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Wild grillieren ist eine Herausforderung
Wild ist eine anspruchsvolle Fleischsorte beim Grillieren, vor allem Jagd-Wild. Der Rohstoff variiert, und mit Marinaden und der Garmethode sollte man vorsichtig sein.


Wildschweinrack auf Kerntemperatur von 62 Grad grilliert wird à point


Wildbret ist fettarm, da sich die Tiere in der Freiheit viel bewegen. Negative Einflüsse durch Haltungs- oder Schlachtstress bestehen nicht. Aber die Zartheit variiert stärker als bei Tieren aus einem gesteuerten Zuchtprogramm. Sie hängt von der Tierart und –grösse ab: Reh gilt als das zarteste Wild. «Innerhalb dieser Art liefern die weiblichen Tiere ein noch feinfaseriges Fleisch als die Böcke», sagt Markus Hohler, Geschäftsleiter der Michel Comestibles AG. Auch Damhirsch, kleiner als der Rothirsch, gilt als zart. «Neuseeländischer Farmhirsch ist ebenfalls zart, weil diese Tiere auch relativ jung geschlachtet werden», so Hohler.

Das Wohlbefinden der Tiere ist ein Einflussfaktor auf die Zartheit, was nicht nur für Wild sondern auch für Masttiere gilt. Ruhige Tiere liefern zarteres Fleisch. Auch bei Neuseeländischem Farmhirsch, der nicht geschossen sondern im Schlachthaus geschlachtet wird, ist der Transport und die Nähe von Tier zu Tier ein Stress. Nicht unerwähnt seien Fleischfehler: Ein «böckeliger» Geschmack kommt vor, wenn männliche Tiere brunftig sind. Und säuerlich kann Wild schmecken, wenn es angeschossen wurde. Solche fehlerhaften Produkte müssen früh in der Lieferantenkette ausgeschieden werden.


Rehbäggli (Reh-Nuss, ein Teil der Keule) rosa gegart


Die Grösse der Fleischstücke variieren. «Die grössten Rehrücken gibt es bei Sommerböcken», so Hohler. Im Sommer dürfen die Jäger die grössten Tiere schiessen, im Herbst dagegen erlegen sie eher Rehe, die ohnehin kleinwüchsiger sind. An die Grössenkonstanz sowie die Mengenverfügbarkeit konstanter Fleischstücke kann ein Verarbeiter nur beim Zuchtwild Anforderungen stellen. Umgekehrt liefern grosse Rothirsche aus Alpenjagd bis doppelt so schwere Entrecôtes wie Zuchthirsche.

Beizen oder Marinieren?

Längst vorbei sind die Zeiten des aufwendigen Beizens. Heutzutage mariniert man das gute Stück allenfalls in Olivenöl mit etwas Zitronensaft, Honig und frischen Kräutern. Barbecue-Kenner empfehlen sogar, die wilde Köstlichkeit pur auf den Grill zu legen mit nur einem frische Rosmarin- oder Thymianzweig. Man würzt erst nachher. Um Wild besonders mürbe zu machen, kann man es in eine Marinade einlegen mit Buttermilch, Joghurt oder Wein.

Als sommerliche Marinade für den Grill empfiehlt das deutsche Jagd-Magazin Olivenöl, ein wenig Knoblauch, Kräuter wie Rosmarin, Thymian, Pfeffer etc. und ein wenig Zitrone. Bei jungen Tieren sollte man starke Marinaden aber vermeiden, denn dadurch verliert das Fleisch den charakteristischen Eigengeschmack - man könnte ebenso gut günstigeres Rindfleisch verwenden.

Besondere Aufmerksamkeit für den Gargrad

Wildfleisch unterscheidet sich von herkömmlichem Grillgut nicht stark in der Zubereitung auf dem Grill. Man sollte aber beachten, dass es hitzeempfindlicher reagiert, weil es magerer ist. Schon bei wenig Übergaren wird es zäh. Abgesehen vom Wildschwein sollte man es nicht komplett durchgaren sondern innen rosa belassen. Eine ölhaltige Marinade oder Bardieren mit Speck schützt zwar ein wenig vor dem Übergaren, aber das dominante Speckaroma überdeckt leicht einen beliebten dezenten Wildgeschmack. Anders bei stark gereiftem Fleisch mit dem «Haut goût», der im Grunde genommen kein typisches Wildaroma ist sondern ein besonders würziges Verwesungsaroma, das von traditionellen Gourmets geschätzt wird.

