delikatessenschweiz.ch
Report  14.08.2010
Mariage: Heiraten ist im Trend, auch bei Food & Beverage

Grosse Liebe zwischen Mozarella und Tomate, und sogar ewige Liebe
schwören sich Bufala und Coeur de Boeuf-Tomate.


Der August hat den Mai als beliebtester Heiratsmonat überholt gemäss einem Bericht von «10 vor 10». Heiraten ist auch in den Marketingabteilungen von Produktherstellern ein zunehmendes Thema. Gemeint sind Produkte-Mariage-Tipps. Gourmets sprechen von «Mariage», wenn zwei eigenständige Produkte, die man auch einzeln geniesst, gemeinsam verzehrt werden, und die eben zueinander passen sollen. Solche Kombinationen werden immer häufiger: klassisch ist Brot mit Wurst oder Hamburger, Tomate mit Mozzarella, Glace mit Früchten, Kaffee mit Kuchen. Auch «flotte Dreier» sind im Trend: Brot mit Käse und Wein. Dieses Konzept besitzt sogar eine Website: www.mariage-suisse.ch

Mariage Suisse ist ein Gemeinschaftsprojekt der Käseorganisation Schweiz KOS und der Schweizerischen Brotinformation SBI. Die beiden Organisationen präsentieren besonders genussvolle Kombinationen der drei Produktarten, welche ein sechsköpfiges Team von Gourmet-Experten kreiert hat. Einige Tipps von Mariage Suisse:

Bauernbrot, Försterkäse & Syrah (Bild)
Urchig mutet die Tannenrinde des Försterkäses an, urchig schmeckt das Holzaroma des Weines, urchig das dazu servierte traditionelle Bauernbrot. Trotzdem haben alle drei Produkte einen eigenständigen Charakter, den sie auch in der Kombination beibehalten. Wer es noch kräftiger mag, wählt reifen Schafskäse. Wer eine fruchtige Ergänzung schätzt, serviert dazu Zwetschgenkompott.

Baumnussbrot, Ziegenweichkäse & Merlot Bianco
Das Baumnussaroma des Brotes und der Eichenfasston des Weins reichen sich gerne die Hand und lassen sich leiten vom zarten und milden Ziegenaroma des Käses. Ein wenig Olivenöl über den Käse geträufelt, gibt der Frische eine warme, runde Note.

Sauerteigbrot, Tête de Moine & Perdrix Blanche
Rassiger, aber ausgleichender Weisswein und zu Rosetten geschabter würziger Käse aus dem Jurabogen verbinden sich mit belebendem Sauerteigbrot zu einer überraschenden, aber gefälligen, runden und harmonischen Kombination. Der aus Pinot Noir gekelterte Weisswein ist in der Ostschweiz als Federweisser bekannt.

Birnenbrot, Blauschimmelkäse & Amigne Mitis
Das Zusammenspiel des fruchtig-würzigen Birnenbrots mit kräftigem Blauschimmelkäse und edelsüssem Amigne mit Honigtönen beschert dem Gaumen einen bunten Karneval. Wer eine schmelzende, weniger würzige Note bevorzugt, ersetzt das Birnenbrot durch Brioche. Amigne gibt es als helle, trockene Weine, hier ist die edelsüsse Form mit Barriqueausbau, so genannter Amigne Mitis, zu bevorzugen. Aber auch Portwein passt hervorragend zum Blauschimmelkäse.

Butterzopf, Tomme & Chardonnay
Der cremige Käse passt hervorragend zum weichen Zopf und findet eine gute Ergänzung in den Fetttönen des Weins. Butter, Eier und das feine Mehl des Zopfs geben den Schmelz und runden den Geschmack ab zu cremiger Harmonie. Besonders empfehlenswert ist der Waadtländer Tomme Fleurette aus Rohmilch. Für eine gelungene Mariage ist beim Chardonnay von im Barrique ausgebauten Weinen abzusehen. Die etwas trockenere, dafür knusprigere Alternative bietet das Baguette.

Sonnenblumenkernenbrot, Tessiner Alpkäse & Merlot
Eine saftig-kernige, fantasievolle Brotkreation begleitet das harmonierende Tessiner Duo von rezentem Käse und fruchtigem Rotwein mit Eichenfasston. Diese Kombination eignet sich ideal als Dessertgang.


«Mariage d’amour» oder «Mariage de raison»?: trendige Kombination
von Fisch und Fleisch bzw Speck als Grill-Spiessli. Der Standesbeamte
ist ein Marketingstratege bei Bell.


