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Report  10.05.2013
Küchenkräuter: Handhabung und Wissenswertes

Nicht nur im Salat vermitteln Kräuter sichtbare Frische und Geschmack. Und dass sie auch gesund und dekorativ sind, macht sie zu einer wertvollen Zutat, mit der man nicht geizen darf. Aber sie verdienen bereits beim Einkauf Sorgfalt: schonend von Hand abgeschnittene Kräuter sind nicht nur schöner sondern auch besser. Und den intensivsten Geschmack haben Kräuter aus den Alpen oder aus unbearbeitetem Boden des Mittelmeerraums: diese wachsen langsamer als moderne hochgezüchtete Sorten: Alpine und mediterrane Pflanzen leben unter extremen Bedingungen wie Kälte- und Hitzeperioden sowie Trockenheit.

Freilandkräuter schmecken intensiver als im Gewächshaus gezogene, vor allem bei Schnittlauch. Wenn sie aber mit Dünger getrieben werden, entwickeln sie weniger Geschmacksstoffe. Wer selbst Basilikum-Pesto herstellt, wird dem langsam wachsenden Freiland-Basilikum den Vorrang geben. Je buschiger, blattreicher und niedriger die Pflanze, desto grösser die Würzkraft. Wer Kräuter zur Dekoration verwendet, kann eher zu Schnellwuchs-Pflanzen greifen. Ähnlich bei der Petersilie: Die glatte «italienische» ist schmackhafter, die hiesige krause eher bitter, dafür dekorativer. Und die meisten Kräuter verlieren Würzkraft, wenn sie zu blühen beginnen.

Exotisch: Wanzenkraut

Die traditionellen Kräuterarten sind die beliebtesten, aber es gibt bei «Egli’s frische Küchenkräuter AG» einige Trendarten wie Rucola, Pimpernell, rote Pfefferminze, Zitronengras, Zitronenthymian und Ysop. Wer Raritäten will, sollte sie vorbestellen, wegen des raschen Frischeverlustes bei Kräutern disponiert der Handel vorsichtig.



Spare Ribs auf Peterli, eine Kreation von Grilweltmeister Ueli Bernold


Zu welcher Speise man welche Kräuter verwendet, ist sehr individuell. Allerdings schmecken einige derart stark, dass sie andere Zutaten glatt erschlagen können. Wenn man sie in der warmen Küche zum Abschmecken verwendet, spielen aber die Eigenschaften ihrer Inhaltsstoffe eine Rolle: Nicht alle Kräuter sind kochfest, und die einen geben ihren Geschmack besser ans Fett ab, andere besser ans Wasser. Erstere dienen zum Aromatisieren von Öl und fettreichen Speisen, etwa Salbei zu Leber. Die wasserlöslichen hingegen eignen sich für Bouillon und Kräuteressig.

Biokräuter sind schmackhafter

Die Kräutergärtner Ueli Mäder wie auch Egli sind spezialisiert auf Biokräuter und mit der «Knospe» zertifiziert. Mäder hält sie für «geschmacklich leicht intensiver und faserreicher, weil sie langsamer wachsen und weniger wässerig werden». Beim Aussehen bestehe heute kein Unterschied mehr – Bioware sei ebenso schön wie konventionelle mit Pflanzenschutzmitteln behandelte. Egli produziert Biokräuter aus ökologischen Gründen nur in der Schweiz.

Kräuter benötigen eine sorgfältige Behandlung, weil ihre Duft- und Geschmacksstoffe empfindlich sind: Kräutergärtner Ueli Mäder, welcher die Händler der Zürcher Engroshalle beliefert, rät, Kräuter ungewaschen zu kaufen, «weil sie im gewaschenen Zustand ihre ätherischen Öle rascher verlieren».



Ein frischer Rosmarinzweig eignet sich ideal auch als Dekor, aber wenn er Geschmack abgeben soll, muss man ihn mitgaren.


