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Lammbraten mit Knödel und Rotkraut in einem modernen Prager Restaurant.
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Die Tschechische Küche ist stark vom Fleisch geprägt. Gemüse spielt eine Nebenrolle, aber Salate wie Kopfsalat, Tomaten, Sauerkraut und Peperoni gewinnen in der modernen Küche an Bedeutung und Beliebtheit. Die Böhmische Küche, d.h. die Küche des westlichen Landesteils der heutigen Tschechischen Republik, wurzelt in der slawischen Tradition Böhmens und ist vor allem mit der österreichischen Küche, aber auch mit den Küchen Süddeutschlands verwandt.
Im fruchtbaren Böhmen war das Angebot an Feldfrüchten, Obst, Gemüse, Beeren, Pilzen, Fischen und Wild schon immer vielfältig. An Obst gedeihen vor allem in wärmeren Landstrichen auch Pfirsiche und Aprikosen. Die Landwirtschaft lieferte ausreichend Getreide und Fleisch, vorwiegend von Schwein und Rind. Dementsprechend üppig entwickelte sich auch der Speisezettel der böhmischen Küche.
Diese Prager Metzgerei erinnert an die Fünfziger Jahre: einfache Produkte, ohne Schalen und Dekors präsentiert. Vor allem Schweinefleisch, kaum Traiteurartikel dafür Schweinsohren und Schwarten auf der Theke.
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Zu den klassischen Bestandteilen eines typischen tschechischen Essens zählen zweifelsohne Fleisch - meistens vom Schwein wie Schweinebraten mit Sauce, aber auch Gulasch (Rind), Wiener Schnitzel (Kalb) oder Ente und Wild. Das Tschechische Nationalgericht ist Schweinebraten mit Knödel und Sauerkraut. Die Tschechen reiben dazu
Fleisch an der Schwarte mit viel Knoblauch und Kümmel ein.
Weitere Hauptgewürze sind Kümmel, Liebstöckel, Piment und Majoran. Mit Salz wird nicht gespart. Ein weiteres Nationalgericht ist Rindsbraten mit Gemüserahmsauce, Semmelknödel, garniert mit Birnen- und Preiselbeerenkompott. Lamm und Fisch sind seltener anzutreffen, aber der böhmische Karpfen ist berühmt und wird viel ins Ausland exportiert. In Tschechien wird er jedoch überwiegend am Heilig Abend (meistens paniert) gegessen.
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Ganze Enten im Federkleid, nicht ausgenommen und ungekühlt abhängend in einem Feinkostladen. Auch in der Schweiz praktizierte man dies früher, hängte die Vögel aber am Schnabel auf. Wenn sie herunterfielen, war dies ein Zeichen dafür, dass das Fleisch mürb war und sicherlich genügend «haut goût» hatte.
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Als Beilage gibt es oft Knödel mit oder ohne Speck, Kartoffeln oder Kartoffelpüree, Sauerkraut, Weisskohl oder Knoblauchbrot. Serviettenknödel sind Hefeknödel, die mit einem Bindfaden geschnitten und als Scheiben serviert werden. Die beliebten Kartoffel- oder Semmelknödeln basierten früher auf übriggebliebenen Nahrungsmitteln, wie es der Name verrät. Sauerkraut wird schonend gekocht, leicht gesüsst und vielseitig gewürzt. Die Gerichte sind schmackhaft aber nicht kalorienarm. Eher als Delikatessen gelten gebratene Prager Ente oder Martins Gans, ebenfalls mit Knödel.
Berühmter Prager Schinken
Prager Schinken ist ein berühmter Kochschinken der böhmischen Küche. Er wird traditionell vor allem warm als Hauptgericht serviert. Man salzt und pökelt Stotzen von jungen Schweinen in der Schwarte, würzt mit Koriander, Wacholder, Kümmel, Lorbeer und etwas Zucker. Das Fleisch wird einen Monat mit Nadelholz kalt geräuchert und dann gekocht und anschliessend gebacken oder geschmort.
Für die Zubereitung als Hauptgericht wird die Schwarte entfernt, der Schinken dicht in Brotteig gehüllt im Ofen gegart und meist mit Madeirasauce serviert. Eine weitere traditionelle Zubereitungsart ist das Schmoren mit Wurzeln und Burgunder, wobei der entstehende Fond mit Kraftsauce und Madeira o. ä. ergänzt wird. Um ihn als Aufschnitt zu verwenden, wird er mit der Schwarte sanft gebacken. So ist er üblicherweise im Handel erhältlich.
