Vorab im Frühling ist Gitzifleisch hoch im Kurs — der einst traditionelle Ostergitzibraten findet immer mehr Liebhaber. Und längst sind auch die Städter auf den Geschmack gekommen. Die Gitzinachfrage zu Ostern macht sich auch in der Dorfmetzg Tobler im St. Gallischen Grabs bemerkbar. Bis zu 20 Gitzi werden von anfangs Februar bis Ende April jede Woche im Schlachthof angeliefert und vom Metzgerteam fachmännisch in Einzelstücke zerlegt: Schulter, Schlegel. Brust, Braten und Koteletts.
Für Metzgermeister Peter Tobler (Bild) ist Gitzifleisch etwas Besonderes, mit einem typischen Eigengeschmack. Und damit meint er nicht das Geisselen oder gar Böckelen. Denn: «Bei richtiger Verarbeitung schmeckt Gitzi ebenso wie Ziegenfleisch keinesfalls streng, sondern harmonisch und bei optimaler Haltung der Tiere aromatisch», hält Tobler fest.
Fett muss weg
Richtig verarbeiten bedeutet konsequentes Wegschneiden des Fettes. «Fett ist der eigentliche Geschmacksträger, darin verbirgt sich der je nach Alter der Geiss der mehr oder weniger ausgeprägte, leicht strenge Eigengeschmack. Im Fleisch selber sei dieser nicht vorhanden.»
Nicht unwesentlich für eine hohe Fleischqualität sind auch Haltung und Futter: viel Bewegungsfreiraum, frische Luft und eine naturgerechte Fütterung. Toblers Gitzifleisch ist leicht rosa. «Wäre es weiss, würde das auf eine falsche Fütterung hinweisen», gibt er zu bedenken. Seine Gitzis ernähren sich ausschliesslich von Milch und Heu. Wachstumsförderer im Futter toleriert er nicht. Wichtig sind kurze Transportwege. Die Tiere haben so möglichst wenig Stress, was sich ebenfalls positiv auf die Fleischqualität auswirkt.
Die Dorfmetzg Tobler ist auch spezialisiert auf die Herstellung von Wurstwaren von der Ziege. Zwischen 5 und 10 Geissen werden pro Woche geschlachtet. «Wir sind bekannt für Lohnschlachtungen, das hat sich herumgesprochen», betont der Metzgermeister. Die Bauern bringen die Ziegen direkt nach Grabs.
Gitzi als Delikatesse. Bild: Siegerteller des Jungkochwettbewerbs «La cuisine des jeunes» mit Gitzi.
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Der Absatz von Gitzifleisch fällt nach Pfingsten nahezu auf Null, obwohl es eigentlich das ganze Jahr verfügbar wäre. Längst vorbei sind nämlich die Zeiten, in denen der Lauf der Natur die Saison der Gitzis auf den Frühling beschränkte. Mehr und mehr Züchter achten inzwischen darauf, dass frisches Gitzifleisch ganzjährlich erhältlich ist.
Bei den Konsumenten haben diese Bemühungen aber noch nicht Fuss gefasst. Es ist ein Teufelskreis: die mangelnde Nachfrage auf dem Fleischmarkt drückt auch den Gitzi-Ankaufs-Preis nach unten. Die Bemühungen, Gitzifleisch zu einem Ganzjahresprodukt zu machen, drohen somit im Keime zu ersticken.
Von der Bratwurst bis zum Mostbröckti
Anders bei der Ziege selber, wo der Absatz der Produkte an keine Jahreszeit gebunden ist. Hier steht nicht das Frischfleisch im Fokus sondern Trockenwürste und Mostbröckli. Auch Bratwürste, Cervelats oder Wienerli von der Geiss munden hervorragend. Allerdings nur dann, wenn der Fettanteil in der Wurst nicht von der Ziege, sondern vom Schwein stammt. «Schliesslich will niemand den Geschmack des Geissbockes im Mund», sagt Tobler mit einem Augenzwinkern. (Text: Auszug aus dem Buch «Geissen, Gitzi, Gaumenkitzel»)
Gitzi-Rollbraten mit grünen Spargeln und Morcheln
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Rezept: Gitzi-Rollbraten mit grünen Spargeln und Morcheln
500g grüne Spargeln
1 Schalotte
15g Petersilie
100g frische Morcheln
20g Butter
800g Gitzi vom Stotzen
Salz, Pfeffer
Öl zum Braten
Zubereitung:
Spargeln schälen und blanchieren. Schalotte und Petersilie fein hacken. Morcheln halbieren, gut waschen, mit den Schalotten in Butter dünsten, auskühlen. Petersilie daruntermischen.
Fleisch auf beiden Seiten würzen, mit Morcheln und Spargeln belegen. Fleisch aufrollen und mit Küchenschnur binden. Roulade in wenig Öl braten, bis sie goldgelb ist. Im vorgeheizten Ofen bei 170 Grad 35 Minuten garen.
