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Report  13.10.2007
Coop setzt mit Slow Food nun auch auf regionale Spezialitäten
Seit Februar 2007 vertreibt Coop in etwa 140 ausgewählten Supermärkten vom regionalen Gewerbe hergestellte Produkte unter dem Patronat von Slow Food. Neu im Sortiment sind drei Backwaren aus kleingewerblichen Bäckereien von Schweizer Randregionen.


Pastefrolle, ein traditionelles Sablégebäck aus dem Bedretto-Tal

Bis anhin fanden sich im Sortiment von Coop durch den Exklusivvertrag von Slow Food für die Schweiz fast ausschliesslich Produkte aus Italien. Nun wird das Versprechen aus Brà erfüllt, auch in der Schweiz Wertschöpfungsketten für Regionalprodukte aufzubauen.

Im Münstertal, Oberwallis und im Tessin produzieren kleingewerbliche Bäckereien Delikatessen, die innerhalb von zwei bis drei Tagen in jenen Coop-Märkten verfügbar sind, die eine urbane und wertsensible Käuferschaft ansprechen. Gemäss der Grundhaltung von Slow Food soll ein möglichst grosser Teil der Wertschöpfung in der Herkunftsregion verbleiben.

Am Beispiel des «Pan Jaur» der Bäckerei von Meinrad Meier in Sta Maria im Bündnerischen Münstertal zeigte Simona Matt, Bereichsleiterin bei Coop für VIVA Kompetenzmarken das als Konzept auf. Die Bäckerei und Konditorei von Meinrad Meier hat sich seit zwanzig Jahren mit Spezialprodukten kontinuierlich entwickelt. Mit lediglich 1600 Einwohnern ist das Münstertal trotz saisonalem Tourismus als Absatzgebiet zu klein.

Im Tal gibt es nur noch eine Bäckerei, eine Metzgerei und eine Käserei, die auf den Vertrieb ihrer Produkte in andere Landesteilen angewiesen sind. Manfred Meier und sein Sohn Remo produzieren mittlerweile mit acht Mitarbeitenden mehr als nur das bestens bekannte Birnenbrot. Ihre süssen und salzigen Biskuite finden sich unter dem Knospe Label gesamtschweizerisch in den Reformhäusern der Müller-Gruppe. Ein weiterer Absatzkanal ist die Delicatessa von Globus.

Für die Bäckerei Meier AG ist die Produktion von Roggenbrot für Coop eine willkommene Ergänzung, um die technischen und personellen Kapazitäten besser nutzen zu können. Mit einem Vorteig wird das Brot mehr angerührt als geknetet und kann nach einer Ruheperiode von sechs bis acht Stunden während des Tages gebacken werden. Da das traditionell hergestellte Roggenbrot keinesfalls frisch konsumiert werden soll, darf es drei Tagen unterwegs sein, bis es in den Verkaufsregalen von Coop liegt. Das Roggenbrot aus dem Val Müstair ist leichter und luftiger als jenes aus dem Wallis, doch weniger lang haltbar.

«Zurück zur Natur»-Projekte

Für Slow Food ist die Förderung eines traditionell schweizerischen Produkts an der Verkaufsfront erst ein einzelnes Element in einem umfassenden Konzept zwischen Urproduktion und Marketing. Projektleiterin Judith Deflorin hat gemeinsam mit dem Verein Biosfera und den Organisationen im Val Müstair weitere Perspektiven entwickelt. In diesem Herbst werden erstmals auf dem Betrieb des Klosters Müstair von Biobauer Johann Fallett drei Hektar Roggen angesät. Bereits seit 2005 kann in der restaurierten Mühle Mall in Sta Maria wieder Brotgetreide gemahlen werden. Für den Anbau stützt man sich auf Erfahrungen in vergleichbaren Projekten im benachbarten Vintschgau. Das Saatgut liefert Gran Alpina.

Um alle Partner mit ihren unterschiedlichen Marken, Label und Logo auf eine Verpackung zu bringen, den Konsumenten zum Kauf zu animieren und nicht allzu sehr zu verwirren, ist ein Kompromiss gefunden worden. Das Brot liess sich beim Testkauf vom anfangs Oktober im Coop-Center in Bachenbülach bei den Backwaren und nicht im Verkaufsgestell unter dem Label Slow Food finden, da es als Frischprodukt gilt und ein Verfalldatum trägt. Aufgeklebt auf der Verpackung ist die miniaturisierte Broschüre von Slow Food mit der Herkunftsgeschichte.

