Bündner Bio-Ziegenkäse der Sennerei Sufers
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Dass Ziegenkäse immer besseren Absatz findet, hängt gemäss Andreas Michel, Präsident des Ziegenzuchtverbandes SZZV mit der Verschiebung der Essensgewohnheiten der Gesellschaft zusammen. Stets mehr Leute wollen gerne Spezialprodukte konsumieren. Zudem nimmt der Anteil der Bevölkerung zu, die bei Konsum von Kuhmilchprodukten mit Allergien und oder Laktoseintoleranz reagieren. Die Schweiz importiert einen beachtlichen Anteil an Ziegenkäse aus dem Ausland, vor allem aus Frankreich.
Ziegenkäse sollte auf keiner Käseplatte fehlen. Auch gratiniert oder grilliert ist er ein Genuss. Lauwarmer Ziegenkäse auf Blattsalat vermittelt einen Hauch französischer Lebensart. Je gereifter der Ziegenkäse, desto kräftiger ist sein Geschmack. Käse-Expertin Susanne Hofmann kontert das Vorurteil, dass der Ziegenkäse «böckelt»: «Das kommt von schlechtem Käsen. Lässt man die Milch zu lange stehen, oxidiert das Milchfett. Caprinsäure wird frei, und dadurch schmeckt der Käse nach Stall und Bock. Wird die Milch aber zügig verarbeitet, hat er ein mildes, leicht säuerliches und nussiges Aroma.»
Ziegenkäse hat andere Schmelzeigenschaften als Kuhmilchkäse, er behält eher seine Form beim Erhitzen. Daher ist er beliebt in der warmen Küche und sogar auf dem Grill.
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Sind Ziegenmilchprodukte gesünder?
«Ziegenmilch ist aufgrund ihrer Eiweiss- und Fettstruktur bekömmlicher als Kuhmilch», ist bei der Switzerland Cheese Marketing AG zu hören. Ziegenmilch und -produkte sind aus ernährungsphysiologischer Sicht interessante und bekömmliche Nahrungsmittel. In seltenen Fällen kann die spezifische Zusammensetzung für bestimmte Menschen
gesundheitliche Vorzüge bringen. Eine allgemeine Bevorzugung von Ziegen- gegenüber
Kuhmilch ist aber demäss der Forschungsanstalt Agroscope aus ernährungsphysiologischen, wissenschaftlichen Erkenntnissen kaum
begründet.
Neben traditionellem Halbhartkäse, oft saisonal als Alpkäse produziert, gewinnen Weichkäse mit Weissschimmel und vor allem auch cremige Frischkäse immer mehr an Bedeutung.
Die Ziege als «Kuh des armen Mannes» trägt in
Entwicklungsländern wesentlich zur Ernährung
des Menschen bei. In Europa ist die
Ziegenhaltung vor allem in den Mittelmeerländern
von grosser Bedeutung. Neben dem besonderen Geschmackserlebnis erhalten Ziegenmilchprodukte auch durch
die Ernährungsthematik Beachtung. So gibt es viele Ansichten über die ernährungsphysiologischen
und medizinischen Vorteile von Ziegenmilch. Die Forschung und die wissenschaftliche
Literatur über Ziegenmilch in der menschlichen Ernährung und Medizin sind
jedoch bescheiden und es ist schwierig zwischen Fakten und Irrglauben zu unterscheiden.
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Chevreau und Chevrette der Rohmilch-Weichkäserei Rougemont VD.
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Im Agroscope-Magazin «ALP aktuell» werden die Unterschiede zwischen Tatsachen und falschen Vorstellungen dargelegt. Die Autoren weisen darauf hin, dass Ziegenmilch für Kuhmilchallergiker nicht immer verträglich ist. In den meisten Fällen reagieren Personen, die auf ein bestimmtes Kuhmilchprotein allergisch sind, auch empfindlich auf ein ähnliches Protein in der Ziegenmilch.
Hingegen vertragen ungefähr 40% aller Kinder, die unter einer Kuhmilchallergie leiden, Ziegenmilch. In bestimmten Fällen führt Ziegenmilch zu einer Linderung verschiedener Beschwerden oder lässt diese sogar ganz verschwinden. Momentan fehlen jedoch wissenschaftliche auf Immunologie und biologischen Mechanismen basierende Daten dazu.
Hohe Mineralstoffdichte
Neben der Allergieproblematik befassen sich die Autoren mit Fett, Protein, Kohlenhydraten, Mineralstoffen und Vitaminen. Was die Mikronährstoffe betrifft, so weist Ziegenmilch ähnliche Konzentrationen auf wie Kuhmilch. Bezogen auf die Energie besitzt Ziegenmilch eine höhere Mineralstoffdichte (am meisten Mineralstoffe pro 100 kcal) als Kuh- oder Schafmilch.
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Personen, bei denen die Aufnahme von Nahrungsbestandteilen
durch die Darmwand
vermindert ist, schätzen die gute Verdaulichkeit
von Ziegenmilch. Dies kann auch
für die Verwendung von Ziegenmilch als
Basis für Säuglingsnahrung sprechen. Unter Verdaulichkeit versteht man die
Geschwindigkeit und das Ausmass der
Aufnahme im Körper.
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Ziegenmilch hat insgesamt tiefere Protein-,
Fett- und Laktosegehalte und damit auch
einen geringeren Energiegehalt als Kuhmilch.
Die Inhaltsstoffe der Ziegenmilch variieren
jedoch stark. Diese Abweichungen sind
vor allem von der Rasse, aber auch von
der Fütterung und dem Laktationsstadium
der Tiere abhängig.
