delikatessenschweiz.ch
Report  02.06.2012
Delikatessen aus Modena, wo die Erde bebte


Dom von Modena


Im Mai hat die Emilia Romagna mehrere schwere Erdbeben erlebt, die viele Todesopfer forderten, Tausende obdachlos machten und Verwüstungen anrichteten. Gemäss der Italienischen Handelskammer für die Schweiz stehen in vielen Ortschaften der Region Emilia-Romagna zahlreiche Produktionsfirmen von Käse und Schinken komplett still. Und vor allem Landwirte seien stark betroffen.

Das Bruttoinlandprodukt sei um 1% gesunken. 20‘000 Arbeiter sind arbeitslos, davon 4000 in der Lebensmittelbranche, und 3‘500 Firmen mussten den Betrieb einstellen. GRANA PADANO erlitt 70 Million Euro Schaden durch den Einsturz von Lagern mit 100'000 Käsen am 20.5. und den 260'000 beschädigten von 29.5. Beim Aceto Balsamico spricht man von 15 Millionen Euro. Man kann die vom Schicksal getroffene Region unterstützen, indem man die dort hergestellten weltberühmten Delikatessen kauft wie zB Parmesan, Aceto Balsamico Tradizionale di Modena, Lambrusco oder Modena-Rohschinken. Delikatessenschweiz.ch porträtiert als Beispiel Parmesankäse.

Parmesankäse nicht nur zum reiben

Parmesankäse ist ein besonders zum Reiben als Würzkäse geeigneter Hartkäse aus roher Kuhmilch. Er hat mindestens 32 % Fett i. Tr. Der namensgebende Extrahartkäse Parmigiano-Reggiano ist mit dem DOP-Siegel geschützt. Er wird heute in mehreren Provinzen Oberitaliens produziert.



Käsebruch aus dem Kessi heben


Für ein Kilogramm Käse werden etwa 16 Liter Milch benötigt. Die silagefreie Rohmilch wird innerhalb von zwei Stunden nach dem Melken in die Käserei gebracht. Die Abend-Milch ruht in der Käserei bis zum Morgen in niedrigen, grossen Kupferkesseln, wobei sie aufrahmt. Am folgenden Morgen wird die Rahmschicht abgeschöpft und die so erhaltene teilentrahmte Milch mit der Morgenmilch vermischt. Nun wird die Milchmischung im Kessi gewärmt und Milchferment vom Vortag hinzugefügt.

Anschliessend wird durch Zugabe von Kälberlab die Gerinnung eingeleitet. Mit einem grossen Ballonsieb wird aus der geronnenen Milch der Bruch erzeugt: Das ausgefallene Casein beginnt sich von der Molke zu trennen und wird zerteilt. Der Bruch wird auf 33–34 °C erwärmt, wodurch die Trennung von Casein und Molke weiter fortschreitet.

Nach der Erwärmung sinkt das Käsekorn auf den Boden des Kessis, von wo es in grossen Tüchern herausgehoben wird, wobei die überschüssige Molke abtropft. Diese wird als Futter in der Schweinemast genutzt. Das Käsekorn wird auf 55 °C erhitzt (gebrannt). Die entstehende Käsemasse ruht nun für zwei bis drei Tage in runden Formen.

Danach werden die so entstandenen runden Laibe während 3 Wochen wiederholt in Salzlake getaucht. Hierbei nimmt der Käse die für Geschmack und lange Lagerfähigkeit nötige Salzmenge auf. Danach kommt der Käse zur Reife in klimatisierte Lagerräume oder Keller, wo er mindestens zwölf Monate, normalerweise aber zwei Jahre und länger lagert. Während der gesamten Reifezeit müssen die Laibe (Räder genannt) gepflegt, immer wieder gewendet, gesäubert und kontrolliert werden.



Qualitäts-Kontrolle durch Klopfen und Horchen


Bei der Reifung dürfen sich im Teig keine Löcher bilden. Beurteilt wird dies durch den Geruch, den Klang beim Abklopfen und durch Entnahme von Bohrkern-Proben. Nur einwandfreie Laibe reifen weiter und werden als Parmigiano-Reggiano gehandelt. Der Ausschuss wird grösstenteils als namenloser Reibkäse verkauft. Ausser der Reifedauer beeinflusst vor allem die Jahreszeit, in der die verwendete Milch gewonnen wurde, den Geschmack des Parmesans. Unter Gourmets gilt Herbstparmesan als der beste.

