delikatessenschweiz.ch
Ecke für Profis  10.08.2019
Würzungen werden vielseitiger, edler und extravaganter
Die Würzmittel-Hersteller werden bei Kombinationen immer experimentier-freudiger und veredeln ihre Kreationen mit hochwertigen oder gesünderen Zutaten. Trendbericht und E-Buchtipp.

Natrium-reduzierte Brühwürste mit Kalium-haltiger Würzung von Lay an der IFFA


Mediterrane Würzungen wie italienische oder Provencekräuter sind zwar Evergreens, aber Liebhaber von herkunftsreinen, extravaganten und scharfen Gewürzen sind auf dem Vormarsch. Spezialitäten werden heute feiner aufgefächert und aufgewertet. Wurden früher einfach Asia-Würzmischungen angeboten, so sind heute thailändische oder vietnamesische gefragt. Dies gilt auch für Einzelgewürze, wo zunehmend Raritäten im Angebot stehen, so etwa Chilisorten von milden Anchos über feurig-fruchtige Jalapeños bis hin zu ultrascharfen Habaneros. Oder beim Pfeffer: als weiss, grün oder schwarz bezeichnete Sorten sind von gestern.

Heute muss man Gourmets mit Single Origins ansprechen wie zB Assam, Tasmanien, Sri Lanka, Kampot, Bali, Madagaskar und viele mehr wie man beim Zürcher Pfeffer-Spezialisten Schwarzenbach sieht. Und ein Beispiel für eine gelungene Aufwertung einer Marinade zeigte die Firma AVO an der Metzgereimesse IFFA 2019 in Frankfurt mit Safran, dem teuersten Gewürz der Welt.

Auch bei Senfsorten zeigt sich ein Vielseitigkeits-Boom. Gab es früher primär solche mit unterschiedlichen Schärfestufen oder Körnigkeiten und in Bayern den typischen süssen Senf, so findet man heute fantasievolle Aromatisierungen mit Früchten, Beeren, Gemüse, Kräutern, Honig, Gewürzen (Ingwer, Pfeffer, Chili, Curry etc), diversen Bierstilen und sogar Wein, so etwa bei Manufakturen wie Gourmetsenf.ch oder Natursenf.ch.

Und neue Kombinationen liegen manchmal so nahe, dass man sie fast übersieht. Die Sauce der Currywurst, ein Fruchtketchup mit aufgestreutem Currypulver, war – wenn man der Legende glaubt – eine Notlösung, da keine andern Zutaten verfügbar waren. Dabei kann man den Ketchup ebenso gut mit andern Gewürzmischungen aromatisieren wie die Ingredientsfirma Meat Cracks an der IFFA mit Ras el Hanout sowie Harissa demonstrierte. Die grössere Krux ist allerdings wohl die Bezeichnung «Currywurst» zu revidieren ohne den Bekanntheitswert einzubüssen («Curry-freie Currywurst mit Harissa»?).

Raucharomen im Trend

Auch Raucharomen sind im Trend und stammen entweder aus Flüssigrauch oder dem Zusatz von geräucherten Zutaten. Auf beides spezialisert ist die amerikanische Firma Red Arrow und präsentierte an der IFFA als Neuheiten Pulver aus geräucherter Zwiebel sowie Knoblauch aber auch einen rauchigen Zucker. Die typische Anwendung ist die amerikanische Barbecuesauce, aber moderne Köche finden heute, dass Rauch zu allem passt, sogar zu süssen Komponenten. Dabei ist der Erfolgfaktor nicht vor allem die verwendete Holzsorte sondern die dezente Dosierung.

Nachdem die Globalisierung fast alles hierzulande zugänglich macht, suchen viele Konsumenten heute Authentisches und Natürliches. Daher werden vermehrt gröbere Gewürzmischungen angeboten, damit man die Zutaten erkennt. Der Natürlichkeitstrend beinhaltet vor allem Clean-Label-Rezepte (funktionelle Zutaten statt Zusatzstoffe), und der Gesundheitstrend fordert Salzreduktion und Abwesenheit von Allergenen oder Pseudo-Allergenen wie Glutamat.