Mariage Fleisch & Brot: Was passt zu was?

Auch mit Wurst- und Fleischwaren sind solche Mariages möglich und sinnvoll. Die Vielfalt an Sandwiches und Fleischplättli zeigt dies bestens. Für gelungene Kombinationen gibt es sogar sensorische Regeln: Was beim Wein längst etabliert ist, besteht heute auch für Brot: eine Beschreibung des Geschmacks mittels professioneller Sensorik und wissenschaftlicher Untersuchung der geschmacksbildenden Stoffe. Daraus kann man Regeln für ein passendes Zusammenspiel der Komponenten ableiten.

Die Sensorikforscherin Esther Raemy entwickelte kürzlich unter Leitung von Prof. Michael Kleinert an der „Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften“ (ZHAW) in Wädenswil das erste Aromarad für Brot (auch für Wurstwaren besteht dieses Instrument). «Die einfachste Regel für eine gelungene Kombination heisst Ausprobieren!», so Raemy. «Denn subjektive Geschmackwahrnehmung und persönliche Vorlieben spielen eine grosse Rolle».

Gibt es auch konkrete Regeln für gute Mariages von Brot mit Wurst, Schinken oder Trockenfleisch? Dazu Raemy: «Regionalität ist ein guter Input. Beispielsweise passt zum Walliser Roggenbrot Walliser Trockenfleisch hervorragend: Eine regionale Mariage ist eher anzustreben als eine globale „Cross-culture-Mariage!“ Und Vollkornbrote harmonieren gemäss der Sensorikerin gut mit Rohschinken und Trockenfleisch, gekochter Schinken oder Wurst eher mit helleren Broten.


Bei Salami hängt es davon ab, ob sie stark mit Pfeffer gewürzt ist und ob sie einen hohen Fettanteil aufweist. Wurst aus Schweinefleisch mit nennenswertem Fett- und Salzgehalt passt weniger gut zu Sauerteigbrot, das stark von Säure und gärigen Hefenoten geprägt ist. Dabei sind der Grundgeschmack und die trigeminalen (Schärfe-) Wahrnehmungen zu beachten. Auch der Fettigkeits-Eindruck ist zu berücksichtigen: Ein Butterzopf mit ebenfalls nennenswertem Fettgehalt passt grundsätzlich weniger zu Wurst.

Und Raemy gibt konkrete Tipps für Sandwich-Kreationen: Brote mit stark röstigem Aroma passen besser zu gekochtem Schinken oder Trockenfleisch als zu geräuchertem Schinken. Brote mit fruchtiger oder würziger Note harmonieren mit salzigem Rohschinken oder ebenfalls Trockenfleisch. Baguette passt gut zu Salami und gekochtem Schicken. Allgemein ist die geschmacklich dezente Baguette ein Sandwichbrot par excellence, welches sich mit vielen Zutaten kombinieren lässt.



Beim Heiraten kommt es natürlich drauf an wer mit wem. Kein Basler Kirsch würde einem Züri Tirggel schöne Augen machen.

Allgemein gültige Regeln erfährt man auch von Sopexa, der Werbeagentur für Gourmetfood aus Frankreich:

Du sollst vereinen, was in der gleichen Region wächst
Das erste Gebot besagt, dass Wein und Käse aus derselben Region stammen sollten. Denn die geografische Nähe verbindet. Was übrigens nicht zwangsläufig, heisst, dass zu Käse „nur“ Wein passt. Denn in der Normandie wird der Camembert gerne mit einem Glas Cidre kombiniert oder im Elsass wird der Munster auch zu einem Glas Bier genossen. Eine weitere Besonderheit ist die Kombination von Käse und Champagner. Zu einem prickelnden Glas Champagner bietet sich besonders ein Stück Chaource AOP an.

Du sollst geniessen, was zusammen reift
Ein zweites Gebot und ein weiterer Anhaltspunkt betreffen den Reifegrad. So verlangt ein junger, milder, leicht säuerlicher Käse nach einem spritzigen jungen Wein. Ein kräftiger Käse hingegen harmoniert ausgezeichnet zu Weinsorten mit ausgeprägtem Geschmack und vollem Körper. Unabhängig vom Alter gilt aber: Ein dezenter Käse braucht einen ebensolchen Wein an seiner Seite. Und ein kräftiger Käse verträgt sich auch mit einem aromatischen Tropfen. Salzige und intensive Käse vertragen hingegen auch süsse Weine.