Servieren:
Roulade herausnehmen und 5 Minuten ruhen lassen. Küchenschnur entfernen und Fleisch tranchieren. Als Beilage empfohlen: Gebratene Frühlingskartoffeln mit Bratensauce.
Rezept und Bild von René Kaufmann, Gasthaus Rössli, Illnau.
Soeben erschienenes Buch über Gitzi
«Geissen, Gitzi, Gaumenkitzel — Das Kochbuch mit Hintergrund» geht dem Ursprung der Ziege auf den Grund und spannt den Bogen in die Gegenwart. Als Nutztier gewinnt sie mehr und mehr an Bedeutung. Der Gitzibraten zu Ostern wurde von Gastronomen wiederentdeckt und überlieferte Gitzirezepte neu interpretiert. Derweil die Milch von innovativen Käsern zu delikatem Ziegenkäse verarbeitet wird.
Das Buch umfasst 38 Rezepte zu Gitzifleisch, Ziegenmilch und Geisskäse, kreiert und zubereitet von sechs Küchenchefs, die sich dem Thema Geiss in der Gastronomie speziell verschrieben haben. Lassen Sie sich von den Rezepten begeistern und zum Nachkochen animieren.
«Geissen, Gitzi, Gaumenkitzel» ist aber mehr als nur Rezeptbuch: Es liefert Informationen rund um die Ziege und Ziegenzucht, schaut einem Ziegenmilchkäser bei seiner Arbeit über die Schultern, zeigt, wie aus Ziegenfleisch ein würziger Schüblig oder Landjäger wird und stattet der grössten Ziegenalp der Ostschweiz einen Besuch ab. Realisiert wurde das Buch in Zusammenarbeit des Vereins Ziegenfreunde und des Trägervereins Culinarium.
Buchtipp: Geissen, Gitzi, Gaumenkitzel von Spengler, Nideröst, Basista, Baumgartner. Das Kochbuch mit Hintergrund 17 x 24 cm, 128 Seiten, illustriert, Fr. 38.— ISBN 978-3-908166-56-6 Toggenburger Verlag www.toggenburgerverlag.ch
Wissenswertes über Gitzi- und Ziegenfleisch
Während hauptsächlich das Fleisch von sechs bis acht Wochen alten Gitzi als Frischfleisch-Spezialitäten zu den Konsumenten und Gastronomen gelangt, wird das Fleisch der ausgewachsenen Ziegen vorwiegend zu Rohwürsten und Trockenfleisch verarbeitet.
Schlegel vom Frühlingsgitzi
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Rücken und Gigot eignen sich ganz besonders zum Braten/Schmoren im Ofen, begleitet von einer ausgewählten Gemüsegarnitur. Schulter und Brust ergeben in brauner, würziger Sauce gegart oder auf dem Grill bzw. im Ofen knusprig gebraten herrliche Gitzi-Leckereien.
Tradition: Ostergitzi
Der Brauch, aufgrund seiner Reinheit vor
allem an Ostern Gitzifleisch zu essen,
entstammt der christlich-abendländischen
Tradition. Am stärksten wird dem heute
im Tessin nachgelebt. Das Brunstverhalten
der Ziegen begünstigt Geburten Anfang
Jahr, sodass die Gitzi vor Ostern schlachtreif sind.
Was früher häufig als ein «Arme-
Leute-Festessen» galt, ist heute längst
zu einer raren Spezialität geworden. Das
Ostergitzi ist vielerorts bereits ab Februar,
spätestens aber ab Palmsonntag und
bis Pfingsten erhältlich. Das Fleisch der
Ostergitzi ist hell und zart.
Trend: Herbstgitzi
Beim Herbstgitzi, auch Alp- oder Berggitzi
genannt, handelt es sich um das qualitativ
beste Ziegenfleisch. Aufgrund des Bedürfnisses,
über das ganze Jahr melken und Ziegenkäse
anbieten zu können, werden Gitzi
vermehrt auch in anderen Jahreszeiten geboren.
Herbstgitzi
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Dies ermöglicht vielen Jungtieren, den Sommer über auf den Alpweiden der
Schweizer Berge zu verbringen, wo sie sich
an den saftigsten Kräutern gütlich tun können.
Dadurch wird das Fleisch rötlicher, kräftiger
und aromatischer, bleibt aber dennoch
feinfaserig und zart. Die Herbstgitzi tragen
zum Erhalt der gefährdeten Rassen bei.
Die Nährwerte von Ziegenfleisch
Gitzi- und Ziegenfleisch enthält nur wenig
Fett, ist cholesterinarm und deshalb gesund.
Ziege als Nutztier
Die Ziegen gehören zu den ältesten Haustieren
überhaupt und dienten früher vorwiegend
der Selbstversorgung. Heute gilt
die Schweiz als Ursprungsland der modernen
Ziegenzucht. Ziegen werden vorwiegend
zur Milchproduktion gehalten. Für
Rassen wie die Burenziege oder die Walliser
Schwarzhalsziege ist aufgrund ihrer
besonderen Haltungsformen dagegen
die Fleischproduktion der bedeutendste
wirtschaftliche Faktor.
