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Report  02.07.2011
Bündner Nusstorte: delikat und ein Export-Hit

Bündner Nusstorte der Bäckerei Schneider in Davos


Die Bündner Nusstorte, eine runde, flache Torte aus Mürbeteig mit caramelisierter Masse aus grob gehackten Baumnüssen, ist das kulinarische Aushängeschild des Kantons Graubünden. Die Mürbteigtorte mit der Nussfüllung ist ein Exportschlager und wird zu Tausenden Sommer für Sommer, Winter für Winter von den Touristen ins Unterland gebracht. Doch nicht nur im Bündnerland kann man sie kaufen, im Detailhandel ist die Bündner Spezialität in der ganzen Schweiz erhältlich. Während die Bündner Berufsbäckereien ihre Nusstorten vorwiegend an Touristen verkaufen, stellen die Einheimischen ihre Spezialität meistens selbst zu Hause her.

Fast alle haben ihren speziellen Favoriten, einmal beschwört man die cremig caramellene Füllung, mal lobt man das intensive Nussaroma. Die Varianten bei den Nusstorten sind mannigfaltig. Zwei Komponenten sind aber allen Bündner Nusstorten gemein: Zum einen der Mürbeteig, der die ganze Torte umschliesst und zum anderen die Füllung aus grob gehackten Walnüssen respektive Baumnüssen. Nicht verwechseln darf man die Bündner Nusstorte mit der Bündner Torte. Dies ist eine Torte aus einem Haselnussbiskuit und Japonais-Schichten, die mit einer Pralinenmasse gefüllt und mit Schokolade überzogen ist.

Wer macht die beste Nusstorte?

An der Swiss Bakery Trophy 2010 haben mehrere Bäckereien eine Medaille für Bündner Nusstorte gewonnen.

Baselgia, 7083 Lenz, Bündner-Nusstorte - Silber
Goldmann, 7180 Disentis, Bündner Nusstorte - Silber
Joos Hans, 7204 Untervaz, Bündner Nusstorte - Bronze
Meier-Beck, 7536 Sta. Maria, Bio-K Nusstorte – Silber
Weber, 7260 Davos-Dorf, Kirchner Nusstorte - Silber
Lichtensteiger, AG 9230 Flawil, Bündner Nusstorte - Bronze
Leutwyler, 4800 Zofingen, Nusstorte - Gold



Meinrad Meier vom Meier-Beck in Santa Maria im Münstertal hat die Silbermedaille gewonnen für seine Bündner Nusstorte. Er macht sie auch in Bioqualität.


Die beiden Bestandteile der Bündner Nusstorte stellt der Bäcker jeweils separat her. Zuerst einen klassischen Mürbeteig, anschliessend die Nussfüllung. Um den Mürbeteig besser verarbeiten zu können, gibt er nicht nur Butter, sondern auch Margarine zum Teig. "Das ist ein Trick, der mir mein Vorgänger verraten hat", gesteht ein Profi-Bäcker und verarbeitet Mehl, Zucker, Eier, Butter und eben Margarine mit einer Prise Salz zu einem Teig, den er bis zur weiteren Verarbeitung kalt stellt.

Die Füllung ist das Kernstück jeder Nusstorte und zugleich das Geheimnis eines jeden Bäckers. Der besuchte Bäcker caramellisiert den Zucker, bis er leicht golden wird. "Es ist wichtig, den Zucker bei tiefer Temperatur zu schmelzen. Das dauert zwar länger, gibt aber einen besonders guten Karamellgeschmack. Anderweitig riskiert man, dass die Füllung leicht bitter wird." Die Zugabe von Vollrahm macht die Masse kompakt und dennoch weich. Der Bäcker: "Je mehr Vollrahm verwendet wird, desto weicher wird die Füllung."

Verwendet man Halbrahm oder Milch, wird die Füllung flüssiger und damit weniger "stabil". Die anschliessend zugefügten Baumnüsse, weder angeröstet noch sonst irgendwie behandelt, geben der Füllung die richtige Konsistenz. Der Bäcker verwendet Nüsse aus Kalifornien, die seien qualitativ hervorragend und sehr delikat im Geschmack. Die Bündner Baumnüsse eignen sich für die Nusstorte eher weniger, ihr Geschmack sei zu stark und kräftig. Die Nussfüllung wird auf den aufgewallten Teig gegeben und der Teigdeckel darüber gelegt. So kommt die bekannte Bündner Spezialität rund 35 Minuten in den 200 Grad warmen Ofen.

Varianten der Bündner Nusstorte entstehen, indem man den Teig vorbackt oder die Füllung anders herstellt: Wird weniger Rahm zugefügt, ist die Füllung caramelliger und flüssiger. Oft wird der Füllung Honig zugefügt. Unkonventionell und selten ist das Zufügen von anderen Nüssen.


Varianten der Bündner Nusstorte findet man auch als Walliser Nusstorte, Schaffhauser Nusstorte, Pulttorte (in Genf, aber Pult ist ein Bündner Geschlecht) oder wie hier Gâteau Bullois, eine Greyerzer Nusstorte mit Schokoladeüberzug von der Confiserie Philipona in Bulle FR.


Die Bündner Nusstorte wird ganzjährig hergestellt. Ein Merkmal der reichhaltigen Torte ist die lange Haltbarkeit. Selbst nach zwei Monaten „Lagerung“ im Küchenschrank schmeckt die Bündner Nusstorte einwandfrei. Dies ist sicherlich ein Grund für die grosse Beliebtheit der Bündner Nusstorte als Geschenkartikel aus dem Bündnerland. Heimwehbündner und Liebhaber lassen sich ihre geliebte Nusstorte sogar in die ganze Welt fliegen.

