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Report  23.11.2018
Zürcher Slow Food Market 2018: Rückblick
Am 8. Zürcher Slow Food Market war das Thema gut, sauber und fair hergestellte Lebensmittel. Dabei gab es einige Überraschungen.



Über 200 Produzenten zeigten vom 16. bis 18. November in der Messe Zürich ihre handwerklich hergestellten Produkte. Drei Viertel der Aussteller kamen gemäss Angaben der Organisatoren «event-ex» aus der Schweiz, die andern vor allem aus Italien aber auch vereinzelt aus Deutschland, Norwegen, Holland und Lettland. Rund 10000 Personen besuchten die Messe in Zürich-Oerlikon. «Gut, sauber und fair» ist das Motto von Slow Food. Regionale Lebensmittel sind Slow Food ein wichtiges Anliegen.

Ausgesuchte Zürcher «Local Food Heroes» erhielten am diesjährigen Slow Food Market als Kleinstproduzenten die Gelegenheit, sich dank Unterstützung von Slow Food zu präsentieren. Die Kooperative «Mein Schwein» ist zB ein solches Projekt, mit Freilandschweinehaltungen in Kleinandelfingen, Henggart, Nürensdorf, Rümland und Weiningen. Es fördert den bewussten, lokalen Fleischkonsum, indem sich Kunden an einem Schwein finanziell beteiligen und das ausgewählte Tier auch besuchen können. Nach der Schlachtung erhalten die Kunden ein Mischpaket und fördern so das Nose-to-Tail-Prinzip. Mein Schwein züchtet zudem die vom Aussterben bedrohte Schweinerasse Berkshier, die auch Teil der «Arche des Geschmacks» von Slow Food ist. Slow Food Youth CH sponsert das Projekt Mein Schwein.


Handwerklich hergestellte Ravioli von Novena


Im Kochatelier traten Spitzenköche und andere Spezialisten auf, demonstrierten ihr Können und gaben dem Publikum Tipps. Drei Beispiele: Sara Witmer von der Zürcher Backschule Museum Mühlerama eröffnete den Kochreigen mit einem Sauerteig-Crashkurs. Wildfleischveredler und Jäger Roger Zogg brachte Stücke aus eigener Jagd ins Koch-Atelier und bereitete diese mit Jungkoch Michael Schneider von der Krone Zürich-Altstetten zu.

Der Spitzenkoch und Saucenspezialist Fabian Lange zeigte, wie gute Saucen entstehen. Er produziert nebenbei Saucen als Edelconvenience: Kalbs-, Geflügel-, Fisch- und Gemüse-Jus. «Le Saucier» war auch an der Messe mit einem Stand vertreten. Er verwendet Knochen der Metzgerei Angst, röstet sie an und löscht mit Rotwein ab. Sein Kalbsjus ist dezent im Salz/Gewürz und schmeckt intensiv nach Rotwein.


Kalbs-, Geflügel-, Fisch- und Gemüse-Jus von «Le Saucier» Fabian Lange


Lange erklärte in einem Interview mit Gault Millau: «Der Jus ist Fertigprodukt, de Fond dagegen ein Halbfabrikat. Nach ca. 7 Stunden entstünde ein Fond, doch ich reduziere ihn um weitere 24 Stunden ein. Dann gebe ich Demi-glace dazu (einreduzierter Jus, der als Basis für Saucen verwendet werden kann). Für 40 Liter Endprodukt braucht es 56 Liter Rotwein, 12 Liter Portwein, 1 Liter Balsamico und 800 Liter Wasser. Alles wird langsam einreduziert. Dann brauche ich 80 Kilogramm Karotten, Zwiebeln und Sellerie und 80 Kilogramm Kalbs- oder Pouletknochen. Der gesamte Prozess dauert 35 Stunden».


