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Der Dreikönigskuchen (im Bild von der Zürcher Bäckerei Stocker) ist ein süsses Zopf-Gebäck in Ringform, oft mit Hagelzucker, Mandeln und kandierten Früchten und vor allem mit einem versteckten König-Figürchen und der goldenen Papierkrone.
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Der Dreikönigskuchen ist in der ganzen Schweiz bekannt: im Tessin als Torta dei re magi und in der Westschweiz als gâteau oder galette des rois oder als couronne. Seinen Ursprung hat er im alten Rom. Zu Ehren des Saatengottes Saturn
wurde alljährlich nach ausgebrachter Wintersaat ein Volksfest veranstaltet. Dabei versteckte
man in einem Kuchen eine Bohne. Wer sie fand, wurde Bohnenkönig und durfte – selbst als
Sklave – für einen Tag einen Hofstaat ernennen. Seinen Wünschen war, in beschränktem
Rahmen freilich, zu folgen. Aufgrund dieser äusseren Ähnlichkeit wird das römische Volksfest
der Saturnalien als direkter Vorläufer des heutigen Brauches rund um den Dreikönigskuchen
herangezogen.
Heute wird der Brauch zu Ehren der heiligen drei Könige oder der drei Weisen aus dem Morgenland,
wie sie im Evangelium genannt werden, praktiziert. Die drei Magier, die dem Stern
folgend die Krippe in Bethlehem fanden, wurden im Europa des 12./13. Jahrhunderts zu den
drei Königen Caspar, Melchior und Balthasar. Ihre Verehrung ist seit dem Hochmittelalter in
vielen Regionen Europas populär. Je nach Ort und Zeit sind die Bräuche rings um Dreikönig
verschieden ausgestaltet. Ihnen gemein ist aber, dass mit dem 6. Januar die Weihnachtszeit
endet.
Ein Fest – ein besonderes Gebäck
Der Dreikönigstag ist also ein grosser Festtag und ein wichtiger Termin im Jahreslauf. Mit
ihm beginnt vielerorts auch die Fastnachtszeit. Der Dreikönigskuchen unterstreicht den Stellenwert
des Tages: In England beispielsweise wurden Trauringe, Geldstücke oder Fingerhüte
eingebacken, die auf künftige Ehe, Reichtum oder Ledigbleiben deuteten. Über England und
Frankreich begann sich der Bohnenkuchen im deutschsprachigen Raum zu verbreiten, doch
wurden nebst Bohnen auch Geldstücke oder Mandeln in den Kuchen eingebacken.
In unserem Land wurde der uralte Brauch rund um den Kuchen lange Zeit vernachlässigt. In
den 1930er und 1940er Jahren war er in der Romandie verbreitet, doch teils am Aussterben.
Die Deutschschweizer kannten den Dreikönigskuchen kaum, bis sich Anfang der 1950er Jahre
der Schweizerische Bäcker-Konditorenmeister-Verband (SBKV) gemeinsam mit dem passionierten
Brot- und Gebäckforscher Dr.h.c. Max Währen landesweit für eine Wiederbelebung
beziehungsweise eine Neuschaffung einsetzte.
Die Bäcker-Fachschule Richemont in Luzern kreierte damals das noch heute bewährte Rezept
für einen passenden süssen Kuchen. Dieser wird aus Hefeteig hergestellt, besteht aus
einem grösseren runden Mittelstück und rundum kleineren kugelförmigen Ballen. In einem
davon verbirgt sich ein Königsfigürchen. Wer es beim Essen in seinem leckeren Kuchenstück
findet, darf die golden glänzende Papierkrone aufsetzen und sich dies oder das wünschen –
mit wenig Aufwand wird ein heiterer Moment inszeniert, der sich je nach Region und Familie
verschieden ausgestalten lässt.
Eines der beliebtesten Gebäcke
Die Initianten propagierten den Dreikönigskuchen 1952 in zahlreichen Medienauftritten. Bereits
im ersten Jahr wurden 50'000 Kuchen verkauft, innert weniger Jahre verdoppelte sich
diese Zahl, womit der schöne Brauch vor dem Zerfall gerettet werden konnte. Heute finden
um die 1,5 Millionen Kuchen ihre begeisterten Abnehmer. Damit entwickelte sich der Dreikönigskuchen
in den letzten 50 Jahren zum beliebtesten und am weitesten verbreiteten Brauchtumsgebäck
der Schweiz. Der Dreikönigstag wird praktisch in jeder Familie und an jedem
Arbeitsplatz begangen – und Tausende lassen sich für einen Tag zum König krönen. (Text: SBC / Schweizerisches Archiv für Brot- und Gebäckkunde)
Der «Dreikönigskuchen für Singles», der aus einem einzelnen Stück besteht, ist zwar als Scherzartikel gemeint. Aber vielleicht hat er Marktchancen, denn die Zahl der Single-Haushalte nimmt stetig zu. Dieser Protoyp, gebacken von der Zürcher St. Jakob-Bäckerei, lässt sich variieren:
Mit Königfigur und Krone: für Möchte-gern-Monarchen
Mit Krone aber ohne Königfigur: für Putschisten, welche sich die Krone ohne Legitimation aneignen.
Mit Königfigur aber ohne Krone: für graue Eminenzen, welche auf die Insignien der Macht verzichten und lieber im Hintergrund die Fäden ziehen.
Ohne beides: für reine Kuchenliebhaber mit anarchistischen Neigungen.
Mit Königin und Krone: nur scheinbar politisch korrekt (was wenn der Gewinner ein Mann ist?)
Mit König und Königin plus 1 Krone: könnte zu einem Streit um die Krone ausarten
Mit König und Königin plus 2 Kronen: wirklich politisch korrekt
Auch einen «Dreier» (
im nächsten Bild, von der Zürcher Bäckerei Stocker) kann man politisch korrekt bestücken mit je einem König
(Bild links) und einer Königin
(Bild rechts). Ins dritte Stück könnte man einen Prinzen oder eine Prinzessin stecken, um die Familie zu komplettieren.
Übrigens: Ein Profi-Bäcker findet mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne zu probieren heraus, welches Stück im Dreikönigskuchen die Figur enthält. Er dreht den Kuchen um und sucht auf der Rückseite nach einer Unregelmässigkeit, welche ein Indiz bedeuten könnte. Der Grund: alle Teile werden in der Bäckerei maschinell und daher regelmässig rundgewirkt. Aber das Eine glättet der Bäcker von Hand, nachdem er das Figürchen hineingesteckt hat. Und so perfekt wie die Maschine kann er die Teiglinge manuell nicht «schleifen». (GB)
(gb)