Parmigiano-Reggiano ist vor allem als würziger Reibekäse in italienischen Pasta-Gerichten bekannt, wird aber unter anderem auch in dünnen Blättchen über gekochtes Gemüse wie Spargel oder Fenchel gehobelt. Auch pur, in Stückchen gebrochen und mit Honig bestrichen oder mit etwas Aceto balsamico besprüht, wird er serviert. Parmesan ist auch ein klassischer Bestandteil vieler Pesto-Rezepte.



Unter Kennern gilt es als unfein, Parmesan mit einem normalen Messer oder Draht zu schneiden, vielmehr sollte er mit einem speziellen kurzen, mandelförmigen Parmesanmesser angeritzt und gebrochen werden, damit die gewachsene Struktur erhalten bleibt.


Parmesanstücke halten sich im Kühlschrank mehrere Wochen, wenn sie nicht zu feucht liegen. Allerdings verlieren sie nach 1–2 Wochen merklich an Aroma. Ein alter italienischer Trick ist, den Parmesan in ein sauberes Küchentuch aus Baumwolle einzuwickeln. Man sollte ihn dann, um Schimmelbildung zu vermeiden, im oberen Bereich des Kühlraums platzieren, da es dort am trockensten ist.

Der Käse trocknet auf diese Weise nach und nach weiter aus und wird damit härter, kann so jedoch bis zu zwei Jahre lang aufbewahrt werden. Gänzlich abzuraten ist von Frischhaltefolie, da er dann anfängt zu schwitzen und sich schnell Schimmel bildet. Gerieben werden sollte Parmesan erst unmittelbar vor der Verwendung, er verliert sonst viel von seinem Aroma.

Es gibt verschiedene Altersklassen:
12 Monate = nuovo
24 Monate = vecchio
36 Monate = stravecchio
48 Monate = stravecchione
72 Monate = extra stravecchione (Rarität)

Die Herstellung wird durch das Consorzio del Formaggio Parmigiano-Reggiano überwacht, dem 512 Molkereien mit 5480 Milchproduzenten angeschlossen sind. Heute werden jährlich an die drei Millionen Laibe dieses Käses produziert. Das ergibt, bei einem Durchschnittsgewicht von 39 kg pro Käse, an die 114.000 t. Davon gelangen ungefähr 18 % in den Export, den Rest konsumieren die Italiener selbst. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs steht fest, dass die Bezeichnung „Parmesan“ als Übersetzung oder Anspielung unter die Ursprungsbezeichnung fällt und daher dem originalen Parmigiano vorbehalten ist.

Blühende Region Italiens

Die Region ist nach der Lombardei und dem Aostatal die drittwohlhabendste Italiens. Im Jahr 2006 lag das regionale Bruttoinlandsprodukt je Einwohner, ausgedrückt in Kaufkraftstandards, bei 126,6 % des Durchschnitts der EU-27.




Im Raum von Modena wird der echte Balsamicoessig nach jahrhundertealter Tradition produziert. Die Provinzen Reggio Emilia und Parma sind das Zuhause des markenrechtlich geschützten Parmigiano Reggiano, des echten Parmesan. In den Hügeln um Parma produziert man den Parmaschinken. Parma ist auch Hauptsitz des Lebensmittelkonzerns Barilla, eines der grössten Pasta-Herstellers der Welt, zu dem unter anderem auch die Bäckereikette Kamps gehört.

Die Emilia-Romagna grenzt im Norden an den Po, im Osten an die Adria und im Süden an den Apennin sowie an die Republik San Marino. Ausserdem grenzt die Emilia-Romagna im Norden an Venetien und die Lombardei, im Westen an das Piemont und Ligurien und im Süden an die Toskana und an die Marken. Die Emilia gliederte sich in die Herzogtümer Parma und Modena.

Erdbeben 2012

Am Sonntagmorgen des 20. Mai 2012 erschütterte um 04.04 Uhr ein Erdbeben der Magnitude 6,0 mit Epizentrum bei Camposanto Norditalien und verursachte grosse Schäden. Besonders betroffen waren die Provinzen Modena und Ferrara. Mehrere Menschen starben, einige Tausend wurden obdachlos. Es war das schwerste Beben seit 500 Jahren in der Region, die zu den tektonisch stark gefährdeten Gegenden Italiens zählt. Am Vormittag des 29. Mai folgte ein Erdbeben der Magnitude 5,8 in derselben Region mit Epizentrum bei Medolla. (Infos: Wikipedia. Bilder: erstes und letztes: zvg italienische Handelskammer. 2.-4. Arthur Rossetti)
(gb)
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