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Report  02.07.2020
Konsumenten suchen billiges statt Bio-Schweinefleisch
Seit vielen Jahren gilt Schweinefleisch zu Unrecht als ungesund. Auch nach Bio-Schweinefleisch fehlt in der Schweiz die Nachfrage.

Schweinefleisch gilt bei Konsumenten als fettreich


Das Vorurteil des ungesunden Schweinefleisches hält sich hartnäckig, obwohl Untersuchungen schon längst gezeigt haben, dass diese Fleischart viel wertvoller ist als bisher angenommen. Aber Konsumenten wie auch Einkäufer der Gastronomie machen ungebrochen Jagd nach möglichst billigem Schweinefleisch. Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass Schweine in der Schweiz für den Endkonsumenten kaum sichtbar sind. Kaum jemanden interessiert beim Kauf von Schweinefleisch wie die Tiere vorher gelebt haben.

Ganz im Unterschied zu anderen Fleischarten, wo dieser Aspekt immer mehr Menschen zu interessieren scheint. So bräuchte es beim Schweinefleisch gesellschaftliches Umdenken und verändertes Kaufverhalten, um langfristig und nachhaltig etwas verbessern zu können. Etwa in Richtung bio: In der Schweiz gäbe es genügend Schweinefleisch-Produzenten, die bereit wären, auf Bio umzustellen.

Die konventionelle Schweinehaltung in der Schweiz sieht gerade mal 0,9 Quadratmeter Fläche pro Schwein vor. Auslauf ist nach Tierschutzverordnung nicht vorgeschrieben. Vorschrift sind jedoch Gruppenhaltung sowie Beschäftigungsmaterial. So lohnt sich Schweinefleischproduktion zumindest einigermassen. Ganz anders sieht es beim Bio-Schweinefleisch aus. Dort liegt der Kilopreis bei gerade mal Fr. 6.80. Doch bräuchte es mindestens Fr. 7.20 pro Kilo, damit die Kosten gedeckt wären. Naheliegend, dass für viele Schweinehalter eine Umstellung auf Bio-Produktion keinen Sinn macht. Die Nachfrage auf der Konsumentenseite ist schlicht nicht vorhanden. Der Bio-Anteil liegt beim Schweinefleisch bei nur 1,9 Prozent.

Die Produktion von Schweinefleisch nach biologischen Richtlinien ist teuer. Da es sich um einen ganzheitlichen Ansatz handelt, braucht es nebst grösseren Stallflächen, auch viel Stroh, das ebenfalls aus Bio-Anbau stammen muss. Ebenso muss das Futter aus biologischer Produktion stammen.

Dazu kommt er viel grössere Arbeitsaufwand, längere Säugezeiten sowie höhere Kosten beim Zukauf von Tieren. Den Galtsauen muss zudem ein Areal zum Wühlen oder Weiden zur Verfügung stehen. Nicht auf allen Betrieben ist dies von den Gewässerschutz-Richtlinien her überhaupt machbar.

Nachfrage unter 2 Prozent

«Es ist schlicht keine Nachfrage nach Bio-Schweinefleisch vorhanden. Die Landwirte wären an einer Umstellung durchaus interessiert, aber so wie die Lage aktuell ist, heisst das: Viel Aufwand, kaum Ertrag», sagt Adrian Schütz von Suisseporcs. Es brauche ganz klar mehr Abnehmer, damit sich die Bio-Schweinefleischproduktion lohnen könnte: mehr Grossverteiler, mehr Gastronomiebetriebe und mehr Detailhändler, welche Bio-Schweinefleisch anbieten und vor allem mehr Konsumenten, welche Bioschweinefleisch kaufen.

80% der Teile eines Bio-Schweine werden weiter veredelt, also zu Charcuterie-Produkten, weil der typische Bio-Fleischkonsument wenig Fleisch isst. Etlichen Konsumenten ist wohl auch der Preis zu hoch. Bio-Schweinefleisch-Produkte ab Hof sind aber durchaus beliebt.

Trotzdem: Die Nachfrage liegt noch immer klar unter 2%. In den letzten Jahren ist sie auf sehr tiefem Niveau leicht angestiegen. Aktuell werden etwa 40'000 Bio-Schweine pro Jahr geschlachtet, mehr kann der Markt zurzeit nicht aufnehmen. Dieses Fleisch findet den Weg zum Konsumenten entweder über den Direktverkauf oder über die beiden Fleisch-Verarbeiter Micarna und Bell.

In Zukunft könnte der Bio-Schweinefleischanteil weiter langsam wachsen. Junge Konsumenten kaufen bewusst ein. Tendenziell essen sie weniger Fleisch, umso mehr sind ihnen die Herkunft und die Haltung der Tiere wichtig. Adrian Schütz ist diesbezüglich zurückhaltend: «Mit Blick auf die stetig wachsende Weltbevölkerung glaube ich eher, dass künftig effiziente Haltungssysteme betrieben werden». (LID)
(gb)
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