Die Bündner Nusstorte, die im ganzen Kanton hergestellt wird, ist neben dem Birnbrot der grösste Exportschlager der einheimischen Bäcker- und Konditorengilde. Ein Engadiner Produzent schätzt, dass die Nusstortenproduktion in den meisten Betrieben zwischen 20 bis 40 Prozent des Umsatzes ausmacht und ohne Zweifel einen Hauptbestandteil der Einkünfte bildet.

Im Grunde genommen ist die Nusstorte jedoch kein typisches Bündner oder Engadiner Produkt, schliesslich ist das Klima in den Bergtälern für Baumnussbäume etwas zu kalt. Da fragt sich manch einer, wie die Bündner denn zu den Nüssen kamen? Dazu gibt es verschiedene Theorien, die jedoch alle zum selben Schluss kommen: Die Baumnüsse mussten importiert werden. Eine Theorie besagt, dass es Bündner Auswanderer waren, die nach Aufenthalten in Frankreich, mit Nussbäumen zurück in ihre Heimat kamen. Im Bergell stehen immer noch Nussbäume, die Zeugen dieser Zeit sein sollen. (aus: www.kulinarischeserbe.ch)



Nusstorte der Engadiner Confiserie Hanselmann in St.Moritz




Bündner Nusstorte: Rezept für 4 Personen

Zutaten:
300 Gramm Mehl
150 Gramm Zucker
150 Gramm Butter
1 Stück Ei
1 Prise Salz
300 Gramm Zucker
0.5 Deziliter Wasser
250 Gramm Baumnüsse, gehackt
2 Deziliter Rahm
1 EL Honig

Zubereitung:1. Mehl, Zucker, Butter, Ei und Salz rasch zu einem geriebenen Teig verarbeiten, nicht kneten.

2. Zwei Drittel davon in die Springform drücken und einen 3 Zentimeter hohen Rand stehen lassen.

3. Restlichen Teig als Deckel auf Backtrennpapier auswallen.

4. Für die Füllung Zucker bräunen, mit Wasser ablöschen und unter Rühren auflösen. Nüsse, Rahm und Honig dazugeben, gut rühren und etwas abkühlen lassen.

5. Füllung auf dem Teig verteilen, den Deckel darauf geben und am Rand gut andrücken, mehrmals einstechen.

6. Im vorgeheizten Ofen bei 220° 10 Minuten backen, dann weitere 30 Minuten bei 180° hellgelb werden lassen

Quelle: LID / Kantonale Bäuerinnenvereinigung Graubünden

Baumnüsse aus der Schweiz

Unter den Landwirten ist der Nussbaum-Boom ausgebrochen: Sie pflanzen hektarweise Nussbäume an. Für das plötzliche Interesse gibt es gibt einen Grund: Direktzahlungen. Pro Jahr und Nussbaum können Landwirte von bis zu 50 Franken profitieren. Einen Grossteil davon zahlt der Bund aus. Aber auch die Kantone beteiligen sich daran. Der finanzielle Anreiz für Landwirte wurde geschaffen, weil der Nussbaumbestand in den letzten Jahrzehnten massiv geschrumpft ist. Doch einzelne Kantone hegen Zweifel am Nutzen der Nussbaum-Subventionen. (LID 8.4.2011)

AOC für Bündner Nusstorte?

In Graubünden werden jährlich sehr grosse Mengen an Walnussbruch zu Spezialitäten wie Bündner Nusstorte, Birnbrot, Konfiserie und Spezialbroten verarbeitet. Der Anteil an einheimischen Walnüssen ist marginal, obwohl in verschiedenen Bündner Regionen die klimatischen und geografischen Voraussetzungen für den Walnussanbau gut sind (Bündner Rheintal, Domleschg, Misox, Bergell und Puschlav). Der Walnussanbau hat somit in Graubünden ein gutes Produktions- und Absatzpotential.



Baumnuss-Baum


An der Erhebung bei den Verarbeitern (Bäckereien) haben 15 Betriebe mit einer Verarbeitungsmenge zwischen 200 kg und 5‘500 kg Nussbruch pro Jahr teilgenommen. Dies ist nur ein kleiner Anteil der vorhandenen Betriebe und der effektiven Verarbeitungsmenge. Volumen und Absatzpotential für Walnussbruch und andere Nussprodukte sind somit sehr gross.

Die Verarbeiter haben beim Produkteinkauf eine hohe Preis- und Qualitätssensibilität. Einheimischer Nussbruch hat somit nur eine Chance, wenn die Qualitätserwartungen erfüllt werden können. Mit einer professionellen Produktions- und Verarbeitungstechnik ist dies sicherlich möglich. Bei den Preisen hat die Bündner Produktion und Verarbeitung keine Chance, mit den Importnüssen mitzuhalten. Die Berechnungen zeigen, dass der kostendeckende Preis für einheimischen Walnussbruch ca. 3 bis 4mal höher liegen wird, als der Grosshandelspreis für Nussbruch aus Kalifornien.

Die Bäcker werden nur bereit sein, diesen Mehrpreis zu bezahlen, wenn sie vom Einsatz von Bündner Nüssen in Nusstorten überzeugt werden können. Damit ihre Handelsspanne mindestens gleich gross bleibt, muss der Endverkaufspreis ca. 10-15 % teurer festgelegt werden. Die Erfahrung mit anderen Produkten zeigt, dass Konsumenten bereit sind, für regionale Produkte solche Mehrpreise zu bezahlen. Langfristig, d.h. bei ausreichender Produktionsmenge, ist auch ein AOC für Bündner Nusstorten denkbar. Damit könnte u.a. die Herkunft der Nüsse vorgeschrieben werden. (Text: alpinavera, Chur. 19. April 2010)
(gb)
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