Bei einem Marktfahrer im Prager Stadtzentrum: Prager Schinken am Drehspiess über dem Holzkohlefeuer.
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Speckwürstchen gehören zu den kulinarischen Leckerbissen. Die kurzen dicken Würste besitzen einen hohen Fettgehalt. Eine Spezialität sind «ertrunkene Würstchen», eingelegt in einer sauer-scharfen Lake mit reichlich Zwiebeln und scharfer Paprika. So werden sie gern zum Bier gegessen.
Herzhafte Suppen, vor allem Linsen-, Kraut- und Kartoffelsuppe und hunderte anderer Arten mit verschiedenen Einlagen dominieren als Vorspeise, aber auch Zunge in Sulz oder kaltes Fleisch. Salate als Beilage sind meistens schlicht, oft nur mit Essig angerichtet und gesüsst, Tomatensalat ist immer mit Zwiebelwürfeln garniert, Gurkensalat mit Dill-Sauerrahm. Kartoffelsalat ist ein wesentlicher Bestandteil der Böhmischen Küche und ist in zwei Varianten üblich: als Vollversion mit Mayonnaise, (Fleisch-)Wurst, gekochten Eiern, Gewürzgurken, Karotten, Erbsen, Zwiebeln, oder als einfache Beilage, nur mit Zwiebeln und angemacht mit Essig und Öl. Oft werden Speck- oder Apfelwürfel hinzugegeben.
Desserts und Guetsli
Beliebte Desserts, ein Stolz der Tschechen, sind Palatschinken (Omeletten), Kolatschen (Fruchtquarkplunder), Liwanzen (Hefepfannkuchen), Apfelstrudel, süsse Knödel gefüllt mit Saisonobst auf flüssiger Butter mit Pulverzucker bestreut. Viel verwendet wird in der traditionellen böhmischen Küche Mohn sowie Pflaumenmus. Eine Besonderheit sind die Weihnachtsguetsli, der Stolz aller Hausfrauen, welche viele verschiedenen Sorten backen. Der Weihnachtsstollen mit Rosinen, Mandeln und kandierten Früchten gehört unbedingt auf jeden Weihnachtstisch.
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Weihnachtsguetsli, der Stolz aller Tschechischen Hausfrauen (Bild: Miroslav Steiner)
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Käse ist zwar sehr beliebt, aber die Sorten orientieren sich an den Westeuropäischen Vorbildern. Im östlichen Mähren wird Käse aus Schafmilch hergestellt und geräuchert.
Gern trinkt man Buttermilch, Sauermilch und Kefir.
Tschechien ist ein Bierland. Rund 160 Liter pro Kopf und Jahr trinken die Tschechen, während die Deutschen nur auf ca. 112 Liter kommen. Tschechisches Bier gilt als eines der weltbesten. Namen wie Pilsner Urquell und Budweiser sind überall bekannt. Ganz besonders beliebt es das klassische Pilsener oder das süffigere Schwarzbier. Prag besitzt viele urchige Bierstuben, wo auch Braten mit Klössen serviert wird. Als Lokalpatrioten bevorzugen die Tschechen Biere von kleineren lokalen Brauereien, die nicht den Einheitsgeschmack des Biers internationaler Konzerne haben.
Die Karlsbrücke im Zentrum von Prag von einem Moldauschiff aus gesehen.
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Nationalgetränk ist der starke Pflaumenschnaps Sliwowitz, weltbekannt ist Jelinkova Slivovice aus Vizovice in Südmähren. In Südmähren und Böhmen wird Wein produziert. Er schmeckt „zuerst herb, dann aber süffig“ wie ein bekannter Nationaldichter des vorletzten Jahrhunderts schrieb.
Um das kulinarische Niveau mit andern Ländern zu vergleichen, dienen internationale Wettbewerbe. Allerdings beteiligen sich Tschechische Firmen nur am Rand bei den Tests der Deutschen Landwirtschaftlichen Gesellschaft DLG, welche Produkte aus aller Welt professionell degustiert und bewertet.
Auf www.dlg.org findet man nur je zwei prämierte Fertiggerichte einer tschechischen Metzgerei sowie zwei weitere Produkte (Mandeln und Haselnüsse). Fleischwaren und Backwaren, der Stolz der Tschechen, fehlen. Auch an der internationalen Bergkäseolympiade 2010 war das Land nicht vertreten, jedoch mit einem Kochteam an der Koch-WM 2010, wo es den 13. Rang belegte (zum Vergleich: 1. Rang Singapur, 2. Schweden, 3. USA, 4. Schweiz). (Text: GB / Miroslav Steiner, Bilder: Arthur Rossetti)
(gb)