Aus demselben Grund «soll man sie nicht nass schneiden». Und: Kurz vor dem Gebrauch fein schneiden, aber nicht hacken. Aufbewahren in einem feuchten Papier im Gemüsefach des Kühlraums». Oder man stellt sie ins Wasser. So oder so: Je frischer man sie verarbeitet, desto aromatischer sind sie. Und das Haltbarmachen ist meistens mit Verlusten verbunden.

Tiefkühlen ist besser als Trocknen

Zum Lufttrocknen sind nicht alle Kräuter geeignet, die ätherischen Öle, «verduften» im wahren Sinn des Wortes, vor allem beim Warmlufttrocknen. Dagegen kann man die meisten Kräuter Tiefkühlen, sofern der Biss für die beabsichtigte Verwendung keine Rolle spielt. Denn die Konsistenz wird weich: Schnittlauch ist daher nach dem Auftauen nicht mehr knackig. Mäder empfiehlt, die Kräuter unzerkleinert und nach dem Waschen gut abgetupft einzufrieren: Haftwasser erzeugt grobe Eiskristalle.



Der bekannte Kräuter- und Wildpflanzen-Koch, Oskar Marti («Chrüter Oski» oder manchmal auch Chrüterpfarrer genannt) serviert Parakresse zum Apéro und betont, dass sie das Geschmacksempfinden schärft (ob sie auch den Verstand schärft, ist noch Gegenstand von Recherchen).

«Den Plasticbeutel kann man anstechen, um die Luft zu entfernen», so Mäder. «Im tiefgefrorenen Zustand kann man sie dann im Beutel zerdrücken, wenn man sie zerkleinern will». Tiefgekühlt behalten sie ihr Aroma rund sechs Monate. Aber generell gelten Kräuter sogar in der Trocknungsindustrie als anspruchsvoller Rohstoff. Salbei ist eine Ausnahme: Getrocknet hat er eine stärkere Würzkraft, weil die nicht flüchtigen Aromastoffe sich aufkonzentrieren.

Kräutertöpfe sind Hygienerisiken

Bis Ende April stammt nur ein kleiner Teil der Küchenkräuter aus der Schweiz: bei der Kräutergärtnerei «Egli’s» sind es zehn Prozent. Laut Stefan Egli kommen erst im Juni Schweizer Freiland-Kräuter auf den Markt, bis dahin werden sie in Plastiktunnels geschützt angebaut. Wer selbst keinen Kräutergarten anlegt, kann sie zwecks längerer Frisch-Verfügbarkeit in Töpfen kaufen. Allerdings lohnt sich dies nur für jene Arten, die man selten benötigt. Viele Gastro-Köche sind Töpfen mit Erde wegen Hygienerisiken eher abgeneigt.



Bärlauch



Qualitäten und Raritäten bei Küchenkräutern

Bärlauch:
Schmeckt dezent nach Knoblauch, aber nicht scharf. Nach dem Blühen wird er penetrant. Er wächst bislang nur wild.

Basilikum:
Rarität: roter Basilikum ist milder als grüner, hat krause dunkelrote Blätter. Am besten roh verwenden.

Curryblatt
Es ist ein Bestandteil einer Currymischung, die ausserdem je nach Sorte mehrere Gewürze enthält. Die Blätter duften frisch und angenehm, entfernt an Mandarinen erinnernd.

Dill:
Erfrischend, süsslich-würzig, leicht scharf. Soll gleichmässig grün sein. Ungeeignet zum Trocknen. Nur kurz mitkochen.



Dillsenfsauce, ein klassischer Begleiter zu Rauchlachs. Die Zweige sind ausserdem sehr dekorativ.


Liebstöckel
Liebstöckel hat ein kräftig-würziges Aroma, das an Sellerie und Suppengrün erinnert. Die Pflanze sollte daher sparsam verwendet werden. Das Aroma hat grosse Ähnlichkeit mit der von Julius Maggi im Jahr 1885 entwickelten Gewürzsauce auf der Basis von «Hydrolysed vegetable protein» HVP. Daher wird es auch als "Maggikraut" bezeichnet. Tatsächlich ist in Maggi aber kein Liebstöckel enthalten. Die alte Heil- und Gewürzpflanze ist ausserdem verdauungsfördernd. Das Kraut eignet sich zum Trocknen und Einlegen in Essig.

