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Report  22.11.2014
Die Geheimnisse der Schweizer Spitzenkäse
Gourmesse-Käsetagung 2014 im Rückblick
Schweizer Käse erlebt seit einigen Jahren einen Aufschwung. Welche Rolle spielen die innovativen Käser und wie kann die Schweiz weitere Liberalisierungen im Milch- und Käsemarkt überstehen? Wie sieht der Käse der Zukunft aus? Diesen Themen hat sich die 1. Schweizer Käsefachtagung mit hochkarätigen Referenten anlässlich der Zürcher Gourmesse 2014 gewidmet. Sie war ein bunter Mix von Vorträgen, Diskussionen, Degustationen und Networking. Einige Höhepunkte.


Obwohl die Käsetagung der Gourmesse 2014 im Rahmen einer Publikumsmesse stattfand, waren die 70 Teilnehmer mehrheitlich Fachleute.


«Schweizer Käse ist eine grosse Erfolgsgeschichte», so Käsebuchautor Dominik Flammer. Schweizer Käser sind weltweit führend im Knowhow. Der Beginn des Aufschwungs war das Ende der Käseunion vor 20 Jahren. Heute ist das grösste Wachstum bei den Spitzenprodukten und den Rohmilchkäsesorten.


Fredi Bieri, Käser und Pionier des erfolgreichen Käselabels «natürli aus dem Zürcher Berggebiet» ist ein glühender Verfechter von Rohmilchkäse und Kälbermagenlab. Schon nur das Thermisieren, d.h. ein Teil-Pasteurisieren, schmälere den Geschmack. Dies trotz Verwendung von Reifekulturen. Je höher man thermisiere und je länger man den Käse reife desto grösser werde der Unterschied.

Rohmilchkäse ergibt bei genügend langer Reifung Charakterkäse - analog zu vielen fermentierten Lebensmitteln wie Rohwurst, Brot mit Vorteig und langer Gärung sowie Wein. Rohmilchtilsiter und Appenzeller standen daher in der Kritik, da diese Sorten aus thermisierter Milch hergestellt werden. In der Schweiz darf Käse aus thermisierter Milch als Rohmilchkäse deklariert werden.


Rolf Beeler (mit dem Mikrophon), einer der Schweizer Käseguru, erklärte, dass beim Käse die Innovationen auf der Stufe der Milchsorte und des Affinierens bestehen. Ein Beispiel sind Büffelmilch und die fettreichere Jerseykuhmilch. Und er wies darauf hin, dass die Schweiz Spitzenkäse produzieren kann, weil ihre Käser mit der Rohmilch umzugehen wissen. Und er schlug vor, dass an der Käsetagung eine Erklärung abgegeben werde: dass die Schweiz nur noch silofreie Milch produzieren soll.

Beeler findet Sbrinz besser als den ähnlichen Parmesan (beides sind Extrahartkäse, die oft als Reibkäse verwendet werden): «Guter, ausgereifter Sbrinz nimmt es mit jedem Parmigiano Reggiano auf, sein Aroma ist voller und weniger salzig». Sbrinz ist gelblicher, da die Schweizer Kühe auf den Weiden Kräuter fressen. Parmesan ist bleicher, da die italienischen Kühe zum grössten Teil Mais erhalten.

Apropos «silofrei»: Diese Garantiemarke ist durch Initiative der gewerblichen Milchverarbeiter und Käsespezialisten ins Leben gerufen worden. Die gewerblichen Milchverarbeiter stellen jährlich über 100'000 t Schweizer Naturkäse und andere Milchspezialitäten aus Milch von silagefrei gefütterten Tieren her.

Diese Produktionsgrundlage ist Voraussetzung, dass die Milchspezialitäten und hier vorab unsere beliebten Rohmilchkäse ohne Zusatz von Nisin oder Lysozym hergestellt werden können. Diese Zusatzstoffe, welche in der ausländischen Käseproduktion vielfach eingesetzt werden, verhindern eine Nachgärung der Käse während ihrer Reifung.

