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Kann man Brot noch verbessern?
Brot ist einzigartig: Kaum ein anderes Lebensmittel entsteht aus einem Hauptrohstoff, der roh unbekömmlich ist (Mehl). Und kaum ein anderes liefert ein so attraktives Aroma allein durch die Herstellprozesse (Fermentation, Backen).

Welches sind die wichtigsten Trends in der Bäckereibranche? An der FBK Ende Januar hat der der Messeveranstalter, der Schweizerische Bäckerei-Confiserie-Verband (SBC) die Resultate einer von ihm in Auftrag gegebenen Studie am Trendforum präsentiert mit dem Titel «Die Zukunft der Schweizer Bäckerei-Confiserie-Branche». Das Fazit der Studienleitering Marilena Abt: Genuss, Convenience, Gesundheit und echte Werte bilden die grössten Potenziale. Moderne Bäckereiprodukte sollen also genussvoll, bequem, gesund und wertvoll sein. Was heisst das konkret für Brot, der wichtigsten Produktgruppe? Brot ist in der Schweiz ein Grundnahrungsmittel, aber heute darf man viele Brotsorten als Gourmetprodukte bezeichnen, einige sind auch gesundheitlich optimiert.

Bei den «Werten» stehen nachhaltige Bio- und IP-Suisse-Brote im Vordergrund sowie naturreine Zutaten. Beim Convenienceaspekt besteht dagegen wenig Handlungsbedarf, da Brot als verzehrsfertiges Produkt bereits auf der höchsten Conveniencestufe steht. Zu verbessern ist allenfalls die Frischhaltung, was zB Jowa mit der Lancierung des vorgeschnittenen und vorverpackten «Happy Brots» vor zwei Jahren gelang. Es bleibt fünf Tage frisch ohne Konservierungsmittel. Zu den Werten kann man auch die Tradition zählen. Sie gehört gemäss der Marketingagentur Mintel zu den global wichtigsten Lebensmitteltrends für 2017. Hier hat Brot als eines der ältesten verarbeiteten Lebensmittel viel zu bieten.

Wie natürlich ist Brot heute?

Die traditionelle Brotherstellung erfordert jedoch eine lange Teiggärung, und die wetterbedingt variierende Getreidequalität erschwert die Qualitätskonstanz. Viele Bäckereien verwenden daher Backmittel (Bild), um Schwankungen auszugleichen, die Qualität zu optimieren und die Herstellung zu beschleunigen ohne Qualitätsverlust.

Backmittel enthalten oft nebst funktionellen Zutaten und Enzymen allerdings auch Zusatzstoffe. Im 2006 schuf daher der SBC bzw seine Bäckereifachschule Richemont in Luzern mit «Naturel» ein handwerklich und naturrein definiertes Label. Die Anforderungen sind ähnlich wie bei «Slow Baking» aber noch anspruchsvoller.

Auch natürliche Backmittel ohne Zusatzstoffe und sogar bio-zertifizierte werden angeboten. Zwei Beispiele: Bakels Nutribake offeriert Levit Instant, ein natürliches Backmittel auf der Basis von getrocknetem Hefevorteig (Hebel) und Bio Levit, ein bio-zertifiziertes Backmittel auf der Basis von reinem Roggen-Sauerteig. Und eine FBK-Neuheit von Puratos ist «Easy Pain Tradition», eine Cleanlabel-Brotvormischung für die Kreation von charaktervollen Broten nach traditioneller Art mit der Kombination von Sauerteig und langer Teigführung (man beachte die Bezeichnung «traditionell»).

Trotz hoher Wirksamkeit von Backmitteln: schmackhaftes Brot braucht Zeit im Gegensatz zu Backwaren ohne Fermentation. Prof. Jürgen-Michael Brümmer, Brotexperte an der deutschen Fachhochschule Detmold bringt es auf den Punkt: «Brotaroma kann man (noch) nicht zusetzen, man muss es sich ergären, ersäuern und optimal erbacken!»

Regionale Brotsorten-Vorlieben

Im Brotland Schweiz gibt es geschätzte 200 Brotsorten und regelmässig kommen neue auf den Markt. Es gibt einige nennenswerte Unterschiede zwischen den regionalen Vorlieben: Westschweizer sowie Tessiner Brote bestehen typischerweise aus hellem Mehl, sind volumenbetont und schmecken ausgewogen, sanft und elegant. Ostschweizer Brote dagegen schmecken eher rustikal und bestehen meistens aus dunklen Mehlen, oft aus alten Getreidesorten wie UrDinkel oder sie enthalten Körner. Und die luftig-lockeren Gipfel der Ostschweiz werden zum Westen der Schweiz hin stetig buttriger und kompakter.

