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Report  02.02.2013
Fasnachts- und Fasten-Gebäcke im Vergleich

Fasnacht in Basel: straff organisierter Cortège (Umzug) am Montag nach dem Morgestraich, freies individuelles Gässlen am Dienstag.


Der Ursprung der Fasnacht, liegt in der 40-tägigen Fastenzeit, welche im Gedenken an die Leiden Christi vor Ostern durchgeführt wird. Diese beginnt seit jeher am «Aschermittwoch». Die «Fastnacht» war ursprünglich der Dienstag vor Fastenbeginn am Aschermittwoch. In Verbindung mit der bevorstehenden Fastenzeit entwickelten sich im hohen und ausgehenden Mittelalter Bräuche und Festlichkeiten, die sich über mehrere Tage vor Fastenbeginn hinzogen und mit dem Aschermittwoch endeten.

Diese erlaubten es, vor der strengen Fastenzeit nochmals ausgiebig allen möglichen Sinnesfreuden zu frönen, ausgelassen und masslos zu sein und mit Hilfe von Masken und Verkleidungen eine andere Identität anzunehmen. Zusätzlich dienten die Fratzen als Symbol zur Vertreibung des kalten, unfruchtbaren Winters. Die «Fastnacht» war zudem die letzte Möglichkeit, vor der österlichen Fastenzeit nochmals Fleisch zu essen, worin der «Schmutzige Donnerstag» seine Bedeutung erlangte.

Tierische Produkte verboten beim Fasten

In den katholischen Gegenden der Schweiz sowie in Deutschland beginnt die richtige Fasnachtszeit mit dem «Schmutzigen Donnerstag», welcher auf den Donnerstag vor dem Aschermittwoch fällt. Da in der Fastenzeit ursprünglich viele Speisen wie z.B. Fleisch, Eier, Milch- und Milchprodukte verboten waren, wären diese Produkte in der Vorratskammer der mittelalterlichen Hausfrau nutzlos verdorben. Aus diesem Grund musste vor der Fastenzeit noch einiges an Lebensmitteln aufgebraucht werden. Der fette oder schmutzige Donnerstag bezeichnet folglich den Tag, an welchem einst das häusliche Backen begann. Zudem galt er als letztmöglicher Schlachttag vor der Fastenzeit.


Fasnacht in Luzern: ein Hexenkessel ohne scharfe Trennung von Fasnächtlern und Zuschauern


Traditionell wurde an diesem Tag das üppige Essen begonnen, welches sich bis zum Aschermittwoch hinzog und Reserven für das 40-tägige Fasten geben sollte. An diesem Tag wurden auch die noch heute beliebten, in Fett ausgebackenen, Spezialitäten hergestellt. Das Schweinefett als Nebenprodukt des Schlachtens konnte in der Küche gleich für die Leckereien eingesetzt werden. Diese Spezialitäten gaben auch dem schmutzigen Donnerstag seinen Namen, denn mit «Schmutzig» ist nicht etwa Schmutz sondern das alemannische Wort «Schmotz» gemeint, was Fett/Schmalz bedeutet.

Dass die Fasnachtsleckereien allesamt in Fett ausgebacken wurden, ist auf sehr praktische Gründe zurückzuführen. Bis ins 20. Jahrhundert war ein Backofen im Privathaushalt keine Selbstverständlichkeit. Fettgebackenes war in dieser Zeit folglich die Backmethode par excellence, da es als «Herdgebäck» keinen Backofen für die Zubereitung erforderte. Man benötigte ausschliesslich eine grosse, weite Pfanne. Auf offenem Feuer und mit einer ordentlichen Menge an Fett, in welchem das Gebäck mehrmals gewendet und übergossen wurde, stellte jeder Haushalt seine eigenen Fasnachtsköstlichkeiten her.


Fasnacht in Zürich: Dauersujet sind Hexen. Afrikanische Kinder unter den Zuschauern (in Zürich nicht selten anzutrefffen) verstecken sich – sie glauben wirklich an Hexen.


Fasnachtschüechli sind zur Fasnachtszeit in der ganzen Schweiz, aber auch in Deutschland und Österreich sehr beliebt. Andere Spezialitäten sind wiederum sehr typisch und bekannt für einen Kanton. Beispiele dafür sind die mit Birnenmus gefüllten Schwyzer Krapfen oder die Bacheschnitte – eine Appenzeller Fasnachtsspezialität mit Milch, Zimt und Bier. Eine grosse Variation an Fasnachtsleckereien bietet der Kanton Basel-Stadt. (Text: SGE)

Schwyzer Zigerkrapfen

An zwei Terminen prägt der rautenförmige, in Fettstoff gebackene Schwyzer Krapfen die Bäckereiauslagen in der Region um die Kantonshauptstadt massgebend: an der Chilbi im Herbst sowie an der Fasnacht im Winter. Hundertfach gehen die mit Birnenmus gefüllten Gebäcke an den beiden Festanlässen über die Ladentheken. Als Einheimischer bestellt aber kaum jemand einen Schwyzer Krapfen in der Bäckerei seines Vertrauens sondern einen „Kösikrapfen“. „Kösi“ ist der Dialektausdruck für das Birnenmus.


Ziger Krapfen der Luzerner Bäckerei Gasser mit Silbermedaille der Swiss Bakery Trophy 2008. Ziger schreibt man ohne «ie» - auf dem Produktschild ist das Wort falsch geschrieben.


