Die Qualität vieler gegarte Komponenten zum Warm-Essen leidet beim Warmhalten: je nach Art der Komponente liegt das Problem beim Nachgaren und der Textur-Verschlechterung (zB weich werden, Verlust der Knusprigkeit), im Austrocknen, im Aromaverlust und im Abbau von temperatur-empfindlichen Vitaminen. Letzteres ist vor allem bei Personal- und Care-Restaurants relevant, wo sich die Gäste systematisch täglich verpflegen, und daher der Nährwert eine wichtige Rolle spielt. Jede schonende Zubereitung geht zunichte, wenn man zu lange warmhält.
Die kantonalen Labors empfehlen, um Qualitätseinbussen zu verhindern,
sei die Warmhaltung gekochter Speisen auf maximal drei Stunden zu beschränken.
«Diese Limite hat nur mikrobiologische Gründe», so Barbara Hohmann Beck, Dozentin für Ökotrophologie an der Hochschule Wädenswil ZHAW: «nimmt man den Nährwert als Massstab, liegt die Grenze bei einer Stunde».
Beim Partyservice dagegen spielen weniger Vitaminverluste sondern vor allem sensorische Verschlechterungen eine wichtige Rolle sowie die hygienischen Risiken. Diese beiden Aspekte bilden miteinander ein Dilemma. Über 65 Grad sinkt die sensorische Qualität bei vielen Speisen wie Risotto und Gemüse fast innert Minuten, darunter steigt das Hygiene-Risiko bei längerer Warmhaltezeit. Problemlos sind Saucenfleisch und Suppen. Handkehrum besitzt Kaffee in der Tasse die kürzeste Standzeit: Schon nach einer Minute kollabiert die schützende Crema (das Schümli) und die Aromaspitzen verduften rasant. Aber auch heisser Kaffee in Thermosgefässen leidet. Nach kurzer Zeit ist er obwohl noch warm kein voller Genuss mehr im Vergleich zur frischen Brühung.
Niedergegartes Fleisch dagegen zeigt bei der Zartheit das umgekehrte Verhalten: Man kann es stundenlang bei 65 Grad warmhalten – es wird dank Nachreifung eher zarter. Die sinnvolle Schöpftemperatur liegt bei rund 75 Grad und die angenehme Ess-Temperatur bei 65 bis 70 Grad. Die meisten Personen konsumieren Suppen oder Kaffee bei 55 bis 70 Grad. Für Kinder und Senioren gilt jedoch die Empfehlung, dass Speisen und Getränke etwa Körpertemperatur aufweisen sollten mit einer Obergrenze von 43 Grad.
Hygienerisiken vermeiden
Bei der Warmhaltetemperatur gibt es angesichts der hygienischen Risiken gesetzliche Regeln: Die Hygieneverordnung verlangt, gekochte Speisen, die nicht sofort verzehrt werden, bei mindestens 65 Grad warm zu halten, was die Vermehrung schädlicher Mikroorganismen verhindert. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt, Speisen wie beispielsweise Reis oder Eintöpfe bei 75-65 Grad warm zu halten und sie spätestens drei Stunden nach der Zubereitung zu verzehren. So lässt sich das Risiko einer Lebensmittelvergiftung minimieren. Alternativ können die Speisen schnellgekühlt und zum Verzehr regeneriert werden.
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Im heissen Zustand kühlt man die Speisen im Schnellkühler (Bild) innert 90 Min auf 3 Grad, meistens mit dem schonenden „Soft“-Programm.
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Das BfR führte Experimente zum Wärmeverhalten der Speisen durch. So war innerhalb von 3,5 Stunden bei verschiedenen Ausgangswassertemperaturen (90, 43 und 20 Grad) ein Verlust von ca. 7-10 Grad innerhalb der Messzeit zu beobachten. Die Ergebnisse der Temperaturmessungen von zubereiteten Lebensmitteln in den Thermoporten zeigten, dass mit Ausnahme von Gulasch und Reis im Verlauf von 3 Stunden ein durchschnittlicher Temperaturabfall von 10 Grad zu verzeichnen war. Beim Gulasch war die Abnahme nur 3,5 Grad. Der Grund ist in der Fettschicht zu suchen, die auf der Gulaschoberfläche entsteht und das darunter liegende Lebensmittel zusätzlich thermisch isoliert.
