweise Pistor und «spürt in den letzten Jahren eine stärkere Nachfrage» gemäss Product-Managerin Barbara Vogel.

Allerweltsrohstoff Soja auf dem Abstieg

Aus mehreren Gründen wird auch oft Soja ersetzt: Einerseits weist der Rohstoff einen bohnigen Eigengeschmack auf, andererseits ist er allergen und muss entsprechend deklariert werden. Drittens haftet ihm ein Gentech-Negativimage an. Soja kommt in vielen Halbfabrikaten vor, auch wenn oft nur in Form des daraus hergestellten Lecithins als Emulgator. Beispielsweise enthalten die meisten Mandelbackmassen Soja, um den teuren Mandelanteil zu senken. Patiswiss lancierte daher kürzlich eine neue Mandelbackmasse mit 15% Mandelanteil, bei der Soja durch Stärkemehl ersetzt ist und verspricht, die Masse erhalte dadurch einen feinen Geschmack und bleibe geschmeidig. (GB)
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