Statt Antioxidantien kann man Fleischwaren beispielsweise Extrakte aus Rosmarin oder Salbei mit antioxidativer Wirkung zugeben, die das Fett vor dem Ranzigwerden schützen. Metzgerei-Anwendungsberater Josef Niedermann von Pacovis bestätigt den Trend zu Clean Label. Die Würzfirma liefert übrigens vermehrt Würzmischungen speziell für Sousvide- und Pulled Meat-Anwendungen.

Mehrere Beispiele für Kochsalz- bzw Natriumreduktion waren an der IFFA zu finden, so etwa bei der Gewürzfirmengruppe Wiberg. Die Würzmittelfirma Lay ersetzt bis 25% des Natriums durch Kalium und verspricht, dass in einer Brühwurst kein Geschmacksunterschied merkbar sei. Auch Meat Cracks entwickelte natriumreduzierte Würzungen für Metzgereiprodukte: «Durch Mineralsalze und dank synergetischen Effekten von Würzungsbestandteilen und deren verstärkender Wirkung auf den Salzgeschmack entstehen Produkte mit 25% weniger Salz. Bei diesen Low-Salt-Produkten sind keine Einbussen hinsichtlich Textur, Umrötung und Haltbarkeit zu erwarten», verspricht die Werbung.

Bestseller, Auf- und Absteiger

Daniel Poggenklas, Chef des Würz- und Gütezusatz-Spezialisten VAN HEES AG bestätigt, dass asiatische-orientalische Würzungen zulegen während Kräutermischungen, Geschmacksverstärker und künstliche Aromen auf dem Abstieg sind. «Ebenfalls auf dem Vormarsch sind neue Kombinationen wie süss-salzig». Bei den Evergreens nennt er Paprika, Knoblauch und die Barbecue-Mischungen mit mehr oder weniger Rauchgeschmack. Naturreine, Single origin und allergenfreie Würzmischungen seien gefragt aber nicht immer realisierbar. Letztlich entscheide das Geschmackserlebnis über den Erfolg des Produktes.


Geräucherte Zutaten von Red Arrow an der IFFA


An der IFFA 2019 stellte Van Hees als Neuheit und «Limited Edition» die Ölmarinade «Vantasia Schlemmeröl mit Gin Breeze» VANTASIA® Schlemmer-Öl Gin Breeze oGAF aus. Alkoholika können eine Marinade veredeln aber beim Garen verdunstet der Alkohol. «Das Gin-Aroma bleibt aber erhalten», so Poggenklas.

Beim Würzspezialisten Omya, welcher AVO in der Schweiz vertritt, heissen die Aufsteiger Black Garlik und Black Aged Pepper gemäss Rudolf von Arx, Fachberater Food: «Nach einem fermentativen Reifungsprozess entsteht die spezielle Farbe des schwarzen Knoblauchs und seine edle Knoblauchnote». Bestseller bei Omya sind ebenfalls Paprika, Knoblauch, Gewürze mit Rauchnote wie Barbecue sowie Pfeffer.

Auch Daniel Koch, Leiter Fachberatung und Entwicklung der Scheid-Rusal PVH AG benennt die Trends: «Mischungen mit hohem Qualitätsanspruch an die Gewürze sind eindeutig im Kommen, so auch die Regionalität. Die Kunden fragen exotische Gewürzkombinationen aus Urlaubsgebieten nach, um deren Geschmack nach Hause zu bringen. Dabei sind südamerikanische als auch asiatische starke Trends. Aber generell sind nach wie vor klassische Geschmacksrichtungen gefragt. Naturreine Gewürze mit hoher Standardisierung sind sehr wichtig. Allergenfreie Mischungen haben ihre Berechtigung und dieser Markt wird bedient. Die Qualität liegt hier im Spitzenbereich». (GB)