Du sollst dazu das passende Brot brechen
Die französische Dreifaltigkeit ist aber erst vollkommen mit dem richtigen Stück Brot. Und grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die französischen Käsespezialitäten geschmacklich dann besonders gut hervortreten, wenn sie mit Brotsorten gereicht werden, die keinen starken Eigengeschmack haben. Dies ist z.B. bei einem typischen Baguette oder anderem hellen Weizenbrot der Fall. Experimentierfreudige Gaumen dürfen aber auch einmal so delikate Verbindungen wie Olivenbrot mit einem aromatischen Comté oder ein Nussbrot mit einem Ziegenkäse wie dem Crottin de Chavignol entdecken.

Du sollst das Unbekannte nicht verurteilen
Käse, Wein und Brot – das gehört bei den Franzosen ins Pflichtprogramm. Die Kür folgt dann nach einem ausgiebigen Abendessen. Gerne wird bei den Einheimischen zur gut sortierten Käseplatte zusätzlich Honig oder Konfitüren gereicht. Es eignen sich fast alle Marmeladen – sowohl die eher herberen Sorten wie Preiselbeeren oder Hagebuttenmark – aber auch Himbeer- oder Brombeermarmeladen sind sehr beliebt. Auch wenn diese Kombination für uns Schweizer im ersten Moment etwas gar experimentell klingen mag, so kann man aber einen Selbstversuch nur wärmstens empfehlen.

Und hier einige konkrete Tipps dazu:

Brie de Meaux – Bürlibrot - frischer Weisswein, Rosés, leichte Rotweine – etwa aus der Region Givry.

Reblochon - Roggenvollkornbrot - Weissweine wie ein Roussette de Savoie.

Camembert de Normandie - Ruchbrot - Cidre, Calvados, Chardonnay, Weissweine aus dem Elsass.

Tomme de Savoie - Parisette - Weine aus den Savoyen oder leichte Rotweine wie z.B. Côtes du Rhône.

Munster (Weichkäse vom Elsass) - Mehrkornbrot - Bier oder Gewürztraminer aus dem Elsass.

Roquefort - Früchtebrot - Süssweine wie Monbazillac, Banyuls oder Bergerac moelleux.

Und die Regel: du sollst nicht ein dezentes elegantes Produkt mit einem dominanten weniger eleganten kombinieren? Dies gilt vor allem für Komponenten in einem Rezept für ein einzelnes Produkt, wo sie dann gleichzeitig auf den Gaumen treffen (etwa ein Praliné mit Füllung). Oder für Mischungen, die der Konsument selbst auf dem Teller kombiniert und dann zusammen in den Mund nimmt wie Raclette und Cornichon. Der stärkere Partner sollte auch der elegantere sein. Als barbarisch gilt daher, Kaviar oder Rauchlachs mit Zwiebeln oder Zitronensaft. Die edle Komponente wird quasi erschlagen. Wenn man aber eine solche «amour fou» hintereinander verzehrt, verzeiht es der Gaumen eher.

Exklusives Dessert in der Zürcher Mövenpick Ice Cream Gallery:
Rindstartar mit Cognac VSOP Glacé.


Wie auf dem Standesamt, wo die anspruchsvollen Cross-culture-Heiraten zunehmen (typisch: Schweizer Mann mit Frau von Thailand oder Lateinamerika), haben findige Marketingstrategen ein ähnlich mutiges Konzept für Food-Kombinationen geschaffen: Mariage von Fleisch mit Glacé.

Mövenpick Ice Cream hat kürzlich mit Erfolg revolutionäre Glace-Mariages mit Rohschinken, Tatar, Gazpacho oder Käse lanciert - kein Stress für den Gaumen sondern elegante Harmonien dank dezent schmeckenden hochwertigen Zutaten. Cognac-Glace kombiniert mit Tatar. Oder Parmaschinken mit süss-saurem Aceto Balsamico-Sorbet (siehe Titelseite): mild, dezent in Süsse und Essignote, elegant und erfrischend. Eine weitere Kombination ist Ricotta-Pink Pepper-Glace mit Käseplatte oder Trüffel-Risotto. Nicht nur die Mariages sondern auch die Glacerezepte sind innovativ. Diese exklusiven Dessert gibt es bislang nur in der Mövenpick Ice Cream Gallery am Bellevue in Zürich.
(gb)
© copyright delikatessenschweiz.ch