Wer erste Erfahrungen sammelt, sollte mit Wildschwein beginnen. Da es dem Fleisch des Hausschweins ähnlich ist, kann man es wie normales Schweinefleisch zubereiten. Wildschwein lässt sich in grossen Stücken, als Kotelette oder Spiessli grillieren. Auch hier gilt: Da es etwas magerer ist als Fleisch von gemästeten Tieren, sollte es nicht zu lange auf dem Rost liegen, sonst wird es trocken.


Wildschwein-Plätzli an Dörrzwetschgen


Kurzbrat-Stücke, am besten von jungen Tieren, eignen sich generell in der Form von Steaks, Medaillons oder auf Spiessen zum schonend Garen bei mittlerer Hitze auf dem Rost. Grillmeister Andreas Stüssi vom «Stüssi BBQ»-Team betont: «Das Fleisch ist nie ein Problem, wenn man die richtige Technik hat». Beim Rehrückenfilet empfiehlt er «kurz und heiss anbraten und dann bei indirekter Hitze fertiggaren. Er platziert Rehrückenfilets auf dem Grillrost zuerst nahe über der Glut. Je eine Minute brauche das Fleisch auf jeder Seite. Dann stellt er den Rost höher, um die Filets über geringerer Hitze fertig zu garen und gibt einen Tipp: «Wer keinen höhenverstellbaren Rost besitzt, verschiebt die Glut so, dass sich weniger Hitze unter dem Rost befindet.»

Grill-Ueli Bernold empfiehlt in seinem Buch «Swiss BBQ Champion Grill-Ueli» (Trnka-Verlag) für optimalen Geschmack und Saftigkeit eine Kerntemperatur von 54 bis 58 Grad bei Rehrücken oder Hirschrack und rät, «das Grillgut bei 5 bis 6 Grad früher vom Rost zu nehmen, bevor es diese Temperatur erreicht». Die gestaute Wärme der äusseren Schichten lassen die Kerntemperatur rasch weitersteigen.

Und in seinem Buch «Grill-Ueli» (Fona-Verlag) beschreibt er das Grillrezept für Wildschwein-Rack: Das Fleisch wird über Nacht im Kühlschrank mariniert und etwa 20 Minuten bei 220 Grad indirekt grilliert, bis es eine Kerntemperatur von 58 Grad hat. Man solle zweimal mit Butter bestreichen, das Rack vom Grill nehmen, mit Alufolie zudecken (nicht einwickeln) und etwa 6 Minuten ruhen lassen: die Kerntemperatur steigt auf etwa 65 Grad.

Blutig, rosa oder durch?

Die Frage nach dem besten Gargrad von Wildfleisch, das möglichst zart und saftig werden soll, ist nicht leicht zu beantworten, weil sie nicht nur einen kulinarischen, sondern auch einen hygienischen Aspekt hat. Um alle eventuell vorhandenen Mikroorganismen sicher abzutöten, sollte beim Garen die Kerntemperatur mindestens 10 Minuten lang 80 Grad betragen gemäss dem «grossen Buch vom Wild» des Teubner-Verlags. Das Wildbret sei dann immer noch schön saftig und zart. Anders bei Schwarzwild - dieses solle wegen eines möglichen Befalls mit Trichinen in jedem Fall ganz durchgebraten werden. Bei allen anderen Wildarten gilt: Wildbret blutig oder roh zu servieren, ist und bleibt Vertrauenssache. Wenn keinerlei Zweifel an Herkunft, korrekter Handhabung und Frische bestehen, ist nichts gegen eine rohe oder noch blutige Garstufe einzuwenden.