Mikrobiologische Untersuchungen von gegartem Reis zeigen, dass nach dem Garen von Reis und einer Warmhalte-/Abkühlzeit von ca. 3 Stunden, ab einer Temperatur von 60,2 Grad (anfängliche Temperatur 66,7 Grad) und bei weiter fallenden Temperaturen ein Auskeimen von Bacillus cereus-Sporen festzustellen ist. Bei fortschreitender Abkühlung des Reises ist mit einer raschen Zunahme des Keimgehaltes von B. cereus im Reis zu rechnen.
Methoden für die heisse Theke
Nicht nur beim Partyservice sondern auch bei der heissen Theke im Laden ist Warmhalten ein Muss. Normalerweise geschieht dies mit einem Wasserbad (Bain-Marie) oder Infrarotlampen. Der Temperaturbereich liegt bei 30-90 Grad. Warmtheken-Spezialist Beer Grill empfiehlt warmtöniges Halogen-Licht für die Warmthekenbeleuchtung. Dies sei schonend und die Speisen kühlen weniger schnell ab. Im Gegensatz dazu dringe Infrarotlicht in die Speisen ein und führe zu Qualitätseinbussen. Um die Speisen ansprechend zu beleuchten und gleichzeitig warm zu halten, empfiehlt man bei Beer Grill eine Kombination von Unterhitze und Beleuchtung, die je nach Art der Speisen angepasst werden muss. Bei trockenen Speisen wie fritierten Produkten bedarf es wenig Unterhitze, Gemüse dagegen benötigt viel Unter- aber wenig Oberhitze.
Die Ladenbaufirma «bfm» erhielt kürzlich für die neue Heisstheke mit Induktion statt Wasserbad einen Innovationpreis
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Warmhalten der Produkte nur über eine Lichtquelle oder nur durch Unterhitze ist gemäss Beer Grill ungeeignet und funktioniert nur bedingt. LED-Licht ist im Warmthekenbereich ungeeignet, weil dabei keine Wärmeabgabe erfolgt. Die Firma bietet notabene ihren Kunden entsprechende Schulungen an. Der Ladenbauer «bfm» präsentierte an der IFFA 2019 eine Imbisstheke, die ohne das herkömmliche Wasserbad auskommt und Dampfschwaden vermeidet. Damit Fleischkäse heiss und Pommes knusprig bleiben, ist die Mulde unter der Präsentationsfläche mit einem Induktions-Ceranfeld ausgestattet. Von oben sorgen Wärmestrahler dafür, dass die Temperatur gehalten wird.
Die Krux der Sporenbildner
Bestimmte Krankheitserreger, wie zum Beispiel Bacillus cereus, können Sporen bilden, d.h. widerstandsfähige Dauerformen. In Lebensmitteln können diese Sporen zu einem gesundheitlichen Problem werden. Sie können das Kochen von Speisen auch dann überleben, wenn die vegetativen Keime selbst abgetötet werden. Werden solche Speisen anschliessend bei zu niedrigen Temperaturen über längere Zeit warm gehalten, können die Sporen auskeimen und sich rasch vermehren. Dabei bilden sie Toxine, die zu einer akuten Lebensmittelvergiftung mit Durchfall oder Erbrechen führen können. B. cereus gilt als Problemkeim in der Lebensmitteltechnologie. Er kommt im Boden und auf vielen pflanzlichen Produkten vor. Häufig mit B. cereus kontaminiert sind Reis und Getreideprodukte, Rohmilch und ungenügend gekochte Milch, Gewürze, getrocknete Pilze, Kartoffelsalat, Saucen und Dessertprodukte. (GB)
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