Der Schwyzer Krapfen gehört in die sehr grosse Gebäckfamilie der Krapfen, die sich über die ganze Innerschweiz verteilt. Der berühmteste Vertreter dieser Familie ist der „Zigerkrapfen“. Mit dem „Ofenkrapfen“ aus Unterwalden, der auch mit Birnenmus gefüllt ist, aber nicht in einem Fettstoff gebacken wird, sowie dem „Brienzer Krapfen“, der quadratisch geformt und wesentlich grösser ist, finden sich sogar zwei sehr nahe Verwandte des Schwyzer Krapfens.

Wie alle Krapfen besteht auch jener aus Schwyz aus einer Teigtasche und einer Füllung. Als Teig wird ein so genannter geriebener Teig verwendet. „Er heisst so, weil zuerst einmal nur Mehl mit einem Fettstoff, meistens Margarine, miteinander verrieben wird“, erklärt ein Produzent. „Erst danach werden Wasser, Salz und Zucker beigegeben und vermischt.“ Schliesslich wird der Teig von der Ausrollmaschine hochpräzise und schnell zu einem ganz dünnen Teigteppich gerollt. Dieser Teigteppich legt der Bäcker sorgfältig auf eine mit Mehl bestäubte Fläche und streicht dann mit einem Plastikschaber die Füllung darauf. Im Falle des Schwyzer Krapfens ist das eine Birnenmusfüllung.


Zigerkrapfen der Bäckerei Tulipan in Einsiedeln


Sobald der zweite, identisch grosse Teigteppich schliesslich auf den bereits bestrichenen gelegt ist, nimmt der Bäcker einen langen, metallenen Lineal sowie ein stumpfes, gezacktes „Krapfenrädli“ zur Hand und schneidet so – ein Schnitt schnurgerade, der andere abgewinkelt – die einzelnen rautenförmigen Krapfen aus. Schliesslich stupft er sie noch, oben wie unten, „damit beim Frittieren der heisse Dampf im Innern entweichen kann“, wie der Bäcker erklärt.

Der letzte Produktionsschritt ist das Fritieren. Und das geht erstaunlich schnell vonstatten: Nur rund zwei Minuten „baden“ die Krapfen in etwa 150 bis 160 Grad heissem Öl. Dazu werden sie vorab in ein verschliessbares Sieb gelegt, in dem 36 der rautenförmigen Teigtaschen Platz finden. Sobald sie schön hellbraun gebacken sind, fischt man sie heraus und lässt sie kurz abtropfen und -kühlen. Da der Schwyzer Krapfen seiner geringen Grösse wegen nur ganz kurz frittiert wird, saugen sie weniger Fett auf als die meisten anderen Krapfen, und sind dementsprechend etwas leichter.

Basler Fastenwähe

Das Gegenteil der üppigen Schwyzer Krapfen ist die Fastenwähe, historisch betrachtet eine Fastenspeise. Ein Beispiel ist die Basler Fastenwähe, ein bretzelähnliches Gebäck aus feinem Hefeteig, das mit Kümmel bestreut wird. Auch in Bern wird sie produziert. Die Zutaten: Milch, Hefe, Salz, Malz, Mehl, Butter, Eigelb zum Bestreichen, Kümmel.



Fastenwähe vom Basler Sutter-Begg


Die Form ist neben den Kümmelsamen das optische Erkennungsmerkmal der Fastenwähen und erinnert tatsächlich an eine Bretzel. Die geformten Fastenwähen werden dann auf Backbleche abgesetzt und in den 300 Grad heissen Ofen mit Oberhitze geschoben. Nach sechs bis sieben Minuten Backzeit sind sie oben goldbraun gebacken, während der Boden hell bleibt.

In Basel ist die Fastenwähe ein zwischen 45 und 95 Gramm schweres und 9 bis 13 Zentimeter langes, ausladendes bretzelähnliches Gebäck, das ausschliesslich ab der zweiten Woche Januar bis kurz vor Ostern hergestellt wird. Dieser Zeitraum ist keinesfalls zufällig: In der abendländisch-christlichen Kultur umfasst die Fastenzeit den 40-tägigen Zeitraum zwischen Aschermittwoch und Ostern.


Fastenwähe der Berner Bäckerei Glatz


Die Fastenwähe führt die Tradition einer Fastenspeise – zumindest zeitlich – bis heute fort. In der Stadt wie auch auf der Landschaft kann die Fastenwähe dann in allen Bäckereien und auch bei den Grossverteilern gekauft werden. Vereinzelte Bäckereien in Bern, St. Gallen sowie im Zürcher Unterland stellen das Gebäck ebenfalls her.

Weissmehl und Butter waren noch im 18. Jahrhundert eher teure Zutaten. Dank zunehmenden Verbesserungen im Landwirtschaftssektor, etwa durch die Mechanisierung oder die Düngung, konnten Produktivität sowie Ertrag massiv gesteigert werden. Notzeiten wurden seltener, die Zutaten billiger, die Fastenwähe zunehmend für alle erschwinglich.



Fastenwähe der Basler Filiale der Zürcher Confiserie Sprüngli.


Im so genannten „Sunnereedli“ hat die Fastenwähe seit 1925 einen kleinen Bruder. Es handelt sich dabei um Fastenwähen im Miniformat, die in der Region Basel ganzjährig hergestellt werden und ein beliebtes Apérogebäck sind. Wobei nur das Aussehen gleich ist, die beiden Rezepte sind unterschiedlich. Ein weiterer naher Verwandter der Fastenwähe ist das Fastenbrötchen aus Plaffeien im Kanton Freiburg, das ebenfalls mit Kümmel bestreut ist, allerdings eine runde Form aufweist. (Text: kulinarisches Erbe)

Weiterlesen: Wer macht die besten Fasnachtschüechli?
(gb)
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