Die Bergkantone Wallis und Graubünden stellen traditionell Sauerteig-Roggenbrote her. Fast jeder Kanton besitzt eigene Brotsorten, die sich sowohl im Rezept wie in der Form stark unterscheiden. Im Vergleich zu Deutschland stellen Schweizer Bäcker tendenziell weniger stark gesäuertes Roggenbrot her dafür mehr Weizenbrote aus Weichteigen mit langer Triebführung.

Zu den beliebtesten Brotsorten gehört gemäss dem Verein «Schweizer Brot» der Zopf. Und das schweizweit wohl erfolgreichste Brot stammt aus der Backstube des gewerblichen Genfer Bäckers Aimé Pouly: «Pain Paillasse» ist ein patentiertes Markenbrot, basiert aber auf einer traditionellen langen Triebführung und wird nur handwerklich hergestellt. Die Entwicklung von neuen Spezialbroten geschieht vor allem in Grossbäckereien, bei Brotgetreidemühlen sowie Backmittelherstellern, welche den gewerblichen Bäckereien dazu Spezialmehle, Mehlmischungen und Backmittel anbieten.


UrDinkelbrot ist ein Markenprodukt


Trendige Brotsorten sind heute vor allem Gourmetbrote, Laugenbrote und -brezel, Fladenbrote, glutenfreie und Brote aus alten Getreidesorten wie UrDinkel-Brote (Bild). Auch ohne konkrete Zahlen der professionellen Marktforscher erkennt man dies anhand der Facings in den Supermärkten (Anzahl der Produktpräsentationsreihen) und der Zahl der Untervarianten (diese steigen bei gut verkäuflichen Sorten).

Pascal Hürlimann, Entwicklungsleiter von Bakels Nutribake AG bezeichnet ausserdem Quinoa, Dinkel- und Gerstenbrote sowie die glutenfreien Produkte als Aufsteiger, Vollkornbrote jedoch als Absteiger («weniger attraktiv»). Obwohl es durchaus gourmetwürdige Vollkornbrote gibt, haben sie eher ein Gesund-Image (zu recht) und gelten nicht als «sexy» (jedenfalls nicht mit der Bezeichnung «Vollkorn»). Vor allem die Qualität der glutenfreien Produkte verbesserte sich in den letzten Jahren stark.

Im Trend sind auch wieder traditionelle Methoden der Teigbereitung, gemäss Hürlimann sind dies sehr lange Fermentationszeiten der Teige von 18 bis 24 h. So entsteht etwa das erfolgreiche Maggiabrot. Lang geführte Teige verbessern die Frischhaltung, flüssige oder getrocknete Sauerteige sorgen für mehr Krumen- und Krustenaroma und ebenfalls verbessern die Frischhaltung. Sauerteige enthalten Milchsäurebakterien, die Milchsäure und Essigsäure bilden. Das Verhältnis lässt sich steuern: bei kälterer Gärtemperatur entsteht mehr Essigsäure, bei wärmer mehr Milchsäure.

Sauerteige individualisieren den Geschmack

Am Trendforum der FBK präsentierte Urs Röthlin, Leiter Bäckerei von Richemont in einem Vortrag die Mehrwerte des Sauerteigs. Fazit: Sauerteig-Gebäcke sind aromatischer, abgerundeter, saftiger und farblich ansprechender. Die Kruste ist zarter aber knuspriger und die Frischhaltung länger, da Schimmel und Fadenzieher gehemmt werden. Auch gesundheitlich bietet Sauerteig Vorteile: er verbessert die Verdaulichkeit, verlangsamt den Blutzuckerspiegel-Anstieg und macht Mineralstoffe besser verfügbar.

Die Sauerteigmethode (Bild: Sauerteig-Fermenter) erlebt zudem heute ihrerseits Trends und Neuerungen wie der Sensoriker Patrick Zbinden feststellt, ebenfalls Referent am FBK-Trendforum: «Die massgeschneiderte „Mutter“, d.h. der selbst angesetzte Sauerteigstarter wird sowohl für Hobby- als auch Profi-Bäcker zum grossen Trendthema. In Italien beispielsweise gibt es bereits Bäckereien, welche in der Werbung darauf hinweisen, dass sie eine eigene Sauerteig-Mutter für ihre Brote verwenden.