Knochenbrühe zum trinken bei Swiss Bone Broth


Knochen waren auch ein Thema am Stand von Swiss Bone Broth, welche Knochenbrühe zum trinken anbot, was populär sei in New York. Drei Viertel Rinds- und ein Viertel Gefügelknochen werden 24 bis 60 Stunden ausgekocht. Sie schmecken dezenter als Schweineknochen. Verkauft wird die Brühe tiefgekühlt über den Webshop www.swissbonebroth.com. Sie ist ungesalzen, wird als tierischer Superfood angepriesen und schmeckt sehr mild.

Eine weitere Überraschung waren am Stand des Biohofs Dusch die Blut-Brownies mit Blut statt Eiweiss nach einem Rezept der Zürcher Köchin Laura Schälchli. Sie findet, Blut kommen zu unrecht beim Kochen kaum je zum Einsatz und will Blut als Zutat wieder salonfähig machen. Sie studierte Gastronomische Wissenschaften in Bra, Italien und ist Präsidentin von „Slow Food Youth”. Die Blutbrownies schmeckten wie normale Brownies und braun sind sie ja ohnehin dank dem Schokoladezusatz.


Mehrfach prämierter Spitzenkäse bei der Käserei Andeer. Die Käser zahlen mehr für Milch von Hornkühen.


Traditionelle, nachhaltige, ökologische, regionale, handwerkliche, naturbelassene (ohne Zusatzstoffe), und sozialverträgliche Produkte mit kurzen Transportwegen sind bei Slow Food willkommen. Sie müssen nicht zertifiziert sein im Gegensatz zu Bio- oder AOP-Produkten. Massgebend sind Selbstdeklarationen der Hersteller aber Slowfood begutachtet jedes Produkt. Traditionelle Produkte, denen das Vergessen droht, werden von Slowfood gefördert und erhalten das Label «Presidio». Kettenbetriebe sind am Slowfood Market zugelassen, aber die Produzenten müssen als Aussteller auftreten und anwesend sein. Händler dürfen organisieren aber nicht selber ausstellen. Eine Regel betreffend Degustation besteht nicht aber alle Stände boten Produkte zum degustieren an. (GB)


Gekocht am Stand der AOP: Rheintaler Ribelmais, neu ist eine Sorte mit Curry.


Über Slow Food Schweiz

Slow Food Schweiz wurde 1993 gegründet und zählt etwa 3500 Mitglieder. Sie sind in lokalen Sektionen, sogenannten Convivien, organisiert. Präsident ist der Waadtländer alt-Nationalrat Josef Zisyadis. Mit den Presidi unterstützt Slow Food vom Verschwinden bedrohte, hochwertige Lebensmittel, schützt einzigartige Regionen und Ökosysteme, bewahrt traditionelle Bearbeitungstechniken und fördert autochthone Tierrassen und Pflanzenarten. Häufig nimmt Slow Food die Produkte zuerst in die Arche des Geschmacks auf, hilft den Produzenten, die Qualität zu sichern und eröffnet den Presidi einen neuen Markt.


Bei der Metzgerei Scalino, Li Curt GR: Slow Food-Presidioprodukt Furmagin da Cion (Saumaaga), eine traditionelle Puschlaver Herbst-Spezialität: Fleischkäse aus reinem Schweinefleisch im Schweinsnetz, mit Leber, gepökelt, dezent im Salz. Furmagin da Cion wird aus Fleischresten bei jeder Metzgete am Schluss noch hergestellt. Die Fleischmasse wird geknetet, kräftig gewürzt und dann in einer runden Backform im Ofen gebacken. Das Endprodukt gleicht einem Käselaib (Furmagin).


In der Schweiz gibt es 20 Presidi, zB Walliser Ur-Roggenbrot, Quittenpästli, Tessiner Cicitt-Ziegenbratwurst, Furmagin da Cion (Fleischkäse aus dem Puschlav), Waadtländer Chantzet Blutwurst, Churer Beinwurst, Zincarlinkäse aus dem Muggiotal, Freiburger Rohmilch-Vacherin, Alpziger, Tessiner Farina Bona (Röstmaismehl), Dörrbohnen, Brenzer Kirsch. Ferner: schützenswerte Tierrassen, Landschaften und Produktionsmethoden. (GB)
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