Buchtipp:
Gewürze in der Sterneküche und zu Hause

Exklusive und exotische Gewürze bereichern die Schweizerische Küche zunehmend. Und in der modernen Sterneküche machen bestimmte Gewürze aus scheinbar einfachen Gerichten immer wieder ein absolutes Geschmacks-Highlight. Bourbon Vanille, Ceylon-Zimt oder Safran – das sind einige der teuersten Gewürze der Welt, wie Experten in diesem ausführlichen Gewürz-Ratgeber verraten. Sterneköche verwenden natürlich nur das Feinste vom Feinen und das zu Recht. Zu den Exoten unter den Gewürzen, die uns dieser Tage begeistern, gehören unter anderem:

• Ingwer: Gerieben oder in Scheiben passt er nicht nur hervorragend zu Currys, sondern auch in die klassische Kürbissuppe.

• Kardamom: Nicht nur in der Weihnachtsbäckerei beliebt, sondern auch eine tolle Komponente in fruchtigen Desserts wie Birnen-Tarte.

• Zitronengras: Auch Lemongras genannt. Das Gewürz wird frisch oder als Pulver verwendet. Am besten harmoniert es mit Salaten oder Kompott. Hervorragend passt es auch zu Bachforellen oder in Suppen.

Im Trend sind ferner Wildkräuter aus der Heimat. Diese geben nicht nur den Gerichten der Spitzen-Köche den letzten Schliff. Jeder kann sie direkt vor der Haustüre sammeln und geniessen:

• Brennnessel: Das Kraut sorgt nicht nur für brennende Pusteln auf der Haut, sondern ist auch eine herrlich würzige Beilage. Gesammelt wird das auch als Heilkraut bezeichnete Grün am besten von März bis August (Blätter) beziehungsweise im Frühherbst (Samen). Danach heisst es zunächst die brennenden Härchen entfernen. Am einfachsten gelingt das mit Wasserdampf, Zerkleinern oder dem Auswalken mit einem Nudelholz. Spitzen-Köche verwenden die Blätter püriert als Suppe, Salat oder Gemüsebeilage zum klassischen Kaninchenrollbraten. Die Samen können getrocknet ausserdem Müesli oder Bratlinge verfeinern.

• Bärlauch: Schon lange ist dieses würzige und in Bach-Auen beheimatete Gewürzkraut im Frühjahr der Dauerbrenner schlechthin. Sterneköche machen daraus nicht nur feine Bärlauch-Süppchen, sondern verwenden ihn zu Pesto verarbeitet als finales i-Tüpfelchen. Achtung allerdings beim Sammeln: Bärlauch lässt sich leicht mit Maiglöckchen verwechseln!

• Brunnenkresse: Sie wird auch Wasserkresse genannt. In vielen traditionellen Küchen ist dieses Kraut schon lange bekannt. Die Sternegastronomie hat es jetzt wieder für sich entdeckt. Es macht nicht nur geschmacklich viel her, sondern Blüten und Blätter bieten oft auch das optische Highlight auf dem Teller. Kennzeichnend ist die scharf-würzige Note, weshalb sie oft auch Bachsenf genannt wird. Bei diesem Kraut zählt übrigens weniger mehr, sonst überdeckt der Geschmack schnell alles andere.

Nur die passende Kombination von Gewürzen und Kräutern bietet richtige Geschmackserlebnisse: Zusammen mit den heimischen Kräutern entstehen nicht nur in den Schweizer Gourmet-Tempeln unvergleichliche Gaumenschmäuse. (Text: Anna Schmidt)

Der kostenlose Gewürzratgeber «Der grosse Gewürz-Guide» kann ohne Angabe von persönlichen Daten als PDF heruntergeladen werden: www.cornelia.ch/de/gewuerz-ratgeber

Die Themen des E-Books:
Eine kleine Gewürzgeschichte um die Welt
Ursprungsländer Ihrer liebsten Gewürze
Exkurse zu Pfeffer, Chili
Exkurse zu den teuersten Gewürzen und vergessenen Kräutern von früher
Gewürze und Kräuter richtig lagern
Expertenbeiträge mit Tipps, Tricks und Rezepten

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