Sauerteige können sich im Aroma massgeblich unterscheiden, auch wenn als Basis dieselbe Mehlart verwendet wird. Das Sauerteigbrot wird somit zu einem neu zu entdeckten Produkt, welches sich von Bäckerei zu Bäckerei unterscheidet». Und er gibt Tipps: «Mit der regional verankerten Herkunft der Sauerteig-Mutter und der unterschiedlichen «Fütterung» der Bakterien und Hefen können sich gewerbliche Bäckereien von industriellen abheben».

Innovationen im Clinch mit der Tradition

Bei Broten gibt es neuerdings auch Basisinnovationen, was bei einem Traditionsprodukt bemerkenswert ist, denn: Je traditioneller man produziert desto besser wird das Brot – eine nicht gerade innovationsfördernde Tatsache. Aber an der FBK 2017 gab es gerade zwei Firmen, die innovative Mehle für neuartige Brote präsentierten, die weit über die sonst kleinen Verbesserungsinnovationen hinausragen.

Die Meyerhans Mühlen holten mit ihrem «hellen Weizenvollkornmehl» eine Innovation in die Schweiz, die es in Deutschland seit einigen Jahren gibt: Brot aus Schneeweizen von der Firma Kampffmeyer Food Innovation GmbH. Dieser basiert auf weissem Weizen mit heller Farbe und mildem, leicht süsslichen Geschmack. Der Clou dabei: Vollkornbrot ist zwar gesund aber normale Vollkornbrote besitzen einen derben, leicht bitteren Geschmack, eine gummige Textur mit etwas trockenem Mundgefühl, ein kleines Volumen und eine unschöne graubraune Farbe.

Die Meyerhans Mühlen erklären: «Weisser Weizen enthält anders als roter Weizen keine Phenole, welche für den eher bitteren Vollkorngeschmack verantwortlich sind. Das auf Walzenmühlen mit einer speziellen Mahleinstellung produzierte Vollkornmehl zeichnet sich durch eine feine Granulation aus, was zusammen mit dem hohen Proteingehalt des Rohstoffes eine gute Wasseraufnahme und ein ansprechendes Backvolumen gewährleistet».


Gipfel aus hellem Weizenvollkornmehl am Stand von Meyerhans


An der FBK konnte man Gipfeli und Weggli aus diesem Mehl degustieren und in der Tat: sie waren so hell wie Halbweissbrote, zwar im Mundgefühl leicht trocken wegen des ungeschmälerten Gehalts an Nahrungsfasern aber nicht gummig. Die Nachteile des Vollkornmehls sind weitgehend beseitigt «ohne Reduktion der Vollwertigkeit» wie Meyerhans verspricht. Eine grosse Fastfoodkette interessiere sich bereits für die Neuheit: sollten sich helle Vollkorn-Hamburgerbuns durchsetzen, wäre dies ein grosser Schritt in die richtige Richtung.

Die Meyerhans Mühlen stellten ferner Brote vor aus neuen, glutenfreien Backmischungen aus eigener Entwicklung auf Basis von Reis, Mais und andern Rohstoffen, die schmackhafte Brote ergeben. Die seit Jahren grosse Herausforderung, glutenfreie Brote geschmacklich ans Original anzugleichen, verzeichnet einen weiteren Erfolg.

Weizen mit Gerste gekreuzt

Die Groupe Minoteries lancierten an der FBK ein Mehl aus der neuen Getreidesorte Tritordeum für helle Brote von so intensiv gelber Farbe wie Maisbrot, dies dank einem hohen Luteingehalt. Nebst dem optischen Vorteil nennt die Mühle auch gesundheitliche: der Gehalt an immunogenen Proteinen sei reduziert aber der Gehalt an Nahrungsfasern und Fruktanen erhöht. Die Backqualität entspreche der von Weizen und der Geschmack ist mild. Importiert wird Tritordeum vorerst als Getreide aber Anbauversuche in der Schweiz seien am Laufen.


Tritordeum ist ein neues natürliches Getreide aus einer Kreuzung von Hartweizen und Waldgerste.


Diese neu angebaute Sorte aus Spanien wurde gemäss Angaben der Firma ohne Gentechnik entwickelt. Agrarisch betrachtet handelt es sich um ein robustes krankheitsresistentes Getreide, das ähnliche Erträge abwirft wie Hartweizen. Dank seines geringen Wasser- und Düngerbedarfs entspricht es den Anforderungen der nachhaltigen Landwirtschaft. Zurzeit wird es in Spanien, Italien und Portugal konventionell und biologisch angebaut. (GB)
(gb)

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