Kursleiterin Marlene Halter misst die Kerntemperatur bei einem Flat Iron.
|
Der erste Kurs über Special Cuts (bzw Second Cuts) hat am 1. Oktober in der Metzg in Zürich stattgefunden. «Special Cuts sind so unglaublich gut im Geschmack, in der Saftigkeit und in der Textur, so dass ich sie einem Entrecôte oder einem Filet klar vorziehe», sagt Kursleiterin Marlene Halter. Sie ist Inhaberin und Küchenchefin der «Metzg» in Zürich sowie eine absolute Fleischmeisterin mit einem Flair für alternative Fleischkultur (www.metzg-grill.ch).
Die Lernende und Kursassistentin grilliert Araignée vom Kalb auf dem Lavasteingrill
Kursleiterin Marlene Halter misst die Kerntemperatur bei einem Flat Iron.
|
Im Fokus des vierstündigen Kurses im Rahmen des Proviande-Projektes «Savoir-Faire» standen Zubereitungsmethoden, die optimale Lagerung und der Einfluss der Fleischqualität auf das kulinarische Ergebnis. Die elf Teilnehmer, darunter mehrere Metzger und Profiköche, konnten die laufend zubereiteten Cuts degustieren. Sie erhielten zwei Proviande-Broschüren «Zubereitung Special cuts» sowie «Special Cuts – Einmaleins der unbekannten Schnitte». Darin sind für die wichtigsten Stücke von Rind, Kalb und Schwein Kurzbeschriebe und Zubereitungstipps, sowohl zum Kurzbraten wie auch zum Sousvide-Niedergaren.
Gute und günstige «Metzgerstückli»
Was man heute als Special Cut bezeichnet, war früher gängige Praxis. Diese «Metzgerstückli» galten lange als Geheimtipp und waren früher wichtigen Kunden vorbehalten oder für die Familie des Metzgermeisters selbst reserviert. Metzgereien gehen heute dazu über, sie nicht mehr als Schmor- oder Hackfleisch zu deklassieren sondern als Grillartikel anzubieten, was in Nord- und Südamerika längst üblich ist. Richtig gegart sind sie nicht nur zart sondern auch aromatischer als Edelstücke.
«Manche sind unglaublich aromatisch, so etwa Halsstrang und Skirt, andere sind etwas zurückhaltender im Aroma wie Fledermaus, Flat Iron und Petite Tender», so Halter. «Für Kurzbratstücke sind die Kunden bereit, höhere Preise zu zahlen», stellt sie fest. Aber Konsumenten haben selten Erfahrung mit der Zubereitung der trendigen Fleischstücke und lassen sich gern vom Fleischfachmann beraten.
Das Skirt Steak vom Rind (Zwerchfellmuskel) wird recht zart mit etwas Biss und einem intensiven Aroma in Richtung Innereien.
|
Die Araignée vom Kalb ist zart und sehr schmackhaft
|
Fazit der Proviande-Broschüren in Übereinstimmung mit Halters Grill-Demonstration in ihrer Metzg-Küche: Die meisten Special Cuts sollte man kurz scharf anbraten und dann einige Minuten an der Wärme ziehen lassen. Anzustreben ist die Garstufe «medium rare».
Viele Stücke werden dadurch zart, haben aber etwas mehr Biss als Edelstücke. Und sie schmecken zum Teil aromatischer als diese.
Der Halsstrang vom Rind liefert eine feste Textur und ein kräftiges Aroma
Kursleiterin Marlene Halter misst die Kerntemperatur bei einem Flat Iron.
|
Eine Voraussetzung für die Zartheit ist aber die genügende Fleischreifung: «Special cuts zum Kurzbraten sollten vier Wochen gelagert sein, für Ragout würde eine Woche reichen», so Halter. «Wer die Zartheit weiter verbessern will, kann eine geeignete Marinade einwirken lassen». Vor dem Aufschneiden lässt man die kurzgebratenen Stücke einige wenige Minuten an der Wärme ruhen. Sie demonstrierte, dass Special Cuts sehr unterschiedlich sein können. Manche wie Flat Iron und Petite Tender sind sehr zart, andere wie Halsstrang und Skirt haben Biss.
Kein Übergaren mit Sous-vide
Gemäss den Broschüren ist die Niedergarung im Vakuumbeutel (Sous-vide) immer eine Alternative und ergibt eine viel weicheree Konsistenz. Allfällige Knochen lösen sich von selber ab. Die anzustrebende Kerntemperatur liegt meistens bei sehr moderaten 52 bis 55 Grad. Die meisten Special Cuts können 2 bis 3 Stunden, in Ausnahmen sogar bis 72 Stunden vakuumgegart werden.
Sous-vide gegarte Short Ribs vom Rind (Federstück)
|
«Die Sousvide-Garung geht auf Nummer sicher», so Halter, «übergaren ist nicht möglich. Diese Methode eigne sich auch gut zum Vorgaren, so dass man das Fleisch nur noch kurz auf dem Grill «markieren» müsse. Beim offenen Niedergaren im Ofen bei maximal 120 Grad oder beim Vakuumgaren im Beutel im Wasserbad erreicht man die gradgenaue Kerntemperatur durch einen Regler mit Kernsonde, daher die Sicherheit. Auf dem Grill könnte man zwar ebenfalls eine Kernsonde verwenden, «aber die Kerntemperatur zu messen ist nur bei dicken Stücken sinnvoll«, so Halter. Die meisten Special Cuts sind zu dünn dafür.
Das Flat Iron gleicht in der Zartheit und dem Aroma einem Entrecôte. Oft ist ein Stück entweder zart oder aromatisch aber Flat Iron ist beides.
|
Am 15.10.2018 findet der zweite Special Cut Kurs statt von 12-16h in der Welle7 in Bern, mitorganisiert von Foodways Consulting GmbH. Anmeldung: www.proviande.ch > Dienstleistungen > Savoir Faire. Savoir-Faire ist ein mehrjähriges Projekt von Proviande im Zusammenhang mit «Nose to Tail». Es will die Wertschöpfungskette Fleisch zukunftsorientiert stützen, den Diskurs um nachhaltige Ernährung aktiv mitgestalten und strebt die vollständige Verwertung von Schlachttieren an. Ein ganzheitlicher Fleischkonsum bietet diverse Vorteile – sowohl für Metzgereien als auch für Konsumenten. (Nose to Tail heisst Verwertung des ganzen Tiers). (GB)
(gb)