Die Kohlenhydrate liegen in beiden Milcharten
jeweils als Laktose vor. Der nur
leicht niedrigere Laktosegehalt macht
Ziegenmilch für laktoseintolerante Personen
nicht verträglicher als Kuhmilch.
Besser verdaulich als Kuhmilch
Das Verhältnis von Kasein zu Molkenproteinen
ist mit ca. 80 zu 20% ungefähr
gleich wie bei Kuhmilch. Ein wesentlicher Unterschied liegt
im tiefen Gehalt an αs1-Kasein in Ziegenmilch.
Je nach Genvariation enthält Ziegenmilch
sehr wenig bis überhaupt kein
αs1-Kasein. Dies führt dazu, dass Ziegenmilch
unter Säureeinwirkung in weichere
und kleinere Flocken ausfällt, die von
Protein spaltenden Enzymen besser
angegriffen und abgebaut werden. Endgültige
wissenschaftliche Beweise dazu
fehlen jedoch.
Die Fettsäurenzusammensetzung ist ein
weiterer Grund für die gute Verdaulichkeit.
Bei beiden Milcharten dominieren
die gesättigten Fettsäuren, gefolgt von
den einfach ungesättigten und einem
kleinen Teil mehrfach ungesättigte Fettsäuren.
Der Hauptunterschied liegt in der Kettenlänge
der Fettsäuren. Ein hoher Anteil an
kurz- und mittelkettigen Fettsäuren
zeichnet das Fett der Ziegenmilch aus.
Dies ist auf den mehr als doppelt so
hohen Wert an Caprinsäure zurückzuführen.
Kurz- und mittelkettige Fettsäuren
werden leichter aufgenommen als die
langkettigen und sind deshalb besser
verdaulich. Sie gelangen direkt über die
Pfortader in die Leber und müssen nicht
über die Bildung von Lipoproteinen mit
Gallensäure transportiert werden.
Gesättigte kurz- und mittelkettige Fettsäuren
haben keine negativen Auswirkungen
auf den Cholesterinspiegel beim
Menschen und sind somit kein Risikofaktor
für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Ausserdem sind die Fettkügelchen in Ziegenmilch
durchschnittlich kleiner als diejenigen
von Kuhmilch. Diese kleinen
Kügelchen werden dank der grösseren
Oberfläche besser und schneller von Fett
spaltendenden Enzymen angegriffen und
verdaut.
Spezielle Inhaltsstoffe: Taurin und Kupfer
Taurin ist ein Abbauprodukt der schwefelhaltigen
Aminosäuren Cystein und Methionin
und kommt im tierischen Organismus
vor. Frauenmilch verfügt mit 4,2
mg/100 ml über einen vergleichsweise
hohen Tauringehalt; Kuhmilch enthält nur
gerade 0,24 mg/100 ml. Taurin ist von Bedeutung als
Wachstums- und Entwicklungsfaktor
im Gehirn von
Säuglingen. Die Essentialität
von Taurin für den Menschen
ist jedoch umstritten, da es
vom Körper selber produziert
wird. Eine Zufuhr über die Nahrung ist
normalerweise nicht nötig. In modernen
Energy Drinks wird dieser Stoff zum Teil in
grossen Mengen zugesetzt (bis 400
mg/100 ml).
Traditionelle
Ziegenkäse haben häufig höhere Kupfergehalte. Der Grund für den hohen Kupfergehalt in halbhartem und hartem Ziegenkäse liegt bei der Käseproduktion im Kupferkessi. Da die jeweils verarbeitete Milchmenge kleiner ist als bei Kuhmilchkäse und
somit eine stärkere Kupferübertragung stattfindet (mehr Kupferfläche pro Liter Milch).
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Ziegen-Frischkäse Schnittlauch von Schupplis Geissen-Käserei in Girenbad ZH, Kategoriensieger Ziegenkäse Swiss Cheese Awards 2010
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Ziegenhaltung ist aufwändig
Die Gämsfarbige Gebirgsziege hat in den letzten Jahren stark zugenommen und die Saanenziegen anzahlmässig auf Platz 2 verdrängt. Ich freue mich aber auch über die Zunahme von gefährdeten Rassen, wie zum Beispiel der Bündner Strahlen- oder der Pfauenziege. Die Ziegenhaltung erfordert recht viel Arbeit. Die Automatisation, wie zum Beispiel Melkroboter für Ziegen, lohnt sich für die Verkaufsfirmen wegen des relativ kleinen Marktes nicht. Die Maschine kann hier also nur bedingt die menschliche Arbeitskraft ersetzen. Weiter ruft der "Markt" nach grösseren Ziegenbetrieben. Hier ist die Haltung, insbesondere von gehörnten Ziegen, eine grosse Herausforderung wegen den gegenseitigen Tierverletzungen.
Die wirtschaftliche Vermarktung vor allem nach Ostern von Gitzi, die bei der Milchproduktion eben auch da sind, ist schwierig. Der SZZV will gemäss Michel unter allen Umständen verhindern, dass eine Praxis der Keulung von neugeborenen männlichen Jungtieren in der Schweiz Einzug hält. Diese wird verschiedentlich im Ausland praktiziert, um dann günstigeren Ziegenkäse in die Schweiz auszuführen. Die Erhaltung gefährdeter Rassen ist dem SZZV ein grosses Anliegen. Es ist aber schwierig bei jährlich abnehmender Anzahl von Bauernbetrieben alle gefährdeten Rassen zahlenmässig weiter aufzubauen. Der SZZV fördert die gefährdeten Rassen Appenzeller Ziege, Walliser Schwarzhalsziege, Nera Verzasca, Pfauenziege und die Bündner Strahlenziege. (Text: Agroscope, LID)
(gb)