Mit einem Schweizer Kreuz, das sich im Logo bewusst von Suisse Garantie abheben soll, um nicht mit dem Logo von IP-Suisse verwechselt zu werden, weist Coop auf die schweizerische Herkunft hin. Auf der Verpackung findet sich zudem der Schriftzug der Biosfera Val Müstair. Da bis zum nächsten Herbst noch mit zugekauftem Roggenmehl gebacken wird, ist eine vorläufige Bio-Zertifizierung wenig sinnvoll. Ein weiteres Label könnte für dieses Brot des Guten zu viel sein.



Urs Arnold, Bäcker in Simplon VS mit seinem Ur-Roggenbrot. Das AOC-Roggenbrot aus dem Wallis unterscheidet sich vom Ur-Roggenbrot durch die Beimischung von 10 % Weizenmehl.

Gemeinsam mit Slow Food lanciert Coop im Oktober 2007 drei Produkte aus gewerblichen Bäckereien, die jedoch nicht in allen Landesteilen und nur in ausgewählten Supermärkten verfügbar sind.

Pan Jaur - Paun sejel Val Müstair Paarl

Traditionelles Roggenbrot der Bündner Südtäler mit 70 % hellem Roggenmehl und 30 % halbweissem Weizenmehl. Traditionell mit Sauerteig hergestellt, heute jedoch mit Hefe und Vorteig, der sechs bis acht Stunden gärt. Produktion in der Bäckerei Meier AG, Sta Maria. Vorläufig wird das Mehl von Gran Alpin, Tiefencastel geliefert. Gelingt der Anbauversuch auf dem Pachtbetrieb des Klosters Müstair, so erfolgt die gesamte Produktion ab kommendem Herbst im Val Müstair.

Ur-Roggenbrot aus Simplon-Dorf

Urform des Walliser Roggenbrots mit 100 % feinem Roggenschrot. Aufwendige Herstellung mit Sauerteig, der langsam und lange geknetet werden muss. Der Sauerteig wird von der Bäckerei Arnold, Simplon-Dorf in der vierten Generation weitergezogen und zeichnet sich durch ein derart hohes mikrobiologisches Gleichgewicht aus, dass ein Roggenbrot ohne Schimmel über Monate aufbewahrt werden kann. Das Mehl bezieht die Bäckerei Arnold von der Rhonemühle in Naters. Slow Food plant die Reaktivierung von alten, wassergetriebenen Steinmühlen. Das AOC-Roggenbrot aus dem Wallis unterscheidet sich vom Ur-Roggenbrot durch die Beimischung von 10 % Weizenmehl.

Pastefrolle della Valle Bedretto

Die Pastefrolle (erstes Bild) sind ein traditionelles Süssgebäck aus dem Bedretto-Tal, das in den neunziger Jahren vom Gastronom Paul Forni nach alten Rezepten wiederentdeckt und in seinem Restaurant in Ronco Bedretto angeboten wurde. Grundlage bildet eine Mischung aus regionalen Mehlsorten, Ei und Zucker. Forni widmet sich heute ausschliesslich der Produktion der Pastefrolle, die in Zusammenarbeit mit einer Behindertenwerkstätte hergestellt und konfektioniert werden. Als einzige Komponente stammt der Zucker nicht aus dem Tal.

Über Slow Food

Die Slow Food-Bewegung geht auf einen Protest gegen die Eröffnung des ersten Restaurants von McDonald's in Rom zurück und wurde als globale Non Gouvernement Organisation (NGO) 1986 mit Hauptsitz in Brà (Piemont) gegründet. Die Organisation umfasst weltweit etwa 80'000 Mitglieder, darunter mehr als 3'000 in der Schweiz. Sie fördert regionale, handwerkliche und traditionelle Produkte in eigenständigen Projekten, die von der Zentrale in Brà koordiniert und in lokalen Förderkreisen realisiert und überwacht werden.

Text: Dr. David Meili
Bilder: Slow Food (Véronique Hoegger) und foodaktuell (dm)
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