Korianderblatt
Ein Trendkraut der Ethnoküche, das stark polarisiert mit seinem penetranten Aroma: es schmeckt exotisch-medizinisch und seifig, daher besser vorsichtig dosieren. Es ist kochfest, verduftet aber rasch beim Trocknen. Während in Europa die Samen des Korianders die grössere Rolle spielt, werden in der südamerikanischen, nordafrikanischen und asiatischen Küche vor allem die grünen Pflanzenteile verwendet. Ebenso in Südportugal und den kanarischen Inseln, wo man die Nationalsauce Mojo verde daraus herstellt.



Die Lorbeerpflanze ist ein immergrüner Strauch, der bis zu stolzer Höhe von 10 Meter anwachsen kann, daher sagt man oft Lorbeerbaum.

In der Antike ging die Verehrung für den Lorbeer so weit, dass man seinen Gebrauch für so „unheilige“ Zwecke wie Suppe untersagte. Das hinderte aber die Römer nicht, Wurst, Geflügel und Fisch trotzdem mit dem aromatischen Blatt zu würzen. Im Verlauf der Jahrtausende liess die Wertschätzung erheblich nach: Lorbeer wurde zum „Suppenblatt“.


Lorbeer
Lorbeerblätter verleihen allen salzigen Gerichten einen kräftigen, herben Unterton. Das macht das Blatt zum idealen Würzmittel für alle herzhaften Schmorgerichte. Hervorragend passt Lorbeer zu Kalb, Rind und Schweinebraten, aber auch Geflügel und Wild sowie in Pasteten, Ragouts, zu Rotkohl ebenso wie zu Tomatensaucen. Zwingend gehört das Gewürz in Suppe, Brühe, Fischsud und in Osso bucco. Lorbeerblätter werden stets im Ganzen an ein Gericht gegeben und mitgekocht. Er entfaltet sein würzig-bitter-herbes Aroma sehr langsam. Vor dem Servieren werden die ledrigen Lorbeerblätter entfernt.

Majoran:
Rarität: Goldener Majoran: mild-würzig. Frisch verwenden. Die Blätter sollen stiellos sein. Leicht bitter.

Oregano:
Herb, bitter, ähnlich dem Majoran. Gute Qualität ist stiellos.

Portulak:
Frisch verwenden, eignet sich aber zum Tiefkühlen. Mild säuerlich nussig.

Pimpernell bzw Steinpetersilie:
Rarität. Mild-würzig, leicht bitter, mit Gurkennote. Kann Pfeffer ersetzen. Nicht kochfest, nicht trocknungsfähig.

Salbei:
Rarität: Ananas-Salbei: duftet nach Ananas. Beste Qualität sind ganze gerollte und entstielte Blätter.



Kaninchen-Filet mit Salbei


Schnittlauch:
Rarität: chinesischer Schnittlauch, schmeckt leicht nach Knoblauch. Nicht kochfest.

Thymian:
Rarität: Zitronenthymian: schmeckt nach Zitrone. Geeignet zum Trocknen und Einlegen in Essig oder Öl.

Ysop:
Nadelartig, schmeckt nach Rosmarin und Bergbohnenkraut, kochfest.

Zitronengras bzw Citronelle:
Duftet frisch nach Zitrone und Ingwer. Ohne Hüllblätter hacken, immer mitkochen weil faserig. Mehrere Wochen haltbar in Papier gewickelt im Kühlschrank.

Traditionelle Mischungen

Provence-Kräutermischung:
enthält Thymian, Majoran, Peterli, Estragon, Lavendel, Lorbeer, Selleriesamen

Französische Mischung Fines herbes:
enthält Thymian, Schnittlauch, Kerbel, Petersilie und Estragon

Italienische Kräutermischung:
enthält Basilikum, Rosmarin, Oregano, Thymian, Salbei und Majoran.