Diese gewerbliche dezentrale Milchverarbeitung mit Milch von Tieren, welche ohne Silage gefüttert werden, ist eine Besonderheit der Schweizerischen Milchwirtschaft. Die Fütterung der Kühe basiert im Sommer auf Gras und im Winter auf Heu. Das Ziel ist auch der Erhalt der dezentralen Milchverarbeitungsstruktur, in deren Zentrum die Käserei als existenzfähiger Familienbetrieb zur Unterstützung des ländlichen Raumes steht. (aus www.silofrei.ch)

Warum Milchkühen keine Silage füttern?

Silage, Gärfutter oder Silo ist ein durch Milchsäuregärung konserviertes hochwertiges Futtermittel für Nutztiere, vor allem für Wiederkäuer (insbesondere das Hausrind), da diese durch die Fermentation der Nahrung im Pansen auch in der Lage sind, Strukturkohlenhydrate zu verdauen. Siliert werden können grundsätzlich alle Grünfuttermittel, unter anderem Gras (Grassilage), Mais (Maissilage), Klee, Luzerne, Ackerbohnen oder Getreide.



Milchkühe sollen im Sommer Gras und Kräuter auf der Weide fressen und im Winter unvergorenes Heu.


Silage kann unerwünschte Clostridiensporen enthalten. Clostridium tyrobutyricum ist als Verursacher einer Fehlgärung in der Käseherstellung gefürchtet. Der Keim kann über Silage als Futter der Kühe in das Tier eingetragen werden und gelangt über die Milch in den Käse. Milch von Kühen, die mit Silage gefüttert werden, ist für die Käseproduktion wegen der Gefahr einer möglichen Fehlgärung nicht geeignet.

In der Schweiz wird bei Käsereimilch auf den Einsatz von Silage verzichtet. In der EU ist Lysozym, ein aus Hühnereiweiss gewonnenes Enzym als antibakterieller Wirkstoff in der Käseindustrie zugelassen. Als Lebensmittelzusatzstoff mit der Nummer E 1105 darf es ausschliesslich für gereiften Käse verwendet werden, um Schäden durch eine Fehlgärung von Clostridium tyrobutyricum zu verhindern. (Wikipedia)


Bioprodukte legen zu, weil der Konsument das Echte und Vertrauenswürdige sucht. Biokäse hat allerdings nur 6.3% Marktanteil im Käsesegment. Zum Vergleich: Biobrot und Bioeier haben über 20% Anteil.

Es gibt zwar keinen systematischen sensorischen Unterschied zwischen Biokäse und konventionellem, der in der Bioproduktion begründet liegt. Aber es gibt Spitzenbiokäse wie zB von der Sennerei Andeer.



Prämierter Biokäse Andeerer Traum. Zweiter Rang in der Gesamtwertung und erster Rang in der Kategorie schmieregereifter Hartkäse am World Championship Cheese Contest in Madison USA 2010



Ein Käse kommt selten allein. Käseliebhaber schätzen die Vielfalt und Abwechlsung. CCA-Chef Martin Angehrn lancierte daher im 2009 Mischpakete, sogenannte Käseboxen, dies in diversen Fokussierungen und mit Wechsel jeden Monat.


CCA-Käseboxen enthalten zehn Sorten auch in kleinen Mengen ab hundert Gramm. Dazu pro Sorte einen sensorischen Beschrieb.

Die Frühstücks-Käsebox enthält mildere Sorten als die andern. Warum? Am Morgen ist der Gaumen empfindlicher, so dass zu rezente Käse einen normalen Konsumenten überfordern würden.


Am Ende der Käsetagung gab es eine Podiumsdiskussion zu den Fragen: Was ist nötig, um dem Schweizer Käse im In- wie im Ausland die Marktchancen zu verbessern? Welche Rolle spielt die Gastronomie, welche insbesondere die Spitzenköche? Welche Chancen bestehen, dass Schweizer Käse auch in einem weiter liberalisierten Markt überleben kann?


An der spannenden Podiumsdiskussion dabei war auch Marthin Bienerth von der Sennerei Andeer. Er gewann mehrere nationale und internationale Prämierungen.

(gb)
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