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Gitzi der Appenzeller Ziege
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Aufgrund der zunehmenden Nachfrage ernährungsbewusster
Konsumentinnen und
Konsumenten nach Erzeugnissen von der
Ziege ist deren Zahl in den letzten 20 Jahren
auf über 80 000 angestiegen. Sie werden
von knapp 8000 Personen gehalten.
Die grösste Anzahl Geissen findet man in
den Kantonen Bern, Tessin, Graubünden,
St. Gallen und Wallis. Ziegen findet man
grundsätzlich in allen Regionen und Höhenlagen
der Schweiz.
Schweizer Rassenvielfalt
10 Rassen und rund 30 000 Ziegen sind
im Herdebuch des Schweizerischen Ziegenzuchtverbandes
(SZZV) eingetragen. Die
Hauptrassen – Saanenziege, Gämsfarbige
Gebirgsziege und Toggenburgerziege –
sind aufgrund ihrer hohen Milchleistung
weltweit gefragt. Als typische Fleischrasse
gilt die Burenziege. Der Herdebuchbestand
dieser Rasse ist in den letzten
Jahren stark angewachsen.
Ziegen haben einen bedeutenden Bezug
zum regionalen Brauchtum. Bei einer
Alpfahrt im Appenzellerland wäre das Bild
der vorausgehenden schneeweissen
Appenzellerziegen nicht wegzudenken. Auch
Schwarzhalsziegen über den Gletschern
der Walliser Alpen sind mehr als nur ein beliebtes
Fotomotiv.
Als besonders robust
gilt die brandschwarze Nera Verzascaziege,
die im Tessin fast ganzjährig im Freien
lebt. Diese drei Rassen gelten als gefährdet,
ebenso wie die aus dem Bündnerland
stammende Pfauenziege und die Bündner
Strahlenziege.
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Von Pro Specie Rara geförderte Pfauenziege an der Geissenshow. Diese ist wieder am 23. März 2013
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Notabene:
Morgen Samstag 23.3.2013 findet wieder die jährliche Geissenwho in Wattwil im Toggenburg statt mit hochklassigen Ziegen und deren Produkten.
Eine Schau mit sämtlichen in der Schweiz gezüchteten Geissenrassen und ein kulinarischer Markt mit einer breiten Palette an Ziegenprodukten. Der Anlass ist ein Publikumsmagnet. Unterhaltungsabend mit Gastronomie und der Wahl der neuen Geisskönigin verspricht wieder ein tolles Abendprogramm.
www.geissenshow.ch
Ziegen-Haltung und -Produktion
Ziegen sind für ihre wählerische Nahrungsaufnahme
bekannt. Dadurch kann sich
die Ziege aus einem vielseitigen Grünlandbestand
eine günstige, nährstoffreiche
Futterration zusammenstellen. Die Ziege
gehört – wie das Rind – zur Familie der
Wiederkäuer. Die Rohfaser im Futter spielt
eine wichtige Rolle für die Verdauung
und die Energieversorgung der Tiere. So
können sie auch auf extensiven Weiden
mit geringem Futterwert hohe Leistungen
erbringen.
Auf den Alpen sind Ziegen sehr
willkommen, da sie durch ihr Fressverhalten
die Verbuschung von Gebirgsweiden verhindern.
Sie geniessen mit Vorliebe Kräuter
und Pflanzen, die andere Tiere verschmähen.
Obwohl Ziegen ihr Futter oft in unwegsamem
Gelände ergattern, verursachen
sie keine Tritt- und Erosionsschäden; sie
verfestigen sogar den Boden.
Ziegen fressen die schmackhaftesten Kräuter
Produkte von der Ziege für den
ernährungsbewussten Geniesser
Während Ziegen früher hauptsächlich der
Selbstversorgung dienten, entdecken heute
ernährungsbewusste Konsumentinnen und
Konsumenten die schmackhaften Produkte
der Ziege. Bei Allergien gegen Kuhmilch
und bei Verdauungsproblemen ist Ziegenmilch
oftmals eine gute Alternative. Ziegenkäse
erfreut sich zunehmender Beliebtheit.
Ziegen bewegen sich von Natur aus gerne
und können gut klettern. In den Schweizer
Laufställen wird diesen Umständen
beispielsweise mit erhöhten Liegenischen
Rechnung getragen. Den Sommer verbringen
die meisten Ziegen auf saftigen Alpweiden.
Robuste Rassen werden fast ganzjährig
im Freien gehalten. Nässe und Zugluft
mögen sie nicht, weshalb man ihnen bei
extremer Witterung Schutz durch einen
Unterstand bietet.
(Text: Proviande, SZZV)
(gb)