Quellen: McCormick, Pacovis, Pistor, Egli

Für fortgeschrittene Kräuterkünstler zur Vertiefung

Frisches Korianderkraut (auch als „Wanzenkraut“ bezeichnet) sieht ähnlich aus wie glattblättrige Petersilie. Das kräftige, moschusartige, zitronenähnliche Aroma gibt ihm einen unverwechselbaren Charakter. An den scharfbitteren Geschmack müssen sich viele Menschen erst gewöhnen.



Kolumbianerin freut sich über frisches Korianderblatt, das in ihrer Küche so wichtig ist wie bei uns Maggi oder Senf.


Der Geruch von Korianderblättern wird häufig mit dem der Wanzen verglichen. Chemische Analysen zeigen, dass das Korianderaroma durch verschiedene Aldehyde bestimmt wird, die so oder ähnlich auch in Seifen vorkommen. Auch verschiedene Insekten erzeugen durch Zersetzung von Fettmolekülen ähnliche Gerüche, um andere Tiere anzulocken oder abzuschrecken.

Man kann die Abneigung gegen Korianderblätter deshalb mit einem psychologischen Schutzmechanismus erklären. Bei Menschen, die nicht mit diesem Aroma vertraut sind, erkennt das Gehirn unter Umständen die Ähnlichkeit mit Seife und der Körper reagiert mit starken instinktiven Abwehrreaktionen, die bis zum Erbrechen reichen können. Darüber hinaus hat die Abneigung gegen Korianderblätter möglicherweise auch eine genetische Komponente. Tatsache ist aber auch, dass viele Menschen ihre anfängliche Abneigung gegen Korianderblätter nach wiederholtem Verzehr überwinden.



Curry-Blatt


Der Currybaum ist in Indien heimisch. Curryblätter werden in Südindien und Sri Lanka in grossem Umfang verwendet und sind für den authentischen Geschmack unentbehrlich. Sie sind aber auch im Norden Indiens von einiger Bedeutung. Zusammen mit Einwanderern aus dem südlichen Indien erreichten die Curryblätter auch Malaysia, Südafrika und die Insel Réunion. Ausserhalb des indischen Einflussgebietes sind sie aber heute noch ziemlich unbekannt.

Curryblätter werden immer frisch oft trocken geröstet oder in etwas Butterfett gebraten; verwendet und meist vor dem Servieren beigegeben. Da die süd­indische Küche vorwiegend vegetarisch ist, findet man sie fast nur in Gemüsegerichten, allen voran in dünnen Linsen- oder Gemüsecurries und in Füllungen von knusprigen Teigtaschen (Samosa). Dank ihrer weichen Konsistenz sind sie essbar, man muss sie nicht vor dem Servieren entfernen.

Die Blätter duften frisch und angenehm, entfernt an Mandarinen erinnernd. Frische Blätter enthalten ein ätherisches Öl. Typischerweise findet man als Aromakomponenten Terpenkohlenwasserstoffe. Man kann die Blätter einige Tage im Kühlschrank frisch halten, aber besser frostet man sie. Sie erhalten ihr Aroma besser, wenn man sie bis zur Verwendung nicht von den Zweigen ablöst. Da sie ihren feinen Geruch beim Trocknen verlieren, sollte man sie immer frisch kaufen. (Uni Graz)

Beim Lorbeer sind die frisch getrockneten Blätter am aromatischsten. Da Lorbeer hierzulande nicht wächst, müssen die Blätter importiert werden und sind - wenn bei uns angelangt - längst nicht mehr besonders frisch. Den Frischegrad erkennt man an der Blattfarbe, die Blätter sollten grün sein. Graue, gelblich-braune Lorbeerblätter sind überaltert, sie schmecken nur noch bitter und nicht mehr würzig. Schon in zerbrochenen Blättern ist viel Aroma verflüchtigt und erst recht in gemahlenem.

(gb)
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