Hirschfilet mit Holundersauce in einem Spitzenrestaurant


Roh mariniertes Hirsch-Entrecôte, Rehfilet im Teig nur kurz fritiert oder gebacken, rohes Tartar oder Carpaccio vom Hirschkalbfilet - der charakteristische Eigengeschmack des Wilds erschliesst sich so ganz pur und delikat. Dazu arbeiten manche Köche heute mit niedrigeren Temperaturen und kürzeren Garzeiten als dies früher üblich war, sofern sie sich auf ihre Jäger und Lieferanten verlassen können, wenn sie nicht gar selbst jagen. Mit durchgegartem Wildfleisch sei man in jedem Fall auf der sicheren Seite, ein digitales Fleischthermometer leistet hierbei gute Dienste. (GB)

Tabelle:
Grillmethode und Kerntemperatur für Wild
● Wildschwein, ohne Knochen, Rücken und Filet, 600 g: Direkt / Indirekt grillieren bei 160-170°C während 20-30 Min. auf Kerntemperatur 62°C
● Hirschrücken, ohne Knochen, 500 g, Direkt / Indirekt grillieren bei 160-180°C während 20-25 Min. auf Kerntemperatur 55-57 °C
● Rehbraten, 1 kg, indirekt grillieren bei 150-160 °C auf Kerntemperatur 75°C
● Wildschwein-Braten, 1 kg, indirekt grillieren bei 150-160 °C auf Kerntemperatur 75°C
● Hirschbraten, 1 kg, indirekt grillieren bei 150-160 °C auf Kerntemperatur 75°C
(Quelle: www.weberstephen.ch)

Hygiene von Wildfleisch

Wild unterliegt im Gegensatz zu Schlachtfleisch nicht ständiger amtstierärztlicher Kontrolle, es sei denn, es wird über den Grosshandel vermarktet. Wildfleisch ist vielmehr Vertrauenssache, der Jäger ist der Fachmann, in dessen Hand und Gewissenhaftigkeit die Beurteilung und korrekte Behandlung von Wildbret liegen. Entscheidend für die lebensmittelhygienische Qualität von Wildfleisch ist, wie das Tier erlegt wurde. Idealerweise führt der Schuss unmittelbar zum Tod und trifft die Bauchhöhle nicht. Denn, wird der Darm verletzt, verteilen sich Bakterien im Wildkörper und beginnen dort ihr zerstörerisches Werk. Die bakterielle Belastung des Fleisches ist dann sehr viel höher. Zumal die Vermehrung der Bakterien temperaturabhängig ist: Bei Körpertemperatur verdoppeln sie sich etwa alle 20 Minuten, bei einer Kühlung auf 15 °C nur noch alle drei Stunden.

Da das Wild jedoch oft an schwer zugänglichen Stellen erlegt wird, ist es für den Jäger schwierig, immer eine schnelle und optimale Kühlung zu garantieren. In früheren Jahrhunderten waren weder Hygiene noch Kühlung ein Thema. Es gehört nicht viel Vorstellungskraft dazu, dass der Fäulnisprozess oft schneller als die erhoffte Fleischreifung einsetzte - der berüchtigte Haut goût war die Folge. Gerade Wildgeflügel ist bei unsachgemässer Lagerung anfällig dafür, da beim Ausnehmen hier zwangsläufig Darmbakterien freigesetzt werden. Kein Wunder, dass viele vor dem Haut goût zurückschreckten, der heute jedoch der Vergangenheit angehört. Wenn Wild nach den Regeln der Kunst erlegt, rasch und sauber ausgenommen und schnell gekühlt wird, sollte die Bakterienbelastung gering und das Fleisch von hervorragender Qualität sein. (Aus: Teubner, Das grosse Buch vom Wild)


Hirsch-Involtini mit Birnenfüllung


Rezept
Hirsch-Involtini

8 Hirschschnitzel je 80g
Fleischgewürz
Birnenweggenfüllung, zum Bestreichen
1 Birne

Schnitzel flach klopfen, auf einer Seite würzen. Ungewürzte Seite mit Birnenweggenfüllung dünn bestreichen (nur aromatisieren). Birne schälen, vierteln und entkernen, Viertel längs halbieren, etwa mit 1 cm Abstand zum Rand auf das Schnitzel legen und satt einrollen. Grill 5 Minuten auf mittlerer Stufe bei geschlossenem Deckel vorheizen. Involtini auf vorgeheizter Grillplatte 2 bis 3 Minuten grillieren. (Aus: Grillchef 4 Seasons, Fona Verlag, www.fona.ch)
(gb)

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