Das Coronavirus hat Alltagsleben, Arbeitswelt, Wirtschaft und Märkte in kurzer Zeit komplett auf den Kopf gestellt. Die Folgen sind insgesamt schwer absehbar und genaue
Prognosen nur unter grosser Unsicherheit möglich. Mit einem Sonderbericht wirft der Fachbereich Marktanalysen des Bundesamts für Landwirtschaft BLW einen Blick auf die
Entwicklungen des Angebots und der Nachfrage in ausgewählten Agrarmärkten bis Ende März.
Früchte, Gemüse, Kartoffeln
Beim Gemüse hält sich der Wegfall der Absätze im Gastronomiekanal (Rückgang der Abverkäufe um mehr als 70%)
und der zusätzliche Konsum der Privat-Haushalten derzeit etwa die Waage. Die Nachfrage nach Früchten und Gemüse im Detailhandel hat sich auf einem deutlich höheren Niveau stabilisiert. Der Mehrbedarf an Früchten oder Gemüse
liegt zwischen 10-60%, abhängig von der Produktkategorie.
Insbesondere Zitrusfrüchte, Äpfel, Lauch, Zwiebeln oder
Karotten verzeichneten im März eine starke Nachfragezunehme. Diverse Detailhändler haben ihr Sortiment seit Ende
April mit Schweizer Gemüse erweitert, welches für die Gastronomie angebaut wurde.
Kartoffeln: Der Wegfall der Gastronomie und der zusätzliche Konsum der Privathaushalte halten sich derzeit etwa die Waage. Um
die erhöhte Nachfrage nach Speisekartoffeln decken zu können, konnte ein Teil der Verarbeitungskartoffeln in den
Speisekanal umgeleitet werden. Der wesentlich grössere Teil der zusätzlichen Nachfrage im Detailhandel wird über
die Erhöhung des Importkontingents bei Speisekartoffeln abgedeckt.
Fleischmarkt
Die Massnahmen des Bundesrats zur Eindämmung
der COVID-19-Pandemie haben den Fleischmarkt in
unterschiedlichem Ausmass getroffen. Der Wegfall
des Ausser-Haus-Konsums, insbesondere der Gastronomie, als wichtigen Absatzkanal haben vor allem
bei Rind- und Kalbfleisch zu einem Nachfragerückgang geführt.
Ohne Gastro-Kanal ist beispielsweise der Bedarf an
Kühen für die Burgerproduktion oder an Edelstücken
deutlich gesunken. Um das Angebot zu regulieren,
wurden vom Bundesrat zusätzliche finanzielle Mittel
für Marktentlastungsmassnahmen (Einlagerungen)
für Kalb- und Rindfleisch bewilligt. Die Periode der
Kontingentsfreigaben bei den Importen wurde verlängert, wodurch die Importe insgesamt gesunken
sind.
Milchmarkt
Die Entwicklung im Schweizer Milchmarkt verlief bis
zum Ausbruch der COVID-19-Pandemie und den
vom Bundesrat getroffenen Massnahmen mehrheitlich positiv, insbesondere die Käseexporte und
der Schweizer Milchpreis. Eine Ausnahme bildeten
die sehr tiefen Butterlagerbestände. Seit dem Lockdown in einer Vielzahl europäischer Staaten sowie
in Nordamerika hat sich die Marktlage insbesondere
auf dem internationalen Milchmarkt deutlich eingetrübt, was mittelfristig zu Rückkoppelungen auf den
Schweizer Milchmarkt führen könnte.
Die Nachfrage im Detailhandel nach Milchprodukten ist aufgrund des Wegfalls der Gastronomie und
des Einkaufstourismus sowie des erhöhten Konsums der privaten Haushalte deutlich gestiegen. Je
nach Kategorie (Konsummilch, Rahm, Butter, Käse
etc.) wurde ein Mehrbedarf zwischen 15-30% beobachtet.
Getreidemehl, Backwaren
Die enorme Nachfrage nach Mehl im Detailhandel im
März hat sich unterdessen auf höherem Niveau stabilisiert (rund +100%). Dieser hohe Mehlbedarf führte bei
den Mühlen letztlich dazu, dass vor allem Standard-Mehl
vermahlen wurde und es für die Produktion von Spezialmehlen deutlich weniger Kapazitäten zur Verfügung
standen, so dass diese im Verkauf zum Teil knapp wurden.
Im März 2020 erhöhte sich die Nachfrage nach Brot/
Backwaren im Detailhandel um über 40% gegen-
über dem Vorjahr. Der nicht-bio Bereich verzeichnete einen höheren Zuwachs als der Bio-Bereich.
Die ver-
mehrte Nachfrage nach Grossbroten ist auf den
höheren Bedarf der Privat-Haushalte aufgrund von
Homeoffice und Homeschooling zurück zu führen.
Eiermarkt
Die
Schliessung der Gastronomie im Zusammenhang
mit der COVID-19-Pandemie haben zu einer zusätzlichen Nachfrage nach Konsumeiern im Schweizer
Detailhandel geführt (+3.5 Mio. Stück im Vergleich
zwischen einer durchschnittlichen Woche im März
2020 gegenüber März 2019). Eine kurzfristige Ausdehnung der inländischen Eierproduktion ist nicht
möglich. Um die erhöhte Nachfrage nach Konsumeiern decken zu können, waren deshalb zusätzliche
Importe notwendig, weshalb das Importkontingent
für Konsumeier um 1000 Tonnen erhöht wurde.
Dies führte dazu, dass sich im März gegenüber
Februar der Import von Konsumeiern um über
8’000'000 Stück erhöhte, was einem Plus von fast
40% bedeutet, auch der Bedarf an Verarbeitungseiern stieg im März um knapp 40%. Über das gesamte erste Quartal gesehen blieb der Importbedarf
bei Verarbeitungseiern gegenüber dem Vorjahr jedoch nahezu konstant.
Gleichzeitig ist der Bedarf und Import von Flüssigeiern gesunken, da diese Produkte häufig in der
Gastronomie verwendet werden (-5.9% gegenüber
Februar 2020, -21.1% gegenüber Vorjahr). (BLW)
(gb)